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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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der den mittleren Teil des Raumes dominierte, war anscheinend nicht beschädigt. Die Wand auf der Steuerbordseite wölbte sich bedenklich, und in der Mitte war ein verkohltes Loch, als hätte sich dort ein kleiner Vulkan gebildet. Holden schauderte, als er daran dachte, wie viel Energie nötig gewesen war, um die schwer gepanzerte und mit Strahlenschilden gesicherte Wand derart zu verformen und wie knapp der Reaktor der Zerstörung entgangen war. Wie viel Joule mochten zwischen der böse verformten Wand und einem vollständigen Bruch gelegen haben?
    »Mein Gott, das war knapp«, sagte er zu niemand im Besonderen.
    »Ich habe jetzt alle Teile ausgetauscht, die mir eingefallen sind«, meldete Amos. »Das Problem liegt woanders.«
    Holden ließ den Rand der Luke los und fiel einen halben Meter tief auf die Wand, die sich schräg unter ihm erstreckte, dann rutschte er auf das Deck hinab. Der einzige andere sichtbare Schaden war ein Stück Verkleidung, das auf der anderen Seite des Reaktors in der Wand steckte. Holden konnte sich nicht vorstellen, wie dieses Schrapnell dorthin gekommen war, ohne mitten durch den Reaktor zu fliegen, es sei denn, es war von zwei anderen Wänden abgeprallt und rund um den Reaktor herumgeflogen. Da es für die erste Variante keinerlei Anzeichen gab, musste die zweite zutreffen, so unglaublich es auch schien.
    »Ich meine, es war wirklich knapp.« Er berührte das gezackte Metallstück, das sich fünfzehn Zentimeter tief in die Wand gebohrt hatte. Das hätte auf jeden Fall ausgereicht, um die Abschirmung des Reaktors zu durchschlagen. Vielleicht wäre sogar noch etwas Schlimmeres passiert.
    »Ich sehe durch deine Kamera«, sagte Naomi. Gleich darauf pfiff sie. »Mein lieber Mann. Die Wände dort sind voller Kabel. Du kannst da kein Loch in dieser Größe bohren, ohne irgendetwas zu beschädigen.«
    Holden versuchte, mit der Hand das Schrapnell aus der Wand zu ziehen, musste es aber aufgeben. »Amos, bring eine Zange und eine Menge Kabel zum Flicken mit.«
    »Also fällt der Notruf flach«, sagte Naomi.
    »Richtig. Vielleicht könnte aber mal jemand eine Kamera nach hinten ausrichten und mir bestätigen, dass unsere Bemühungen erfolgreich waren und wir dieses verdammte Ding tatsächlich erledigt haben.«
    »Ich hab’s selbst gesehen, Käpt’n«, bestätigte Alex. »Da ist jetzt nur noch eine Gaswolke.«
    Holden lag in der Krankenstation, wo sich das Schiff um sein Bein kümmern konnte. Hin und wieder stieß ein Greifarm gegen das Gelenk, das angeschwollen war wie eine Melone. Die Haut war gespannt wie ein Trommelfell. Doch das Bett sorgte dafür, dass er die richtigen Medikamente bekam. Deshalb konnte er die gelegentlichen Stöße und Stupser ohne Schmerzen ertragen und spürte nur ein Druckgefühl.
    Die Anzeige neben dem Kopf warnte ihn, er solle ruhig liegen bleiben, dann packten zwei Greifarme sein Bein, während der dritte einen nadeldünnen biegsamen Schlauch in das Knie stach und sich dort umtat, was er als leichtes Ziehen wahrnahm.
    Im Nachbarbett lag Prax. Sein Kopf war bandagiert, wo ihm die Maschinen einen drei Zentimeter langen Hautlappen wieder angeklebt hatten. Die Augen hatte er geschlossen. Amos, der keine Gehirnerschütterung, sondern nur eine hässliche Prellung am Schädel davongetragen hatte, war ein paar Decks weiter unten damit beschäftigt, behelfsmäßig alles zu flicken, was die Bombe des Monsters zerstört hatte, und auch das Loch in der Wand des Maschinenraums musste versiegelt werden. Die Frachtluke konnte erst auf Tycho repariert werden. Alex flog mit einem sanften Viertel G, damit sie besser arbeiten konnten.
    Holden hatte nichts gegen die Verzögerung. Genauer gesagt hatte er es überhaupt nicht eilig, nach Tycho zurückzukehren und Fred mit dem zu konfrontieren, was er herausgefunden hatte. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr ließ seine anfängliche blinde Panik nach, und desto mehr Gewicht bekam die Vermutung, dass Naomi richtiglag. Es wäre nicht logisch, wenn Fred hinter alledem steckte.
    Aber er war nicht sicher, und er musste sich Gewissheit verschaffen.
    Prax murmelte etwas, berührte seinen Kopf und zerrte am Verband herum.
    »Lassen Sie den mal lieber in Ruhe«, empfahl Holden ihm.
    Prax nickte und schloss wieder die Augen. Er schlief oder versuchte es wenigstens. Die Behandlungsautomatik zog den Schlauch aus Holdens Bein, sprühte Desinfektionsmittel auf die Haut und legte einen festen Verband an. Holden wartete, bis die ärztliche Einheit

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