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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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gut einen echten bezahlten Job annehmen.«
    »Aber Naomi …«, sagte Holden.
    »Sie war deine Freundin«, fiel Alex ihm lachend ins Wort. »Verdammt, Jim, hast du sie dir mal richtig angesehen? Sie kann jederzeit einen neuen Freund haben. Da wir gerade dabei sind, hättest du etwas dagegen, wenn ich …«
    »Ich hab’s kapiert. Ich verstehe, was du sagst. Ich hab’s vermasselt, und es ist meine Schuld. Das weiß ich. Das ist mir völlig klar. Jetzt muss ich zu Fred und mir überlegen, wie ich alles wieder auf die Reihe kriege.«
    »Es sei denn, Fred hat es wirklich getan.«
    »Ja. Es sei denn, er war es.«
    »Ich habe mich schon gefragt, wann Sie endlich vorbeischauen«, sagte Fred Johnson, als Holden sein Büro betrat. Fred sah zugleich besser und schlechter aus als bei ihrer ersten Begegnung vor einem Jahr. Besser, weil die Allianz der Äußeren Planeten, deren provisorischer Regierung er vorstand, keine terroristische Organisation mehr war, sondern ein Verhandlungspartner, der mit den inneren Planeten an einem Tisch sitzen durfte. Fred hatte sich mit einer Begeisterung, die man dem ehemaligen Freiheitskämpfer nicht zugetraut hätte, auf die Rolle des Regierungschefs gestürzt. Die lockeren Schultern und das leichte Lächeln gehörten inzwischen offenbar zu seiner Grundausstattung.
    Schlimmer dran war er, weil er im letzten Jahr unter dem Druck der Regierungsverantwortung gealtert war. Die Haare waren schütter und weiß, der Hals ein Gewirr von losen Hautfalten und alten Muskelsträngen. Unter den Augen hatte er Ringe, die er wohl nie mehr loswerden würde. Die kaffeebraune Haut hatte nicht viele Falten, wirkte aber ein wenig grau.
    Doch das Lächeln, mit dem er Holden begrüßte, war aufrichtig, und er kam sogar um den Schreibtisch herum, um dem Besucher die Hand zu geben und ihn zu einem Stuhl zu geleiten.
    »Ich habe Ihren Bericht über Ganymed gelesen«, sagte Fred. »Erzählen Sie mir mehr. Beschreiben Sie mir Ihre Eindrücke.«
    »Fred«, wehrte Holden ab. »Da wäre noch eine andere Sache.«
    Fred nickte, während er abermals den Schreibtisch umrundete und sich niederließ. »Fahren Sie fort.«
    Holden setzte an, hielt inne. Fred starrte ihn an. Seine Miene hatte sich nicht verändert, doch die Augen blickten schärfer und konzentrierter. Auf einmal verspürte Holden eine irrationale Angst, Fred habe längst erkannt, was jetzt kommen würde.
    Wenn er ehrlich war, musste Holden zugeben, dass er vor Fred immer Angst gehabt hatte. Der Mann hatte zwei Gesichter und stand ständig unter Spannung. Fred hatte der Crew der Rosinante in dem Moment geholfen, als sie die Hilfe am dringendsten benötigt hatte. Er war ihr Gönner geworden, hatte ihnen eine sichere Zuflucht vor den unzähligen Feinden geboten, die sie sich im Laufe des letzten Jahres gemacht hatten. Und doch konnte Holden nicht vergessen, dass der Mann immer noch Colonel Frederick Lucius Johnson war, der Schlächter der Anderson-Station. Ein Mann, der das letzte Jahrzehnt damit verbracht hatte, die Allianz der Äußeren Planeten aufzubauen und zu leiten. Diese Organisation war durchaus fähig, Morde und terroristische Anschläge zu verüben, wenn es den eigenen Zielen diente. Fred hatte sicherlich einige dieser Morde persönlich angeordnet. Es war sogar denkbar, dass der Anführer der AAP mehr Menschen auf dem Gewissen hatte als der Colonel der UN.
    Schreckte er im Ernstfall wirklich davor zurück, das Protomolekül einzusetzen, um seine Ziele zu verwirklichen?
    Vielleicht. Vielleicht ginge ihm das zu weit. Und er hatte sich als Freund erwiesen und hatte die Gelegenheit verdient, sich zu verteidigen.
    »Fred, ich …« Holden brach ab.
    Fred nickte wieder. Das Lächeln verschwand und wich einem leichten Stirnrunzeln. »Es wird mir nicht gefallen.« Er stellte einfach nur eine Tatsache fest.
    Holden hielt sich an den Armlehnen des Bürostuhls fest und stand auf. Die Bewegung fiel heftiger aus als geplant, der Schwung hob ihn in der geringen Schwerkraft von 0,3 G, die auf der Station herrschte, sogar einen Moment lang vom Boden hoch. Fred kicherte, und die gerunzelte Stirn machte einem Grinsen Platz.
    Das war es dann. Das Grinsen und das Lachen fegten die Angst weg, und nur die Wut blieb. Als Holden wieder sicher stand, beugte er sich vor und klatschte beide Handflächen auf Freds Schreibtisch.
    »Sie«, sagte er. »Hören Sie auf zu lachen. Sie werden erst wieder lachen, wenn ich sicher bin, dass es nicht alles Ihre Schuld war. Wenn Sie getan haben,

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