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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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so. Vielleicht werden die amtlichen Kanäle sogar genauer überwacht als private Verbindungen.«
    Avasarala setzte sich auf den Stuhl. Das Leder seufzte leise unter ihrem Gewicht.
    »Ich hoffe, bei Ihnen und Etsepan ist alles in Ordnung?«
    »Wunderbar«, antwortete Gloria.
    »Schön, schön. Aber warum, verdammt, rufen Sie mich jetzt eigentlich an?«
    »Ich habe mit einem Freund gesprochen, dessen Frau auf der Mikhaylow stationiert ist. Wie ich hörte, wird das Schiff vom Patrouillendienst abgezogen und nach draußen verlegt.«
    Avasarala runzelte die Stirn. Die Mikhaylow gehörte zu einem kleinen Verband, der den Verkehr zwischen den Raumstationen am äußersten Rand des Gürtels überwachte.
    »Wohin genau wird sie geschickt?«
    »Ich habe mich umgehört«, erklärte Gloria. »Sie fliegt nach Ganymed.«
    »Nguyen?«
    »Ja.«
    »Ihr Freund ist gesprächig«, meinte Avasarala.
    »Natürlich vertraue ich ihm keine Geheimnisse an«, beruhigte Gloria sie. »Ich dachte aber, dies könnte Sie interessieren.«
    »Ich bin Ihnen was schuldig«, erwiderte Avasarala. Gloria nickte knapp, die Bewegung erinnerte an eine pickende Krähe, und trennte die Verbindung. Avasarala blieb noch eine ganze Weile schweigend sitzen, die Finger an die Lippen gelegt, und zog ihre Schlussfolgerungen wie ein Bach, der über Steine floss. Nguyen schickte noch mehr Schiffe nach Ganymed, und er tat es heimlich.
    Die Frage, warum er es heimlich tat, war leicht zu beantworten. Hätte er es offen getan, dann hätte sie ihn davon abgehalten. Nguyen war jung und ehrgeizig, aber kein Dummkopf. Er zog seine eigenen Schlussfolgerungen und war irgendwie auf die Idee gekommen, es könne die Lage verbessern, wenn er einige Schiffe zu der offenen Wunde schickte, welche die Ganymed-Station darstellte.
    »Oh, Nani!«, rief Kiki. Avasarala entnahm dem Tonfall sofort, dass die Kleine etwas im Schilde führte. Sie stand auf und ging zur Tür.
    »Ich bin hier, Kiki.« Sie ging in die Küche hinüber.
    Der mit Wasser gefüllte Ballon traf ihre Schulter, ohne zu platzen, fiel wabbelnd auf den Boden und barst auf dem Stein, der sich dunkel verfärbte. Wütend blickte Avasarala auf. Kiki stand in der Tür, die zum Hof führte, und wusste nicht recht, ob sie sich fürchten oder entzückt jubeln sollte.
    »Hast du etwa gerade in meinem Haus eine Schweinerei gemacht?«, fragte Avasarala.
    Das Mädchen nickte mit bleichem Gesicht.
    »Weißt du, was bösen Mädchen passiert, die im Haus ihrer Nani eine Schweinerei machen?«
    »Werden sie gekitzelt?«
    »Und ob sie gekitzelt werden!« Avasarala stürzte auf sie zu. Natürlich entkam Kiki. Sie war acht Jahre alt, und wenn ihr die Gelenke wehtaten, dann nur, weil sie zu schnell wuchs. Natürlich ließ sie sich irgendwann von ihrer Nani fangen und kitzeln, bis sie kreischte. Als Ashanti mit ihrem Mann kam, um die Kinder abzuholen und nach Nowgorod zurückzufliegen, hatte Avasarala Grasflecken auf dem Sari, und ihr Haar stand in allen Richtungen vom Kopf ab wie bei einer vom Blitz getroffenen Comicfigur.
    Sie umarmte die Kinder zweimal, ehe sie gingen, steckte ihnen jedes Mal etwas Schokolade zu, küsste ihre Tochter und nickte dem Schwiegersohn zu, und dann stand sie in der Tür und winkte. Die Sicherheitskräfte folgten in einem zweiten Wagen. Wer eng mit ihr verwandt war, galt als potenzielles Entführungsopfer. Auch das war eine Tatsache ihres Lebens.
    Anschließend duschte sie ausgiebig und verbrauchte eine ungeheure Menge Wasser, das fast zu heiß war, um noch angenehm zu sein. Sie hatte schon als kleines Mädchen immer gern sehr heiß gebadet. Wenn ihre Haut beim Abrubbeln nicht etwas kribbelte und pochte, war es nicht heiß genug gewesen.
    Arjun saß auf dem Bett und las konzentriert etwas auf seinem Handterminal. Sie ging zu ihrem Wandschrank, warf das nasse Handtuch in den Wäschekorb und zog einen baumwollenen Morgenmantel an.
    »Er glaubt, dass sie es getan haben«, erklärte sie.
    »Wer hat was getan?«, fragte Arjun.
    »Nguyen. Er glaubt, die Marsianer steckten hinter der Sache, und es werde auf Ganymed noch einen weiteren Angriff geben. Er weiß, dass die Marsianer keine Flotte dorthin entsenden, und trotzdem zieht er Verstärkungen heran. Es ist ihm egal, wenn er damit die Friedensgespräche torpediert, weil er sie sowieso für sinnlos hält. Für ihn ist damit nichts verloren. Hörst du mir überhaupt zu?«
    »Ja, ich höre zu. Nguyen glaubt, es sei der Mars, und zieht eine Flotte zusammen, um zu reagieren.

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