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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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verbarg, seufzte Holden gedehnt und lehnte sich an die Wand des Korridors. In einem Punkt hatte Fred völlig recht: Er hatte sich viel zu lange hinter seiner Angst versteckt. Diese selbstgerechte Empörung, die Sie wie eine Keule gegen jeden schwingen, der in Ihre Nähe kommt. Wegen seiner eigenen Dummheit wäre beinahe die Menschheit untergegangen. Das hatte ihn bis ins Mark erschüttert. Seit Eros hatten ihn nur die Angst und das Adrenalin angetrieben.
    Aber das war jetzt keine Ausrede mehr, das war vorbei.
    Er hatte schon das Terminal gezückt, um Naomi zu rufen, als es ihn traf wie ein Blitzschlag. Ich bin gefeuert.
    Mehr als ein Jahr lang hatte er mit Fred einen Exklusivvertrag gehabt. Die Tycho-Station war ihre Heimatbasis. Sam hatte fast so viel Zeit wie Amos damit verbracht, die Rosinante zu flicken. Jetzt mussten sie sich neue Jobs und neue Raumhäfen suchen und die Reparaturen aus eigener Tasche bezahlen. Es gab keinen Gönner mehr, der schützend die Hand über sie hielt. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit war Holden ein wirklich unabhängiger Kapitän. Er musste seinen Lebensunterhalt verdienen, indem er das Schiff flog und die Crew ernährte. Er hielt einen Moment inne, um die Neuigkeit zu verdauen.
    Es fühlte sich großartig an.

33 Prax
    Amos rutschte auf dem Stuhl nach vorn. Die physische Erscheinung des Mechanikers ließ den Raum schrumpfen, und der Geruch von Alkohol und altem Rauch strahlte von ihm aus wie die Wärme von einem Feuer. Seine Miene hätte sanfter nicht sein können.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, klagte Prax. »Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Das ist alles meine Schuld. Nicola war nur … sie war so verloren und zornig. Jeden Tag bin ich aufgewacht und habe sie angesehen und gespürt, wie gefangen sie sich fühlte. Und ich wusste, dass Mei damit aufwachsen würde. Das Kind wollte von seiner Mami geliebt werden, aber Nici wollte vor allem woanders sein. Ich dachte, es sei besser so. Als sie dann darüber zu reden begann, dass sie fortgehen wollte, war ich schon darauf gefasst, verstehen Sie? Und als Mei … als ich Mei sagen musste, dass …«
    Prax barg den Kopf in den Händen und wiegte sich langsam vor und zurück.
    »Werden Sie jetzt wieder krank, Doc?«
    »Nein, mir geht es gut. Wäre ich ihr ein besserer Vater gewesen, dann wäre sie noch da.«
    »Reden wir jetzt über die Exfrau oder über das Kind?«
    »Nicola ist mir egal. Wenn ich für Mei da gewesen wäre, wenn ich zu ihr gegangen wäre, als die Warnung einging, wenn ich nicht in der Kuppel ausgeharrt hätte … und wozu habe ich das gemacht? Für die Pflanzen. Die sind jetzt sowieso alle tot. Ich habe eine mitgenommen, aber auch die habe ich verloren. Keine einzige konnte ich retten. Aber ich hätte hingehen und Mei abholen können. Wenn ich nur …«
    »Schon bevor der Ärger losging wussten Sie, dass sie fort war, nicht wahr?«
    Prax schüttelte den Kopf. Er war nicht bereit, sich mit der Realität zu entschuldigen.
    »Und dann diese andere Sache. Ich hatte die Gelegenheit, mit ihr herauszukommen. Ich hatte etwas Geld und war dumm. Es wäre ihre letzte Chance gewesen, und ich war zu dumm, sie zu nutzen.«
    »Ja, na ja. Für Sie ist das alles neu, Doc.«
    »Sie hätte einen besseren Dad verdient gehabt. Ja, einen besseren Dad. Sie war so … so ein liebes Mädchen.«
    Zum ersten Mal überhaupt berührte Amos ihn. Die breite Hand legte sich auf seine Schulter und bedeckte sie vom Schlüsselbein bis zum Schulterblatt und bog Prax’ Wirbelsäule zurecht, bis er aufrecht saß. Amos’ Augen waren mehr als blutunterlaufen, die Augäpfel waren wie rot gemaserter Marmor. Sein Atem war heiß und roch unangenehm. Das Idealbild eines Matrosen bei einem ausschweifenden Landgang. Aber die Stimme war nüchtern und fest.
    »Sie hat einen guten Daddy, Doc. Sie kümmern sich, und das ist mehr, als die meisten anderen Leute tun.«
    Prax schluckte. Er war müde. Er war es leid, stark und hoffnungsvoll und entschlossen zu sein und sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Er wollte nicht mehr er selbst sein, er wollte überhaupt niemand mehr sein. Amos’ Hand fühlte sich an wie eine Halteklammer für Raumschiffe, die Prax davon abhielt, in die Finsternis davonzuschweben. Er wollte einfach nur losgelassen werden.
    »Sie ist weg«, sagte Prax. Das klang wie eine gute Entschuldigung. Eine Erklärung. »Die haben sie mir weggenommen, und ich weiß nicht, wer sie sind. Ich kann Mei nicht zurückholen und verstehe es

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