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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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vollstreckt haben«, forderte Avasarala ihn auf.
    »Wir haben ihn nicht vollstreckt«, bestätigte Soren. »Wir lassen ihn und sein Team beschatten, aber die Situation auf der Station behindert unsere Leute. Außerdem sieht es nicht so aus, als sei der Mars bereits über seine Anwesenheit im Bilde, also behalten wir es zunächst für uns.«
    »Ein Glück, dass jemand da draußen weiß, wie man eine Geheimdienstoperation aufziehen muss. Haben Sie eine Ahnung, was Holden da tut?«
    »Bisher sieht es nach einer Lieferung von Hilfsgütern aus.« Soren zuckte mit den Achseln. »Wir haben nicht beobachtet, dass er sich mit irgendwelchen wichtigen Leuten getroffen hat. Mit einem Opportunisten, der Hilfsschiffe erpressen wollte, hätte er sich fast eine Schlägerei geliefert, aber die Gauner haben gekniffen. Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen.«
    Avasarala trank einen Schluck Tee. Eines musste sie dem Burschen lassen, er goss einen wundervollen Tee auf. Oder er kannte jemanden, der es konnte, was ebenso gut war. Wenn Holden dort war, dann interessierte sich die AAP für die Situation auf Ganymed, und außerdem konnte man daraus schließen, dass sie keinen Vertreter vor Ort hatten, der ihnen berichtete.
    Es war klar, dass sie dort Nachforschungen anstellten. Selbst wenn nur ein paar Idioten zu schnell den Finger am Abzug gehabt hatten, Ganymed war für das Jupitersystem und den Gürtel eine äußerst wichtige Station, und deshalb wollte die AAP die Situation mit eigenen Leuten überwachen. Aber die Tatsache, dass sie Holden geschickt hatten, den einzigen Überlebenden der Eros-Station, konnte kein Zufall sein.
    »Sie wissen nicht, was es ist«, dachte sie laut nach.
    »Madam?«
    »Sie haben aus gutem Grund jemanden eingeschmuggelt, der Erfahrungen mit dem Protomolekül hat. Sie wollen herausfinden, was dort los ist, und das bedeutet, dass sie es nicht wissen. Daraus wiederum kann man folgern …« Sie seufzte. »Sie waren es nicht. Das ist verdammt schade, denn sie haben die einzige lebende Probe, von der wir wissen.«
    »Was soll das Überwachungsteam unternehmen?«
    »Überwachen«, fauchte sie. »Sie sollen ihn beobachten und sehen, mit wem er redet und was er tut. Tägliche Berichte, wenn es langweilig ist, sofortige Meldungen, wenn es spannend wird.«
    »Ja, Madam. Wollen Sie ihn verhaften lassen?«
    »Nehmen Sie ihn und seine Leute fest, wenn sie Ganymed wieder verlassen wollen. Ansonsten gehen wir ihnen aus dem Weg und fallen nicht auf. Holden ist ein Idiot, aber er ist nicht dumm. Wenn er den Eindruck bekommt, dass er beschattet wird, sendet er Bilder aller unserer Quellen auf Ganymed herum oder so etwas. Unterschätzen Sie ja nicht seine Fähigkeit, Chaos zu produzieren.«
    »Gibt es sonst noch etwas?«
    Draußen blitzte und donnerte es wieder. Eines von unzähligen Gewittern, die seit Anbeginn der Zeit die Erde heimsuchten. Damals hatte irgendetwas versucht, das Leben auf der Erde auszulöschen. Jetzt saß es auf der Venus und breitete sich aus.
    »Finden Sie einen Weg, wie ich Fred Johnson eine Nachricht zukommen lassen kann, ohne Nguyen und die Marsianer hellhörig zu machen«, sagte sie. »Möglicherweise müssen wir hinter den Kulissen ein wenig verhandeln.«

10 Prax
    »Ist null Problemo für mich«, sagte der Bursche, der auf der Pritsche saß. »Drückst du Salat ab, klaro? Hätte früher zehntausend abgegriffen.«
    Er war kaum älter als zwanzig. Jung genug, um technisch gesehen sein Sohn zu sein, genau wie Mei theoretisch die Tochter des Burschen hätte sein können. Er war spindeldürr, weil er bei niedriger Schwerkraft aufgewachsen war, und hatte obendrein gehungert.
    »Wenn du willst, kann ich dir einen Wechsel ausstellen«, schlug Prax vor.
    Der Bursche grinste und machte eine obszöne Geste.
    Dank seiner beruflichen Kontakte wusste Prax, dass die inneren Planeten den Slang der Gürtler als stolze Aussage über die Herkunft der Betreffenden auffassten. Dank seiner Arbeit als Lebensmittelbotaniker auf Ganymed wusste er außerdem, dass es ebenso um die Klassenzugehörigkeit ging. Von seinen Lehrern hatte er gelernt, akzentfrei Chinesisch und Englisch zu sprechen. Er war Männern und Frauen aus allen Winkeln des Systems begegnet. An der Art und Weise, wie jemand das Wort »Allopolyploidie« aussprach, konnte er erkennen, ob der Sprecher in Peking oder in Brasilien studiert hatte, ob er im Schatten der Rocky Mountains, des Mount Olymp oder auf Ceres aufgewachsen war. Die niedrige Schwerkraft kannte er

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