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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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„Was hast du verbrochen, daß du dich vor der Polizei fürchtest?"
    „Ich schwöre bei allen euren heiligen Göttern, ich habe nichts verbrochen", beteuerte Udo. „Aber die Polizei hätte sofort entdeckt, wer ich bin und woher ich komme." Er entblößte seinen rechten Oberarm und zeigte auf eine Tätowierung, einen Adler mit zwei gekreuzten Schwertern darunter. „Ich bin der persönliche Sklave eures ruhmreichen Helden Marcius Patricius Pollino."
    „Das ist der Oberbefehlshaber der römischen Besatzungsarmee am Rhein!" rief Rufus. „Er hat sein Hauptquartier in einer Festung gegenüber von Köln. Ich weiß das von meinem Vater. Pollino hat unter ihm gedient, als mein Vater in Germanien noch Krieg führte."
    „Mein Herr ist jetzt einer der mächtigsten und gefürchtetsten Statthalter in Germanien", sagte Udo. „Wenn die Polizei sein Siegel entdeckt, schickt sie mich sofort in Ketten nach Germanien zurück."
    „Aha", sagte Mucius gedehnt. „Du bist deinem Herrn ausgerückt und nach Rom geflohen?" „Nein, junger Herr", sagte Udo. „Ich bin im Auftrag meines Herrn hier, um einen Brief abzugeben."
    „Hört, wie er lügt!" rief Caius höhnisch. „Alle Sklaven lügen. Wenn er seinem Herrn nicht ausgerückt ist, braucht er auch keine Angst zu haben, zurückgeschickt zu werden."
    „Mein Herr würde mich hinrichten lassen, weil ich den Brief nicht abgeliefert habe", sagte Udo.
    „So? Warum hast du den Brief nicht abgeliefert?" fragte Julius.
    „Weil ich schon hier in Rom umgebracht worden wäre, gleich nachdem ich den Brief abgeliefert hätte", sagte Udo entwaffnend. Er lächelte und zeigte eine Reihe prachtvoller weißer Zähne. „Bei Romulus und Remus!" rief Publius. „Da wird ja selbst ein Diogenes nicht mehr schlau draus!" „Woher weißt du, daß man dich umbringen wollte ?" fragte Mucius.
    „Ich habe es im letzten Augenblick gehört", sagte Udo. „Mein Herr hat mir gesagt, ich solle um Mitternacht bis zum zweiten Meilenstein in der Via Salaris gehen. Mein Herr weiß, daß ich Rom kenne. Mein Vater war zehn Jahre lang Wärter bei den wilden Tieren im Amphitheater. Ich hab' ihn dort manchmal heimlich besucht. Ich weiß nämlich einen geheimen Weg in die Katakomben unter der Arena. Ich bin in Rom in die Schule gegangen."
    „Aha, deswegen sprichst du so gut lateinisch", sagte Julius.
    „Ich bin erst vor zwei Jahren in Gallien bei einem Kampf gegen römische Legionäre gefangengenommen worden. Pollino hat mich zu seinem Sklaven gemacht."
    „Verschone uns mit deiner Lebensgeschichte", sagte Caius.
    „Sehr richtig!" rief Antonius. „Wir wollen wissen, warum du umgebracht werden sollst. Das ist aufregend." „Laßt ihn doch ausreden!" schimpfte Julius. Udo wartete einen Augenblick, dann fuhr er fort: „Mein Herr hat gesagt, gegenüber dem zweiten Meilenstein in der Via Salaris sei ein großes, offenes Tor, das ich selbst im Dunkeln nicht verfehlen könnte. Ich solle durch das Tor bis zum ersten steinernen Gebäude gehen. Dort solle ich auf zwei Männer warten. Sie würden mir das Losungswort geben, und dann müßte ich den Brief abliefern. Das Losungswort war ,Krösus'."
    „Krösus!" wiederholte Antonius erregt. „Das war ein König von Lydien. Er soll der reichste Mann der Welt gewesen sein." „Bei Herkules! Unterbrich ihn doch nicht immer", fuhr Mucius ihn an. „Erzähl weiter, Udo!"
    „Ich tat getreulich, was mein Herr mir aufgetragen hatte", fuhr Udo fort. „Ich ging um Mitternacht bis zum zweiten Meilenstein in der Via Salaris, dann durch das Tor und spähte nach dem steinernen Gebäude aus. Dabei kam ich leider in der Dunkelheit von meinem Weg ab und fiel in eine Grube auf etwas Weiches in einer Holzkiste. Ich sprang auf und entdeckte, daß es ein Toter in einem Sarg war."
    „Ein Toter in einem Sarg!" echote Flavius erbleichend.
    „Warum war der Sarg nicht zu?" sagte Rufus.
    „Es gibt Verbrecher, die Leichen berauben", sagte Julius. „Mein Vater hat erst vor kurzem einen deswegen zum Tode verurteilt." „Ich kletterte aus der Grube und setzte mich aufeinen Grabstein. Es wurde mir klar, daß ich auf einem Friedhof war", erzählte Udo, „und bekam es mit der Angst zu tun. Warum, sagte ich mir, muß ich einen Brief in finsterer Mitternacht auf einem Friedhof abliefern ? Und was mochten das für Männer sein, auf die ich warten soll? Kein anständiger Bürger geht nachts auf einen Friedhof."
    „Es wimmelt dort von Gespenstern!" rief Antonius.
    „Ich beschloß, mich erst einmal in der

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