Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
gut, daß wir Udo diesem Mann rechtzeitig weggeschnappt haben", frohlockte Antonius.
„Freu dich nicht zu früh, junger Herr", sagte der Alte. „Der Mann hat gesagt, er wird nicht eher ruhen, bis er Udo hat. Lebend oder tot."
„Der Kerl ist wohl verrückt", rief Flavius verstört.
„Wir haben keine Angst vor diesem Mann", sagte Caius verächtlich.
„Sag das nicht, junger Herr", sagte der Alte. „Du kennst ihn nicht. Bei Hades, er sieht fürchterlich aus! Er hat nur ein Auge." „Es ist ein Zyklop", rief Antonius. „Ich glaube, er ist ein ehemaliger Gladiator", sagte der Alte. „Er trägt das hölzerne Schwert. Ein Zeichen, daß er aus der Arena entlassen worden ist." „Was will denn dieser Kerl von Udo ?" fragte Mucius. „Das weiß ich nicht. Er hat aber auch nach euch gefragt, wie ihr heißt und wo ihr wohnt." Die Jungen schauten sich unwillkürlich beunruhigt um. „Callon hat ihm gesagt", fuhr der Alte fort, „er weiß nicht, wer ihr seid und wo ihr wohnt. Er kümmert sich nicht darum, wer seine Kunden sind und woher sie kommen. Da zog der Mann einen Dolch und hielt ihn Callon an die Kehle. ,Ich komm' morgen wieder, und wenn Udo dann nicht hier ist, bringe ich alle deine Sklaven um und dich auch', drohte er."
„Großer Herkules!" murmelte Flavius erbleichend.
„Macht lieber, daß ihr wegkommt", warnte der Alte. „Der Mann kann jeden Augenblick hiersein." Er humpelte in die Hütte zurück. Bevor er im Dunkeln verschwand, drehte er sich noch einmal um und rief heiser: „Ertränkt den jungen Sklaven da am besten gleich im Tiber, damit ihr ihn ein für allemal los seid." Er knallte die Tür hinter sich zu und verrammelte sie wieder.
3. Kapitel
Der fürchterliche Exgladiator
„Ich glaube, wir verschwinden von hier, bevor dieser einäugige Exgladiator auftaucht", sagte Mucius. Er zupfte verlegen an seiner Nase. Mucius war tapfer, aber nicht tollkühn.
„Dafür bin ich auch", rief Flavius hastig.
Niemand widersprach diesmal, und Mucius gab Udo ein Zeichen, ihnen zu folgen. Sie liefen über das Forum Boarum zum Velabrum hinüber, dem großen, tiefgelegenen Platz zwischen dem Capitolinus und Palatinus, und bogen in die Tuscusstraße ein. Die Tuscusstraße war die belebteste Hauptstraße Roms. Sie führte vom Velabrum zum Forum Romanum, dem Mittelpunkt des Römischen Reiches.
In der Tuscusstraße fühlten sich die Jungen bedeutend sicherer. Sie kamen jetzt auch nur im Schneckentempo weiter. Dichtgedrängt schoben sich die Menschen in einer endlosen Kette auf den Bürgersteigen an den Läden und Verkaufsbuden vorbei, darunter viele Ausländer. Die Stadt schien mit Griechen, Arabern, Persern, Ägyptern und den verschiedensten wild aussehenden Gestaltenüberflutetzusein. Die Jungenwundertensich, aus welchem rätselhaften Winkel der Welt sie wohl hervorgekrochen waren. Der Fahrdamm war mit Hunderten von Sänften verstopft; großen und kleinen, eleganten und armseligen, manche von zwei, andere von sechs oder acht Sklaven getragen. Sie waren ineinander verkeilt wie zwei Heere im Schlachtgetümmel.
Der gesamte Verkehr stand nämlich still; auf dem Forum marschierte gerade die Leibwache des Emperors vorbei, zwölf Kohorten von Prätorianern. Sie zogen zur Ablösung den Palatinus hinauf. Die Prätorianer sahen prachtvoll aus. Sie trugen gelbe Uniformen mit roten Gürteln, große Ohrringe und waren mit Bambusspeeren bewaffnet. Die Offiziere hatten eiserne Helme auf, die mit bunten Federn geschmückt waren, und ihre Brustpanzer blitzten wie poliertes Silber.
Die Menschen in der Tuscusstraße kümmerten sich wenig um die Prätorianer. Es war unerträglich heiß geworden: Die Sonne stand schon ziemlich hoch an einem wolkenlosen Himmel und brannte unbarmherzig auf das Pflaster. Fast alle Frauen schützten sich durch Sonnenschirme. Kein römischer Bürger trug eine Toga. Sie hatten die leichteste Tunika angezogen, die sie in ihrer Garderobe finden konnten. Viele Leute schlugen wild um sich, um die Schwärme der Schmeißfliegen zu verjagen, die von allen Seiten über sie herfielen. Die ganze Gegend roch übelerregend nach den Viehmärkten des Forums Boarum, den schmutzigen Gewässern des Tibers und den Abflußkanälen der Kloake Maxima, die dicht an der Tuscusstraße entlanglief. Rom war kein angenehmer Aufenthaltsort im Sommer.
Die Jungen hatten Udo in ihre Mitte genommen und bohrten sich wie ein Stoßtrupp Legionäre eine Bahn durch die Menge. Nachdem sie das Forum Romanum erreicht hatten, atmeten sie
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