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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Wasser ersticken.«
    Amos riss ein Stück Tortilla ab und tupfte es ins Eigelb.
    »So sehen in Ihrer Familie wohl die Tischgespräche aus, was?«
    Prax blinzelte verdutzt.
    »Meistens, ja. Warum? Was meinen Sie damit?«
    Amos kicherte. Er schien bester Laune zu sein, hielt die Schultern entspannt, und auch die Stellung des Kinns war verändert. Prax erinnerte sich an die Unterhaltung mit dem Kapitän am vergangenen Abend.
    »Sie haben eine Nummer geschoben, oder?«
    »Oh, Teufel, ja«, bestätigte Amos. »Aber das ist noch nicht das Beste.«
    »Nicht?«
    »Oh, das ist wirklich gut, aber es gibt nichts Besseres, als an dem Tag, nachdem man gefeuert wurde, sofort wieder einen Job zu finden.«
    Prax war verwirrt. Amos zückte das Handterminal, tippte zweimal darauf und schob es über den Tisch. Der Bildschirm zeigte den roten Rahmen einer abgesicherten Verbindung und den Namen der Genossenschaftsbank, bei der Alex am vergangenen Abend das Konto eröffnet hatte. Als Prax den Kontostand sah, riss er die Augen weit auf.
    »Ist das … ist es …«
    »Das reicht, um die Rosinante einen Monat zu fliegen, und wir haben es in sieben Stunden eingenommen. Doc, Sie haben soeben ein Team angeheuert.«
    »Ich weiß nicht … ehrlich?«
    »Nicht nur das. Sehen Sie sich die Nachrichten an, die bei Ihnen eingehen. Der Käpt’n hat Aufsehen erregt, aber Ihr Kind? Der Mist, der auf Ganymed passiert ist, hat gerade ein Gesicht bekommen, und das ist Ihre Kleine.«
    Prax holte sein eigenes Terminal hervor. Die Mailbox, die mit der Präsentation verknüpft war, zeigte mehr als fünfhundert Videos und tausend Textnachrichten an. Er überflog die Liste. Männer und Frauen, die er nicht kannte – einige von ihnen weinten sogar –, schenkten ihm ihre Gebete, sprachen über ihren Zorn und boten ihm Unterstützung an. Ein Gürtler mit einer wilden Mähne aus grau durchwirktem schwarzem Haar sprach mit so starkem Akzent, dass Prax es kaum verstehen konnte. Soweit er es sagen konnte, bot der Mann ihm an, in seinem Auftrag jemanden zu töten.
    Eine halbe Stunde später waren Prax’ Eier geronnen und kalt. Eine Frau von Ceres erklärte ihm, sie habe bei einer Scheidung ihre Tochter verloren und lasse ihm die Summe zukommen, die sie normalerweise jeden Monat für Kautabak ausgab. Eine Gruppe Lebensmitteltechniker auf Luna hatte den Hut herumgehen lassen und schickte einen Betrag, der seinem früheren Monatsgehalt als Botaniker entsprach. Ein alter Marsianer mit einer Haut in der Farbe von Schokolade und zuckerweißem Haar blickte ein halbes Sonnensystem entfernt ernst in die Kamera und sagte, er stehe auf Prax’ Seite.
    Die nächste Botschaft ähnelte auf den ersten Blick vielen anderen. Der Mann auf dem Bildschirm war alt – achtzig, vielleicht schon neunzig –, besaß nur noch einen Kranz aus weißem Haar und hatte ein runzliges Gesicht. Irgendetwas an seiner Haltung ließ Prax aufmerken. Ein Zögern.
    »Dr. Meng«, sagte der Mann. Die nuschelnde Aussprache erinnerte Prax an seinen eigenen Großvater. »Es tut mir leid zu hören, dass Sie und Ihre Familie gelitten haben und immer noch leiden.« Der Mann leckte sich über die Lippen. »Der Überwachungsfilm in Ihrer Präsentation zeigt jemanden, den ich zu kennen glaube. Aber sein Name ist nicht Strickland …«

34 Holden
    Laut Stationsverzeichnis war die Blauwe Blome für zwei Dinge berühmt: für einen Drink namens Blue Meanie und für die große Zahl an Golgo-Tischen. Das Verzeichnis warnte potenzielle Gäste davor, dass die Bar jedem Besucher nicht mehr als zwei Blue Meanies servieren durfte, weil das Getränk eine mörderische Mischung aus Ethanol, Koffein und Methylphenidat enthielt. Außerdem, so vermutete Holden, war noch irgendeine blaue Lebensmittelfarbe mit von der Partie.
    Während er durch die Korridore von Tychos Vergnügungssektor lief, erklärte ihm das Verzeichnis die Regeln des Golgo-Spiels. Nach ein paar Augenblicken völliger Verwirrung – Tore gelten als »geborgt«, wenn die Verteidigung einen Angriff abwehrt – schaltete er ab. Er hatte sowieso keine Zeit zum Spielen. Und einen Drink, der jegliche Hemmungen wegfegte und einen mächtigen Energieschub auslöste, brauchte er im Moment auch nicht.
    Die Wahrheit war, dass Holden sich noch nie so gut wie in diesem Augenblick gefühlt hatte.
    Im Laufe des letzten Jahres hatte er eine ganze Menge vermasselt. Er hatte seine Crew vertrieben. Um Sicherheit zu finden, hatte er sich mit einer Partei eingelassen, mit der er nicht

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