Café der Nacht (German Edition)
Sie Ihre Aufregung im Zaum.“ Er lachte. Sie musste ebenfalls lächeln. „Vertrauen Sie mir einfach. Morgen steigen Sie in den Zug und kommen erst einmal hierher. Dann besprechen wir alles Weitere. Wir könnten Ihre Hilfe gut gebrauchen. Was sagen Sie?“
„Nun ... ich nehme an, das Telefon im Büro kommt auch ein paar Tage ohne mich aus.“
„Großartig! Dann sehen wir uns morgen. Sagen Sie Bescheid, wann Sie eintreffen und ich hole Sie am Bahnhof ab.“
„Oh, das müssen Sie nicht, Herr Meinig.“
„Ich bestehe darauf.“
Adele strahlte über das ganze Gesicht, als sie aufgelegt hatte. Ihre Wangen waren gerötet. Sie merkte gar nicht, dass sie vor Aufregung ihre Hände aneinander rieb. „Nach München, Mimi! Da fahren wir hin, wir beide, gleich morgen früh. Herr Meinig braucht unsere Hilfe. Ist das nicht wunderbar?“
* * *
„So wird das nichts.“
„Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Herr Hummelig.“
„Ach bitte, nennen Sie mich doch Gustav.“
Adele errötete. „Oh. Sehr gerne, Gustav. Ich bin Adele.“
„Was für ein bezaubernder Name.“
Rufus und Maxim tauschten einen Blick und schmunzelten in sich hinein. Kaum waren die Sekretärin und der alte Kunstpatron auf den Plan getreten, nahmen sie auch schon das Heft in die Hand, als hätten sie ihr Leben lang nur darauf gewartet, zusammenzuarbeiten.
Der Champagner stand noch auf dem Tapeziertisch, und die beiden planten bereits in sämtlichen Details die Wiedereröffnung. Offenbar hatten die eigentlichen neuen Caféinhaber dabei nichts mitzureden. Dabei waren sie erst vor zwei Stunden vom Notar zurückgekommen, nachdem Maxim mit seiner Unterschrift unter Delas Schenkungsurkunde die Sache endgültig besiegelt hatte. Das Café der Nacht gehörte ihm nun ganz offiziell, und Rufus war ebenso offiziell Teilhaber und neuer Geschäftsführer. Es war ein seltsames Gefühl. Maxim war ein kleiner Rest von Unsicherheit darüber geblieben, ob er noch ganz bei sich war, seine Karriere aufzugeben, denn darauf lief es hinaus. Wenn es ihm Ernst war mit dem Café, und das war es, dann musste er sich allein darauf konzentrieren. Reisen zu Theaterinszenierungen und die Universität, tagelange Abwesenheit, das war ab sofort nicht mehr möglich. Die Freude über die neue Aufgabe jedoch überwog bei Weitem. Es gab im alten Viertel so vieles zu tun, so vieles zu bewirken. Er hatte schon mehr aufregende Pläne und Ideen, als er in die Tat umsetzen konnte. Zum Glück war er damit nicht alleine. Eifrigere Mitarbeiter hätte er sich kaum wünschen können.
Rufus sah Maxim an. „Frischluft?“
Maxim nickte. Sie stahlen sich leise und unbemerkt aus der ersten Etage und überließen Adele und Hummelig getrost ihren angeregten Diskussionen. Draußen vor dem Haus begrüßte sie ein angenehmes, laues Lüftchen.
„Der Frühling kommt.“ Rufus lächelte. Unter der Kastanie spitzten bunte Krokusse hervor, gelb, lila und weiß, scheinbar über Nacht aufgetaucht.
„Dir ist doch klar, dass das alles immer noch mächtig in die Hose gehen kann.“ Maxim vergrub die Hände gutgelaunt in seinen Hosentaschen, als sie den Weg in Richtung des alten Spielplatzes einschlugen. „Wir könnten uns mächtig blamieren.“
„Werden wir aber nicht.“
„Wie kannst du da so sicher sein?“
„Weil ich es eben bin. Hörst du jetzt endlich damit auf?“
„Ich wollte es nur gesagt haben.“
„Zur Kenntnis genommen.“ Sie spazierten eine Weile in zufriedenem Schweigen nebeneinander her. Aus einem offen stehenden Fenster strömte der Duft von würzigem Mittagessen.
„Hast du sie schon damit beauftragt?“, erkundigte sich Rufus schließlich leise.
Maxim sah ihn nicht an. „Das werde ich gleich nachher tun.“
„Ich bin immer noch der Meinung, dass du spinnst.“
„Ich weiß.“
„Ich wollte es nur gesagt haben.“
Maxim bemerkte die leise Sorge in Rufus’ Stimme. Der andere sah ihn an.
„Erwarte dir nur nicht zu viel davon. Ich möchte dich nicht enttäuscht sehen.“
Maxim nickte unverdrossen. „Ich muss das einfach tun. Egal, wie gering die Aussicht auf Erfolg ist.“
„Gut, dass dir das immerhin klar ist.“
„Was heißt hier immerhin? Ich bin ja nicht völlig geistig umnachtet.“
„Da wäre ich mir nicht so sicher.“
Maxim lachte. Er fühlte sich so wohl, wie lange nicht. Hoffnung flatterte in der Luft. Der Frühling kam, und alles war möglich. Achtunddreißig war doch kein schlechtes Alter, um ein vollkommen neues Leben zu beginnen. Es war das
Weitere Kostenlose Bücher