Cambion Chronicles 1
ich doch« loswerden. So, wie sie bei unserer letzten Begegnung ausgesehen hatte, konnte sie Aufmunterung gebrauchen. Ich griff nach dem Telefon und ließ mich aufs Bett plumpsen, den warmen Teller voll fleischig-käsiger Köstlichkeiten auf dem Schoß.
Es klingelte dreimal, dann sagte eine dumpfe Stimme am anderen Ende: »Was ist? Lass mich einfach in Ruhe sterben.«
Ich starrte das Telefon an und hob es wieder an mein Ohr. »Mia? Hier ist Sam. Was ist los mit dir?«
»Mein Leben ist vorbei, das ist los.« Nach zwanzig Minuten Heulen, Jammern und Schluchzen hatte ich mir zusammengereimt, dass Doug tatsächlich eine Cousine von außerhalb zu Besuch hatte und jetzt nicht mehr mit Mia sprach, weil sie ihn mit ihrem BMW vors Schienbein gefahren war, als sie vom Parkplatz rauschte.
»Will er Anzeige erstatten?«, fragte ich, während ich das zweite Stück Pizza verdrückte.
»Nein, das würde er nie tun. Er ist nur sauer.«
»Vielleicht ist es besser so. Du solltest einen klaren Schlussstrich ziehen.«
Durch das Telefon trompeteten wieder Schnäuzgeräusche. »Du verstehst das nicht. Ich liebe ihn.«
Ich verdrehte die Augen. »Wenn du das so nennen willst.«
»Was soll das denn heißen? Ich erwarte gar nicht, dass du das verstehst. Du warst ja noch nie verliebt.«
Ich blickte finster drein. »Also, wenn das nur im Entferntesten dem ähnelt, was bei dir und Doug läuft und was meine Mom gerade durchmacht, dann verzichte ich dankend.«
»Was ist denn mit deiner Mom?«
»Sie surft in Online-Singlebörsen rum.«
Das Schniefen am anderen Ende der Leitung hörte auf.
»Hallo?«, sagte ich mit vollem Mund.
»Du machst wohl Witze? Dieselbe Frau hat uns gezwungen, jede einzelne Folge dieser Sendung zu sehen, in der Mädchen im Internet angebaggert werden!«
»Tja, ich glaube, sie fühlt sich einsam. Du weißt schon, das leere Nest und so. Und außerdem ist sie immer noch in meinen Dad verknallt«, erklärte ich.
»Wie geht’s dem schwarzen Meister Proper?«
Ich kicherte. »Ich geb dir zwanzig Dollar, wenn du ihm das ins Gesicht sagst. Das traust du dich nie.«
»Oh Gott, nein. Dein Dad macht mir Angst.«
Als ich Mia erzählte, dass er mich gebeten hatte, auf seine Dämonenbrut aufzupassen, sagte sie: »Oje, wie übel. Plötzlich geht’s mir viel besser. Kommst du morgen nach Virginia Beach?«
»Nee, ich muss vormittags arbeiten.« Beim Wort »arbeiten« fielen mir die aufwühlenden Ereignisse dieses Tages wieder ein. Ich dachte über die junge Frau auf dem Parkplatz nach und über Caleb, der so tat, als gäbe es sie gar nicht.
Als ich auflegte, wühlte ich auf dem Boden nach einem T-Sh irt. Ich ließ mich aufs Bett fallen, drehte ein trockenes Stück Pizza zwischen den Fingern und tauchte in die Geisteswelt meines unheimlichen Kollegen ein.
Ich wusste nicht viel über ihn, außer dass er neunzehn war, aus einer Militärfamilie kam, den Großteil seines Lebens in Europa verbracht hatte und eine ungesunde Leidenschaft für Gebäck und schlechten Techno besaß.
Caleb hatte immer einen Schokoriegel oder einen Donut in der Hand, wenn er Pause machte. Außerdem hatte er ein Glas voller Münzen unter der Kasse für jedes Mal, wenn ihn eine Kundin fragte, ob er Kontaktlinsen trug. Eitel wie ein Pfau! Dass er Frauen wie benutzte Taschentücher wegwarf, machte ihn mir auch nicht sympathischer. Aber diese Augen waren schon seltsam, daher verstand ich die Neugier. Meine hatte er auf jeden Fall geweckt. Er hatte mich mit seinem leuchtenden, unheimlichen Blick in den Bann gezogen …
Oh Gott, ich musste aufhören. An ihn zu denken, verursachte mir Kopfschmerzen. Ich musste am nächsten Morgen arbeiten, und dieser Kerl war keinen weiteren Gedanken wert. Das musste ich meinem Gehirn einfach klarmachen.
4
A ch, Montage. Das Hamsterradrennen beginnt, und mit dem freien Willen ist es aus.
Montage waren in Buncha Books recht vorhersehbar. Morgens holten sich die normalen Geschäftsleute ihren Treibstoff, die echten Spinner waren erst nachmittags und an den Wochenenden dran. Einige Versprengte liefen verloren durch die Buchabteilung, einen Eiskaffee von Cuppa-Joe in der Hand. Ich schlenderte zum Informationsschalter und traf auf Linda, auf deren Stirn groß und deutlich »Leg dich nicht mit mir an« stand.
Ich flitzte an ihr vorbei und checkte ein. »Schlechte Nacht gehabt?«
»Ja«, erwiderte sie. »Ich habe gestern Abend mit der Polizei über das Mädchen auf dem Parkplatz gesprochen. Sie wollten wissen, ob jemand
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