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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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dies nicht sowieso schon gewusst, dann hätte ich es spätestens jetzt begriffen«, erwiderte Mao. Eine äußerst elegante Schlussbemerkung. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Avasarala lehnte sich seufzend zurück und drehte sich zu dem Buddha um.
    »Du warst mir nicht gerade eine Hilfe, du grinsender kleiner Bastard.« Da die Statue eine Statue war, gab sie keine Antwort. Die Politikerin drehte die Beleuchtung herunter, bis nur noch das sturmgraue Tageslicht den Raum erhellte. Irgendetwas an Mao behagte ihr überhaupt nicht.
    Vielleicht war es nur die Tatsache, dass er die überragende Selbstbeherrschung eines verhandlungssicheren Firmenvertreters besaß. Trotzdem, sie hatte das Gefühl, er habe ihr etwas Wichtiges verschwiegen und sie von irgendetwas ausgeschlossen. Auch das war interessant. Sie fragte sich, ob er sich über sie beschweren und sich an ihren Vorgesetzten wenden würde. Es war sicher keine schlechte Idee, Errinwright auf einen erbosten Anruf vorzubereiten.
    Dann dachte sie nach. Es war kaum vorstellbar, dass sich auf der Venus noch etwas Menschliches befand. Soweit man es überhaupt sagen konnte, war das Protomolekül dazu konstruiert, primitives Leben zu kapern, umzuwandeln und etwas Neues daraus zu erschaffen. Aber wenn nun … wenn ein komplexes menschliches Bewusstsein zu groß war, um völlig unterworfen zu werden, und wenn das Mädchen auf irgendeine Weise den Absturz überlebt hatte … wenn es sich mit seinem Daddy in Verbindung setzen wollte …
    Avasarala griff nach dem Handterminal und rief Soren zu sich.
    »Madam?«
    »Als ich sagte, dass Sie es nicht überstürzen sollen, meinte ich damit nicht, dass Sie den ganzen Tag blaumachen können. Wo bleibt mein Tee?«
    »Kommt sofort, Madam. Ich wurde abgelenkt. Ich habe einen Bericht für Sie, der Sie interessieren dürfte.«
    »Er wird mich erheblich weniger interessieren, wenn der Tee kalt ist.« Sie trennte die Verbindung.
    Vermutlich war es nicht möglich, Mao lückenlos zu überwachen. Mao-Kwikowski Mercantile benutzte eigene Kommunikationswege und Verschlüsselungsmethoden. Verschiedene konkurrierende Unter nehmen, die mindestens so finanzstark waren wie die Vereinten Nationen, versuchten schon lange, die Firmengeheimnisse auszuspionieren. Vielleicht gab es aber andere Wege, etwaige Mitteilungen von der Venus an Mao-Kwik-Einrichtungen zu überwachen. Oder Botschaften, die in die Schwerkraftsenke gesendet wurden.
    Soren kam mit einem Tablett herein, auf dem ein gusseiserner Teekessel und ein Steingutbecher ohne Griff standen. Ohne die Dunkelheit zu kommentieren, ging er vorsichtig zu ihrem Schreibtisch, stellte das Tablett ab und schenkte ihr den dampfenden, dunklen Tee ein. Dann legte er daneben sein Handterminal auf den Schreibtisch.
    »Sie hätten mir auch einfach eine Kopie schicken können«, sagte Avasarala.
    »So ist es dramatischer, Madam«, widersprach er. »Die Präsentation ist entscheidend.«
    Sie schnaubte und hob demonstrativ die Tasse, um auf den dunklen Tee zu pusten, ehe sie das Terminal betrachtete. Der Datumsstempel in der unteren rechten Ecke zeigte ihr, dass die Datei sieben Stunden vorher aus der Umgebung von Ganymed abgeschickt worden war. Daneben war das Aktenzeichen des Berichts zu erkennen. Der Mann auf dem Bild hatte die stämmige Statur eines Erders und ungekämmtes dunkles Haar und sah auf eine eigenartige, jungenhafte Weise gut aus. Avasarala schlürfte mit gerunzelter Stirn den Tee.
    »Was ist mit seinem Gesicht passiert?«, fragte sie.
    »Der Offizier, der den Bericht übermittelt hat, hielt den Bart für eine Verkleidung.«
    Wieder schnaubte sie.
    »Tja, Gott sei Dank hat er nicht noch eine Brille aufgesetzt, sonst wären wir im Leben nicht darauf gekommen. Was, zum Teufel, hat James Holden auf Ganymed zu suchen?«
    »Er hat ein Versorgungsschiff, nicht die Rosinante .«
    »Ist das bestätigt? Sie wissen doch, dass die Schweinehunde von der AAP Registrierdaten fälschen können.«
    »Der Bericht erstattende Offizier hat das Innere des Schiffs persönlich inspiziert und anschließend die Akten überprüft. Außerdem war Holdens üblicher Pilot nicht mit dabei. Wir nehmen an, er hat sein Schiff irgendwo in Richtstrahlreichweite mit heruntergefahrenen Maschinen geparkt.« Soren hielt inne. »Für Holden gibt es einen Haftbefehl.«
    Avasarala schaltete das Licht wieder ein. Die Fenster verwandelten sich in undurchsichtige Spiegel, draußen tobte dunkel das Unwetter.
    »Sagen Sie mir, dass wir ihn nicht

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