Calibans Krieg
Luftschleuse. Amos steckte bereits Werkzeuge und Ersatzteile, die er aus den Schubladen und Schränken holte, in einen Plastikeimer.
»Naomi«, sagte Holden. »Wir werfen jetzt einen Blick in den Maschinenraum. Haben wir dort noch aktive Kameras?«
Sie stieß ein empörtes Grunzen aus, das er als negative Antwort deutete, und sagte: »Im ganzen Schiff habe ich Kurzschlüsse. Entweder sie sind zerstört, oder in dem Schaltkreis ist der Strom ausgefallen.«
Holden zog sich zu der ins Deck eingelassenen Luke, die Werkstatt und Maschinenraum verband. Die Statusanzeige glühte zornig rot.
»Verdammt, das hatte ich befürchtet.«
»Was denn?«, fragte Naomi.
»Du hast wohl auch keine Messwerte zur Atmosphäre, oder?«
»Nicht aus dem Maschinenraum. Da ist alles kaputt.«
»Tja.« Holden seufzte gedehnt. »Die Luke glaubt, auf der anderen Seite sei keine Atmosphäre. Die Brandbombe hat ein Loch durch die Wand gefressen, und im Maschinenraum herrscht Vakuum.«
»Oje«, meldete Alex. »Im Frachtraum herrscht ebenfalls Vakuum.«
»Und die Frachtluke ist kaputt«, fügte Naomi hinzu. »Genau wie die Luftschleuse des Frachtraums.«
»Also ein richtig schöner Schlamassel.« Amos schnaubte wütend. »Erst mal müssen wir die verdammte Drehung des Schiffs stoppen. Dann geh ich raus und sehe mir die Sache an.«
»Amos hat recht«, stimmte Holden zu. Er ließ die Luke in Ruhe und richtete sich auf. Gleich darauf taumelte er an der schrägen Wand abwärts zu der Wartungsklappe, vor der Amos mit dem Eimer in der Hand wartete. »Eins nach dem anderen.«
Während Amos die Wartungsklappe mit einem Schraubenschlüssel öffnete, sagte Holden: »Naomi, pumpe die Luft aus der Werkstatt. Keine Atmosphäre unterhalb von Deck vier. Schalte die Sicherheitsverschlüsse ab, damit wir die Luke zum Maschinenraum öffnen können, wenn es nötig ist.«
Amos entfernte den letzten Bolzen und nahm die Platte von der Wand ab. Dahinter lag ein dunkler, mit einem Gewirr von Rohren und Kabeln vollgestopfter Raum.
»Oh«, fügte Holden hinzu. »Bereite auch schon mal einen SOS-Ruf vor, falls wir das hier nicht reparieren können.«
»Genau, da draußen sind eine Menge Leute, die wir jetzt unbedingt zu Hilfe rufen sollten«, meinte Amos.
Er zog sich in den schmalen Raum zwischen den beiden Wänden hinein und verschwand. Holden folgte ihm. Zwei Meter hinter der Luke erreichten sie eine klobige, kompliziert aussehende Pumpe, die für den Wasserdruck in den Manövrierdüsen sorgte. Amos hielt daneben an und zerlegte sie. Holden wartete hinter ihm. Der Raum war zu eng, um zu beobachten, was der große Mechaniker tat.
»Wie sieht es aus?«, fragte Holden, nachdem er ein paar Minuten lang Amos’ leisen Flüchen zugehört hatte.
»Hier sieht es gut aus«, erklärte Amos. »Vorsichtshalber tausche ich noch die Sicherung aus. Aber ich glaube nicht, dass die Pumpe selbst das Problem ist.«
Verdammt.
Holden verließ den Wartungsschacht und kroch die steile Wand bis zur Luke hinauf. Das zornige rote Licht war einem trüben gelben Schimmer gewichen, weil es inzwischen beiderseits der Luke keine Atmosphäre mehr gab.
»Naomi«, sagte Holden. »Ich muss in den Maschinenraum. Ich muss mir ansehen, was dort passiert ist. Hast du die Sicherheitsverriegelung abgeschaltet?«
»Ja. Aber ich habe da drüben keine Sensoren. Der Raum könnte völlig verstrahlt sein …«
»Aber du hast doch hier in der Werkstatt Sensoren, oder? Wenn ich die Luke öffne, und du bemerkst eine Strahlenwarnung, sag mir Bescheid. Dann verschließe ich sie sofort wieder.«
»Jim.« Die Förmlichkeit, mit der sie ihn während des vergangenen Tages angesprochen hatte, war fast verflogen. »Wie oft kannst du dich noch stark verstrahlen lassen, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen?«
»Wenigstens noch einmal?«
»Ich weise die Rosinante an, ein Bett in der Krankenstation vorzubereiten.« Fast hätte sie sogar gelacht.
»Such mir eins aus, das keine Fehlermeldungen auswirft.«
Ohne noch länger darüber nachzudenken, worauf er sich einließ, öffnete Holden den Verschluss der Luke. Während sie aufschwang, hielt er den Atem an, weil er damit rechnete, Chaos und Zerstörung vorzufinden und vom Strahlenalarm seines Anzugs gewarnt zu werden.
Stattdessen sah es drüben, abgesehen von einem kleinen Loch in der Wand dicht am Explosionsherd, recht gut aus.
Holden zog sich durch die Öffnung und hielt sich ein paar Augenblicke daran fest, um sich umzusehen. Der mächtige Fusionsreaktor,
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