Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
erleichtert auf. Endlich hatten sie sich wieder Ellbogenfreiheit und mehr Luft erobert. Sie plumpsten auf eine der gepolsterten Bänke vor dem Saturntempel nieder und wischten sich den Schweiß von den Stirnen.
Udo hatte sich aufs Pflaster gesetzt und lehnte sich an den goldenen Meilenstein an der Rednertribüne. Auch er keuchte wie ein gehetztes Wild. „Jetzt stehen wir mit Udo da wie Priamus zwischen den Trümmern Trojas", brummte Caius.
Die Jungen waren müde, hungrig und gereizt. Es war nicht wesentlich kühler auf dem Forum. Sogar die vielen Tauben hockten faul auf den Dächern der Basiliken.
„Dein Vergleich stinkt", höhnte Publius. „Priamus hatte gar keine Zeit mehr, zwischen den Trümmern zu stehen, er war sofort von Neoptolemus erschlagen worden." Publius kannte dank Xantippus seinen Homer fast auswendig.
„Du stinkst", entgegnete Caius aufbrausend.
„Dummkopf", zischte Publius.
Caius wollte auf ihn losgehen, aber Mucius fuhr dazwischen. „Keine Prügelei!" herrschte er sie an. „Sonst muß einer von euch nach Hause gehen! Es ist kein Platz für zwei Hähne auf demselben Misthaufen."
Caius fügte sich, wenn auch widerwillig. Mucius war immerhin der Anführer ihrer Bande; sie hatten ihm einen feierlichen Treueid geleistet und mußten ihm gehorchen.
„Regt euch nicht auf", sagte Julius. „Nichts ist verloren. Wir werden Udo ganz einfach weiterverkaufen." „Was kriegen wir schon für einen taubstummen Sklaven!" seufzte Rufus. „Wir brauchen nicht zu sagen, daß er taubstumm ist", entgegnete Flavius. „Callon hat uns ja auch hereingelegt." „Es kann lange dauern, bis wir einen Käufer finden", sagte Mucius. „Es wäre weise, Udo so rasch wie möglich loszuwerden."
„Warum bringen wir ihn nicht auf die Tiberinsel, zum Aesculapiustempel, wo alle Leute ihre alten oder kranken Sklaven aussetzen ?" sagte Caius.
„Das wäre ungerecht", sagte Rufus. „Ein Sklave ist auch ein Mensch. Wir behandeln Rompus, meinen Erzieher, wie einen Freund. Mein Vater will ihm später die Freiheit geben."
„Pah!" erwiderte Caius. „Ein Sklave ist kein richtiger Mensch. Vorige Woche hat einer unserer Sklaven meiner Schwester Claudia die Hand geküßt; aus Dankbarkeit, weil sie ihm verzieh, daß er versehentlich ihre Lieblingstasse zerbrochen hatte. Mein Vater hat es gesehen und mit ihr geschimpft, daß sie es erlaubt, sich von einem Sklaven die Hand küssen zu lassen."
„Und was geschah mit dem Sklaven?" fragte Flavius. „Mein Vater hat ihn noch am selben Tag als Gladiator an das Amphitheater verkauft."
„Ha!" brüllte Antonius. „Warum verkaufen wir Udo nicht auch als Gladiator? Sie brauchen doch ständig neue Gladiatoren. Bei jeder Vorstellung in der Arena werden sie zu Dutzenden umgebracht."
Die anderen waren begeistert von Antonius' Vorschlag. „Das löst alle unsere Probleme", sagte Julius erfreut. „Vielleicht kriegen wir sogar mehr als vierhundertfünfzig Sesterzen für ihn."
Sie rafften sich sofort auf und steuerten mit Udo, das Forum durchquerend, auf die Via Sacra zu, an der das Amphitheater lag. Vor dem Triumphbogen des Augustus sahen sie einen Straßenhändler, der in Honig getränkte Feigen verkaufte. Die Feigen waren in einer Kiste aufgehäuft; der Honig füllte einen Bronzeeimer.
Publius blieb gebannt stehen. „He, Julius!" rief er. „Ich verhungere. Wie wär's, wenn du jedem von uns drei Feigen spendiertest? Wir haben von unserem ersparten Taschengeld doch noch fünfzig Sesterzen übrig. Drei Feigen kosten nur ein As, steht da auf dem Schild."
„Teuer genug", murmelte Julius. Aber er zog doch seinen Geldbeutel heraus und zählte sieben Münzen ab. Zögernd legte er noch eine für Udo dazu. „Hier, kauf für Udo auch Feigen!" rief er Publius zu und reichte ihm das Geld.
Doch Publius kam nicht dazu. Plötzlich brach ein grobschlächtiger Mann durch den Kreis der Umstehenden, stürzte sich auf Udo, warf ihm blitzschnell einen Strick mit einer Schlinge daran um den Hals und zog sie fest. „Bei Hades! Hab' ich dich endlich erwischt, du Schurke!" schnaubte er wie ein wütender Büffel.
Die Jungen waren vor Schreck wie versteinert. Der Mann hatte nur ein Auge und ein hölzernes Schwert im Gürtel.
Es war der fürchterliche Exgladiator.
4. Kapitel
Eine überraschende Verwendung von Honig
Der Mann begann, den jungen Sklaven wie ein wildes Pferd hinter sich herzuzerren, das er in der Arena mit einem Lasso eingefangen hatte. Udo konnte sich nicht wehren, sonst wäre er
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