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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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weißt nochnicht alles. Es ist ein Gnadenakt der Götter, daß wir Udo aus den Klauen dieses Mannes gerettet haben. Wir verhindern dadurch vielleicht ein abscheuliches Verbrechen."
    Xantippus war erstaunt. „Bei Pythia, du sprichst in Orakeln, Mucius!"
    „Es ist alles meine Schuld, edler Meister", sagte Udo.
    Xantippus war noch erstaunter. „Was ? Der Bursche kann ja auf einmal reden!" rief er. „Er hat sich nur aus Angst taubstumm gestellt", sagte Julius hastig.
    „Und er spricht sogar ein vorzügliches Latein", fügte Xantippus milder hinzu. Er musterte Udo neugierig. „Mucius", fuhr er fort. „Wieso glaubt ihr, vielleicht ein abscheuliches Verbrechen verhüten zu können ?"
    „Meister Xanthos!" rief Flavius. „Wir fürchten, daß einer unserer Väter ermordet werden soll." Xantippus sperrte erschrocken die Augen auf. „Wie? Was?
    Was redest du da?"
    „Wir sind alle in Lebensgefahr", sagte Rufus.
    „Du auch, Meister Xanthos", rief Antonius. „Wenn der Ex gladiator herausfindet, wer wir sind, überfällt er uns vielleicht in der Schule und bringt dich gleich mit um."
    „Zügle deine lose Zunge!" sagte Xantippus. „Deine Phantasie geht mal wieder mit dir durch!" Aber er schien doch etwas beunruhigt zu sein. „Mucius, erkläre mir auf der Stelle, was das alles zu bedeuten hat!"
    „Verzeihung, Meister Xanthos", sagte Mucius. „Es ist eine fast unglaubliche Geschichte, und mir wirbelt alles im Kopf herum!"
    „Nimm dich zusammen!" sagte Xantippus. „Du willst doch eines Tages ein großer Redner werden. Du warst auch bisher immer halbwegs zufriedenstellend im Aufsatz. Ordne deine Gedanken! Cato, der bedeutende Staatsmann, hat gesagt: beherrsche die Sache, dann folgen die Worte!'"
    „Das ist es eben, Meister Xanthos, die Sache ist so verwickelt, daß ich nicht weiß, wo ich anfangen soll." Er erzählte dann doch einigermaßen zusammenhängend von Udos Abenteuer auf dem Friedhof, seiner Flucht durch die Stadt und seinem Zusammenstoß mit den betrunkenen Gladiatoren, die ihn schließlich an Callon verkauften. Zum Schluß berichtete er noch von dem Brief im Mantel, den Udo in irgendeinem Keller hatte liegenlassen.
    Nachdem er geendet hatte, schwieg Xantippus. Er strich nachdenklich seinen Spitzbart.
    „Ich war dafür, unsere Väter zu warnen", sagte Flavius.
    „Ich wardagegen, Meister Xanthos", sagte Julius. „Esgibtneunhundert Senatoren im Senat; warum sollte es zufällig einer unserer Väter sein, der bedroht ist ?"
    „Laßt uns logisch denken, meine lieben Schüler", sagte Xantippus mit besorgter Miene.
    Die Jungen freuten sich. Xantippus hatte ein Einsehen und schien ihnen helfen zu wollen.
    „Es gibt zur Zeit achthundertsechsundsiebzig Senatoren im Senat", fuhr er fort. „Aber davon sind nur fünfundzwanzig bis dreißig berühmt. Alle anderen sind meiner Ansicht nach sowieso überflüssig. Unser verehrter Emperor hat es ja leider für nötig befunden, den Senat mit seinen erbärmlichen Günstlingen vollzustopfen. Darunter Übelkeit erregenden Komödianten, blutdürstigen Gladiatoren, und soviel ich gehört habe, hat er sogar einen seiner Köche zum Senator gemacht."
    Die Jungen schauten unwillkürlich erschrocken zum Eingang hin; wenn jemand zufällig Xantippus gehört hätte, wäre er jetzt schon so gut wie tot.
    „Nun", fuhr Xantippus unbekümmert fort, „von den fünfundzwanzig oder dreißig berühmten Senatoren sind die Hälfte nur dadurch berühmt, daß sie andere Senatoren haben umbringen lassen."
    Antonius meldete sich. „Mein Vater kannte sogar zwei Senatoren, die sich gegenseitig umbrachten, weil sie sich um einen Garderobenhaken im Korridor des Senats gezankt haben!" rief er.
    „Schweig!" sagte Xantippus. „Demnach bleiben nur fünfzehn zu Recht berühmt genannte Senatoren übrig, zu denen eure Väter gehören. Den mathematischen Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung zufolge ist also das Zahlenverhältnis eins zu eins und die Möglichkeit, daß einer eurer Väter gemeint ist, bedenklich groß. Habt ihr das verstanden ?"
    „Leider ja", sagte Julius seufzend.
8. Kapitel
Es muß nach Mimosen riechen
    „Paßt jetzt gut auf!" sagte Xantippus. „Laßt uns systematisch denken, meine lieben Schüler. Als erstes müssen wir, bevor Pollino in Rom eintrifft, den Brief finden. Das ist ein Axiom."
    „Ein Axiom? Was ist das?" fragte Flavius.
    „Ein Axiom ist ein Grundsatz, der unmittelbar einleuchtend ist und keinen Beweis braucht", erklärte Xantippus ihm. „Du solltest das

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