Calibans Krieg
Achseln und deutete auf die Wand. »Vielleicht folgen wir einfach den Hinweisen.«
An der Wand hing ein Wegweiser mit farbigen Pfeilen, die in verschiedene Richtungen zeigten: UMWELTKONTROLLE, CAFETERIA, HAUPTLABOR. Amos tippte mit dem Lauf seiner Flinte auf HAUPTLABOR .
»Das klingt gut«, stimmte Prax zu.
»Können Sie wieder laufen?«
»Ja«, behauptete Prax, obwohl er sich noch nicht völlig erholt hatte.
Der Boden schien sich unter ihm zu verlagern, darauf folgte ein gedehntes, unheildrohendes Grollen, das er sogar in den Fußsohlen spüren konnte.
»Naomi? Bist du da?«
»Hier bin ich. Ich muss auf dem anderen Kanal den Kapitän beobachten. Kann sein, dass ich nicht immer sofort antworte. Ist alles in Ordnung?«
»Das wäre übertrieben«, erwiderte Amos. »Es kam mir so vor, als hätte jemand auf uns gefeuert. Die haben doch nicht den Stützpunkt unter Beschuss genommen, oder?«
»Nein, haben sie nicht«, antwortete Naomi vom Schiff. Das Signal war gedämpft, und ihre Stimme klang dünn und blechern. »Anscheinend richten ein paar Bewohner eine Verteidigung ein, aber bisher haben unsere Marinesoldaten noch nichts unternommen.«
»Sag ihnen, sie sollen für Ruhe sorgen«, drängte Amos sie und setzte sich in Richtung des Hauptlabors in Bewegung. Prax sprang hinterdrein, schätzte seine Kraft falsch ein und prallte mit dem Arm gegen die Decke.
»Sobald ich wieder Verbindung habe«, antwortete Naomi.
Die Korridore waren ein Irrgarten, doch in solchen Irrgärten hatte Prax sich sein Leben lang bewegt. Die Logik, nach der eine Forschungseinrichtung aufgebaut wurde, war überall die gleiche. Natürlich unterschieden sich die Lagepläne, denn die Finanzierung bestimmte die Qualität der Einrichtung, und jedes Arbeitsgebiet verlangte eine bestimmte Ausstattung. Doch im Grunde ähnelten sich alle Einrichtungen, und hier war Prax zu Hause.
Noch zweimal begegneten sie Menschen, die genau wie sie durch die Flure eilten. Zuerst einer jungen Frau aus dem Gürtel, die einen weißen Laborkittel trug, dann einem sehr dicken dunkelhäutigen Mann mit dem gedrungenen Körperbau der Erder. Er trug einen teuren Anzug, der hier wie überall als Kennzeichen der leitenden Angestellten galt. Keiner der beiden versuchte, sie aufzuhalten, also vergaß Prax sie fast sofort wieder.
Die Bilderfassung war mit Dichtungen versiegelt und stand unter niedrigerem Druck. Als Prax und Amos eindrangen, fegte eine Bö an ihnen vorbei und schien sie hineinzustoßen. Wieder rumpelte es, sogar lauter als beim letzten Mal, und das Grollen hielt fast fünfzehn Sekunden an. Es konnten Schusswechsel sein, aber auch ein in der Nähe ausbrechender Vulkan. Man konnte es nicht erkennen. Prax war bewusst, dass man beim Bau der Station die tektonische Instabilität berücksichtigt hatte. Er fragte sich, welche Sicherungen man dafür eingebaut hatte, und verwarf den Gedanken wieder. Er konnte sowieso nichts ändern.
Die Visualisierungsabteilung des Labors war derjenigen, die er von Ganymed kannte, mindestens ebenbürtig. Es gab einen Spektrumanalysator und ein Rasterkraftmikroskop. In der Ecke zeigte ein kleines, orangefarbenes Pult das holografische Abbild einer Gruppe sich rasch teilender Zellen. Abgesehen von derjenigen, durch die sie hereingekommen waren, gab es zwei weitere Türen. Irgendwo in der Nähe schrien sich einige Menschen gegenseitig an.
Prax deutete auf eine der Türen.
»Die da«, sagte er. »Sehen Sie sich die Scharniere an. Sie ist dazu gebaut, fahrbare Tragen durchzulassen.«
Auf der anderen Seite war es wärmer, und die Luft war feuchter. Nicht direkt wie in einem Gewächshaus, aber nahe daran. Dahinter stießen sie auf eine lang gestreckte Galerie mit fünf Meter hohen Wänden. In die Decke und den Boden waren Schienen eingelassen, mit denen schwere Geräte und Behälter bewegt werden konnten. Die Nischen, in denen Arbeitsplätze für Forschungspersonal eingerichtet waren, entsprachen weitgehend dem, was Prax während des Studiums benutzt hatte: ein intelligenter Labortisch, ein Wanddisplay, Aufbewahrungskästen für das Inventar, Käfige für Versuchs tiere. Die rufenden Stimmen waren jetzt lauter. Er wollte Amos darauf hinweisen, doch der Mechaniker schüttelte den Kopf und deutete nach unten auf eine der hinteren Nischen. Aus dieser Richtung drang die Stimme des Mannes herauf. Es klang schrill, angespannt und verärgert.
»… keine Evakuierung, wenn es keinen Ort gibt, zu dem wir evakuieren können. Ich gebe nicht die
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