Calibans Krieg
nicht.«
»Es ist noch nicht alles verloren.«
Prax nickte, aber nicht, weil er sich wirklich getröstet fühlte, sondern weil er in diesem Augenblick das Gefühl hatte, auf diese Weise reagieren zu müssen.
»Ich werde sie niemals finden.«
»Sie irren sich.«
Die Tür glitt mit einem Glockenschlag auf. Holden trat ein. Zuerst war Prax nicht klar, was sich an ihm verändert hatte, aber irgendetwas war geschehen … etwas war passiert … so viel begriff er. Das Gesicht war das gleiche, die Kleidung hatte er auch nicht gewechselt. Prax hatte das unheimliche Gefühl, Zeuge einer Metamorphose zu werden.
»He«, sagte Holden. »Alles klar?«
»Ein bisschen holprig«, sagte Amos. Der große Mann war so verwirrt wie Prax selbst. Beide hatten die Veränderung bemerkt, beide konnten sie nicht einschätzen. »Hast du eine Nummer geschoben oder so was, Käpt’n?«
»Nein«, antwortete Holden.
»Ich meine, es ist völlig in Ordnung, wenn du es getan hast«, fuhr Amos fort. »Ich habe mir nur nicht vorgestellt …«
»Ich habe keine Nummer geschoben«, antwortete Holden zögernd. Das Lächeln, das sich in seinem Gesicht ausbreitete, war beinahe strahlend. »Ich bin gefeuert.«
»Nur du oder wir alle?«
»Wir alle.«
»Oh«, machte Amos. Er schwieg einen Moment, dann zuckte er mit den Achseln. »Na gut.«
»Ich muss mit Naomi reden, aber sie nimmt Gespräche von mir nicht an. Glaubst du, du könntest sie aufspüren?«
Amos verzog das Gesicht, als hätte er in eine alte Zitrone gebissen.
»Ich will mich nicht mit ihr streiten«, beruhigte Holden ihn sofort. »Es ist eben dumm gelaufen, und es ist meine Schuld, also will ich es in Ordnung bringen.«
»Ich weiß, dass sie in einer Bar war, die Sam uns beim letzten Mal empfohlen hat, die Blauwe Blome . Aber wenn du dich zum Idioten machst, bin ich nicht derjenige, der es dir verraten hat.«
»Kein Problem«, versprach Holden ihm. »Danke.«
Der Kapitän wandte sich zum Gehen, hielt aber in der Tür noch einmal inne. Er wirkte wie ein Mensch, der noch halb in einem Traum gefangen war.
»Was ist hier eigentlich holprig?«, fragte er. »Du sagtest, es sei holprig.«
»Der Doc wollte auf Luna eine private Sicherheitsfirma anheuern, um das Kind zu finden. Das klappt aber nicht, und er hat es schlecht aufgenommen.«
Holden runzelte die Stirn. Prax errötete heftig.
»Ich dachte, wir suchen das Kind«, sagte Holden. Er schien ehrlich verwirrt.
»Der Doc hat sich nicht so klar ausgedrückt.«
»Oh.« Holden wandte sich an Prax. »Wir suchen Ihr Kind. Sie müssen nicht noch jemand anders beauftragen.«
»Ich kann Sie nicht bezahlen«, erklärte Prax. »Alle meine Konten waren auf Ganymed, und selbst wenn das Geld noch da ist, kann ich nicht darauf zugreifen. Ich habe nur das, was andere Menschen mir geben. Wahrscheinlich kann ich so ungefähr tausend UN-Dollar auftreiben. Reicht das?«
»Nein«, sagte Holden. »Damit können Sie nicht mal Luft für eine Woche kaufen, vom Wasser ganz zu schweigen. Wir kümmern uns schon darum.«
Holden nickte, als lauschte er auf etwas, das nur er selbst hören konnte.
»Ich habe schon mit meiner Exfrau gesprochen«, fuhr Prax fort. »Und auch mit meinen Eltern. Sonst fällt mir niemand ein.«
»Wie wäre es mit allen auf einmal?«, schlug Holden vor.
»Ich bin James Holden«, sagte der Kapitän auf dem riesigen Bildschirm in der Pilotenkanzel der Rosinante , »und ich möchte Sie um Hilfe bitten. Vor vier Monaten, wenige Stunden vor dem ersten Angriff auf Ganymed, wurde ein kleines Mädchen mit einer lebensbedrohlichen genetischen Erkrankung aus seiner Tagesstätte entführt. In dem Chaos, das …«
Alex hielt die Wiedergabe an. Prax wollte sich aufrichten, doch die kardanische Aufhängung des Copilotensitzes reagierte auf die Bewegung, und er legte sich wieder hin.
»Ich weiß nicht«, überlegte Alex, der auf dem Pilotensitz saß. »Vor dem grünen Hintergrund wirkt er etwas teigig, oder was meinen Sie?«
Prax kniff die Augen etwas zusammen, dann nickte er.
»Die Farbe steht ihm nicht«, stimmte er zu. »Vielleicht wäre ein dunklerer Ton besser.«
»Ich versuche es mal.« Der Pilot tippte auf den Bildschirm. »Normalerweise kümmert sich Naomi um solche Sachen. Kommunikationstechnik ist nicht gerade meine Stärke. Aber wir schaffen das schon. Wie wäre es damit?«
»Besser«, sagte Prax.
»Ich bin James Holden, und ich möchte Sie um Hilfe bitten. Vor vier Monaten …«
Holdens Anteil an der Präsentation dauerte
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