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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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durchschlugen. Hinten kamen Fasern heraus wie Luftschlangen. Wieder starb der Soldat. Wenigstens war es schnell gegangen. Sie hielt den Film an und fuhr mit der Fingerspitze über die Gestalt des Angreifers.
    »Wer bist du?«, fragte sie den Bildschirm. »Was willst du?«
    Ihr entging irgendetwas. Dieses Gefühl kannte sie zwar, aber das half ihr nicht. Früher oder später würde es ihr einfallen. Im Augenblick konnte sie nichts weiter tun, als dort zu kratzen, wo es juckte. Sie schloss die Dateien und wartete, bis die Sicherheitsprogramme geprüft hatten, dass sie nichts kopiert hatte, dann meldete sie sich ab und ging zum Fenster.
    Sie dachte bereits über das nächste Mal nach. Über die Informationen, die sie vielleicht beim nächsten Angriff gewinnen konnten. Gemeinsamkeiten, aus denen sie Schlüsse ziehen konnten. Der nächste Angriff, das nächste Gemetzel. Für sie war völlig klar, dass sich die Ereignisse auf Ganymed früher oder später wiederholen würden. Flaschengeister ließen sich nicht einfach in die Flasche zurückstopfen. In dem Moment, als jemand das Protomolekül auf die Zivilbevölkerung von Eros losgelassen hatte, um herauszufinden, was es tun konnte, hatte sich die Zivilisation verändert. So schnell und so machtvoll, dass die Überlebenden immer noch nicht den Anschluss gefunden hatten.
    Wir spielen Fangen.
    Es lag ihr auf der Zunge. Die Worte erinnerten sie an etwas, als gehörten sie zu einem alten Lied. Sie knirschte mit den Zähnen und stand auf, schritt am Fenster hin und her. Sie kam einfach nicht darauf, so sehr sie sich auch den Kopf zermarterte.
    Ihre Bürotür ging auf. Soren zuckte zusammen, als sie ihn ansah. Avasarala gab sich Mühe, etwas freundlicher dreinzuschauen. Dieses arme Häschen wollte sie nicht verschrecken. Vermutlich war er nur der Praktikant gewesen, der das kürzeste Streichholz gezogen hatte und bei der verrückten alten Frau arbeiten musste. Irgendwie mochte sie ihn sogar.
    »Ja?«, sagte sie.
    »Ich dachte, es interessiert Sie, dass Admiral Nguyen eine Protestnote an Mister Errinwright geschickt hat. Einmischung in sein Kommando. Der Generalsekretär hat keine Kopie bekommen.«
    Avasarala lächelte. Wenn sie schon nicht alle Geheimnisse des Universums entschlüsseln konnte, so vermochte sie doch wenigstens dafür zu sorgen, dass sich die Jungs ordentlich benahmen. Und wenn Nguyen sich nicht an den Klopskopf wandte, dann schmollte er lediglich, und es würde nichts weiter passieren.
    »Gut zu wissen. Und die Marsianer?«
    »Sie sind bereits eingetroffen, Madam.«
    Sie seufzte, zupfte ihren Sari zurecht und reckte das Kinn.
    »Dann wollen wir mal den Krieg beenden«, sagte sie.

13 Holden
    Ein paar Stunden nach dem Tumult im Raumhafen war Amos mit einem Kasten Bier aufgetaucht und hatte erklärt, er habe »Nachforschungen« angestellt. Jetzt hatte er einen kleinen Karton Konservendosen dabei, auf deren Etiketten »Hühnerfleischprodukte« stand. Holden hoffte, der Hacker, zu dem Prax sie führte, werde dies als akzeptable Bezahlung betrachten.
    Prax führte sie mit der Besessenheit eines Menschen, der vor dem sicheren Tod unbedingt noch etwas erledigen musste. Holden nahm an, dass diese Einschätzung der Wahrheit sehr nahe kam. Der kleine Botaniker sah aus, als sei er dabei, seine letzten Reserven zu verbrennen.
    Sie hatten ihn auf die Somnambulist mitgenommen und alles eingepackt, was sie brauchten. Holden hatte den Mann genötigt, etwas zu essen und zu duschen. Prax hatte sich bereits entkleidet, während Holden ihm noch die Vorrichtungen des Schiffs erklärte, als seien Anstand und Schicklichkeit reine Zeitverschwendung. Der Anblick des ausgemergelten Männerkörpers hatte Holden schockiert. Der Botaniker hatte die ganze Zeit nur über Mei gesprochen, die er unbedingt finden musste. Holden erkannte, dass er sich noch nie im Leben etwas so dringend ersehnt hatte wie dieser Mann, der seine Tochter suchte.
    Zu seiner Überraschung stimmte ihn dieser Gedanke traurig.
    Prax hatte alles verloren, er hatte sein gesamtes Körperfett verbrannt und war dem Tode nahe. Nur noch der Wunsch, seine kleine Tochter zu finden, hielt ihn aufrecht, und Holden beneidete ihn darum.
    Als Holden in der Hölle der Eros-Station gefangen und verletzt worden war, hatte er festgestellt, dass er Naomi ein letztes Mal sehen musste. Oder sich wenigstens vergewissern, dass sie in Sicherheit war. Deshalb war er dort nicht gestorben. Außerdem hatte ihm Miller mit einer zweiten Waffe zur Seite

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