Calibans Krieg
abgefunden hatte, in der Schlacht zu sterben, war noch genug von der alten Bobbie übrig, um nicht wie ein schreiendes Baby abzutreten.
Das Wesen bückte sich und betrachtete sie. Die übergroßen und seltsamerweise fast kindlichen Augen strahlten hellblau. Ihre Waffe hatte große Schäden angerichtet, die das Wesen jedoch nicht zu bemerken schien. Mit einem langen Finger stupste es ihre Brustpanzerung an, dann krümmte es sich und erbrach einen dicken Strahl brauner Pampe über sie.
»Das ist widerlich! «, schrie sie es an. Hätte ihr Anzug ein Leck gehabt, dann wäre das Protomolekül allerdings ihre geringste Sorge gewesen. Trotzdem, wie sollte sie diesen Mist abwaschen?
Das Wesen legte den Kopf schief und betrachtete sie neugierig. Wieder stocherte es, schob einen Finger in Lücken und versuchte, bis zu ihrer Haut vorzudringen. Sie hatte beobachtet, wie eins dieser Wesen einen neun Tonnen schweren Kampfmech zerlegt hatte. Wenn es in den Anzug eindringen wollte, dann kam es auch hinein. Aus irgendeinem Grund zögerte es jedoch, den Anzug zu beschädigen. Dann schob sich ein langer biegsamer Schlauch aus dem Rumpf des Wesens und tastete sie anstelle des Fingers ab. Aus dem Anhängsel tropfte stetig brauner Kleister heraus.
Der Waffenstatus wechselte von Rot nach Grün. Sie ließ probeweise die Läufe rotieren. Natürlich konnte sie sich nicht bewegen, weil der Anzug der Ansicht war, sie solle weiterhin warten. Vielleicht konnte sie ein paar Schüsse abfeuern, wenn das Wesen zufällig vor ihre Kanone geriet.
Der Schlauch tastete sie energischer ab. Er drang in Lücken ein und stieß immer wieder die braune Flüssigkeit aus. Es war ebenso widerwärtig wie erschreckend. Als bedrohte sie ein Serienmörder, der mit der Lüsternheit eines Jugendlichen an ihrer Kleidung herumfummelte.
»Ach, zum Teufel damit«, sagte sie. Sie war es leid, sich von dem Wesen betatschen zu lassen, während sie hilflos auf dem Rücken lag. Der rechte Arm des Anzugs war schwer, und die Motoren, die ihm seine Kraft verliehen, behinderten zusätzlich die Bewegungen, wenn sie inaktiv waren. Den Arm zu heben entsprach einem einarmigen Bankdrücken mit Bleihandschuhen. Sie machte weiter, bis es irgendwo knackte. Vielleicht war es der Anzug, vielleicht auch ihr Arm. Sie konnte es nicht sagen, war aber zu aufgebracht, um Schmerzen zu empfinden.
Jedenfalls hob sich ihr Arm, nachdem es geknackt hatte. Sie setzte dem Monster die Faust an den Kopf.
»Bye-bye«, sagte sie. Das Monster drehte sich herum und betrachtete neugierig ihre Hand. Sie hielt den Finger auf dem Abzug, bis der Munitionszähler auf null stand und die Waffe sich nicht mehr drehte. Von den Schultern aufwärts war das Wesen nicht mehr da. Erschöpft ließ sie den Arm sinken.
INITIALISIERUNG ERFOLGREICH , meldete der Anzug. NEU START LÄUFT . Als das leise Summen wieder ertönte, lachte sie und konnte nicht mehr aufhören. Sie schob das tote Monster von sich herunter und richtete sich auf.
»Das ist gut. Bis zum Schiff ist es wirklich ein langer Spaziergang.«
51 Prax
Prax rannte.
Die Wände des Stützpunkts waren abgewinkelt und formten ein längliches Sechseck. Die Schwerkraft war kaum höher als auf Ganymed, und nachdem sie wochenlang mit einem G beschleunigt hatten, musste Prax aufpassen, um nicht bei jedem Satz bis unter die Decke zu springen. Amos lief mit ausgreifenden schnellen Schritten neben ihm. Die Schrotflinte blieb dabei immer nach vorn ausgerichtet.
An einer T-Kreuzung begegneten sie einer Frau. Sie hatte dunkles Haar und dunkle Haut. Es war nicht diejenige, die Mei verschleppt hatte. Sie riss die Augen weit auf und rannte weg.
»Sie wissen, dass wir kommen.« Prax keuchte leicht.
»Dies war sicherlich nicht die erste Warnung, die sie erhalten haben, Doc.« Amos’ Stimme klang ruhig und entspannt, und doch schwang eine leise Drohung in seinen Worten mit. Etwas wie verhaltener Zorn.
An der Kreuzung hielten sie an. Prax beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie, um zu Atem zu kommen. Es war ein alter, primitiver Reflex. Bei weniger als 0,2 G konnte er die Blutversorgung des Gehirns allerdings nicht wesentlich verbessern, wenn er den Kopf auf die Höhe des Herzens brachte. Genau genommen wäre es sogar besser gewesen, er wäre stehen geblieben und hätte es vermieden, die Blutgefäße durch die gekrümmte Haltung zu verengen. Er richtete sich auf.
»Wo sollen wir den Link für Naomi einrichten?«, fragte er Amos.
Der Mechaniker zuckte mit den
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