Camel Club 01 - Die Wächter
wieder eine Pistole in der Hand zu haben.
»Hat jeder ein Handy dabei?«, wollte Alex wissen. »Ich frage für den Fall, dass wir aus irgendeinem Grund getrennt werden.«
»Hier oben dürfte die Verbindungsqualität eher mies sein«, mutmaßte Reuben.
»Sind wir erst mal drin, entfällt die Funkübertragung ganz«, sagte Stone. »Die Mauern des Gebäudes enthalten eine Abschirmung aus Kupfer und Blei.«
»Na toll«, sagte Alex. »Also gut, Oliver, führen Sie uns hin.«
Gemeinsam drangen sie in den Wald vor.
»Hat jemand Angst vor Höhlen?«, fragte Stone, als die Gruppe vor einem Eingang in den Berghang hielt.
»Ein echtes Problem sehe ich nur«, antwortete Alex, »wenn ich mich darin verirre und unter der Erde verrecken muss.«
»Diese Gefahr besteht nicht, aber es kann stellenweise ein bisschen eng werden.«
»Wie eng?«, fragte Reuben besorgt. »Ich bin nicht gerade der Kleinste.«
»Du passt noch durch«, versicherte Stone seinem Freund.
Alex starrte in das pechschwarze Loch. »Ist das der Zugang?«
»Es ist kein offizieller Zugang, aber wir müssen davon ausgehen, dass die regulären Eingänge bewacht werden«, erwiderte Stone. »Also, bleibt dicht hinter mir.« Er richtete den Lichtkegel seiner Stablampe in die Höhle und ging hinein. Als Letzte folgte ihm Jackie; sie fühlte sich dabei eindeutig nicht wohl in ihrer Haut. Sie blickte sich ein letztes Mal um, schauderte und schloss sich dann ihren Begleitern an.
Es brauchte einige Zeit, um die gewundenen Höhlengänge zu durchqueren. In zwei Abschnitten mussten sie herabgefallene Gesteinstrümmer zur Seite räumen, die den Weg versperrten; andere Teilstücke mussten sie kriechend zurücklegen. Über ihnen knirschte und knarrte die Felsdecke, sodass sie sich beeilten. Sie gelangten zu einem aufwärtsführenden Schacht, in dem grobe Steigkerben in den Stein gehauen waren. Als Stone den oberen Ausstieg verlassen hatte, fiel das Licht seiner Lampe auf eine schwarze Felswand. Doch als er dagegenklopfte, klang sie hohl. Er tastete sich an der Wand entlang; dann stemmte er sich vorsichtig dagegen, bis ein Teil nachgab. Inzwischen war auch Alex aus dem Schacht geklettert und leistete ihm Hilfe; gleich darauf hatten sie die Geheimtür vollends geöffnet. Die ganze Gruppe bewegte sich hindurch. Wie sich zeigte, bestand die Geheimtür aus Holz, war auf der anderen Seite aber so gestrichen, dass sie dem Felsgestein ähnelte. Auf dieser Seite, der Innenseite des Bauwerks, war die Tür mit einem Querbalken versehen, sodass sie verriegelt werden konnte. Stone drückte sie zu. »Ich halte es für klug«, flüsterte er, »wenn von jetzt an jeder seine Waffe schussbereit hält. Wir wissen nicht, ob wir im nächsten Moment jemandem in die Arme laufen.« Während die Gruppe weiter voranstrebte, bestaunte sie die immense Weitläufigkeit der Anlage. Es schien, als wären sie in der Zeit um vierzig Jahre zurückversetzt worden. An den Wänden aus rostfreiem Stahl gab es sogar Aschenbecher.
Augenblicke später ertönten laute Geräusche, deren Quelle nicht festzustellen war, sodass alle außer Stone die Waffen da- und dorthin richteten. »Das sind nur Vögel, die sich hier eingenistet haben«, beruhigte Stone die anderen. »Ist damals auch schon vorgekommen.«
Kaum hatte Stone den Satz beendet, erstarrte er unwillkürlich. Damals. Wie harmlos das Wort klang, als kehrte er lediglich zu einem Klassentreffen an seine Alma Mater zurück. Zwölf Monate lang war hier sein Zuhause gewesen. Ein Jahr lang hatte er jeden Tag, an sieben Tagen die Woche, sein Leben dem Ziel gewidmet, die verlässlichsten und raffiniertesten Methoden des Tötens zu erlernen. Als junger Mann hatte Stone sich hier allen Herausforderungen gestellt und sich hervorragend bewährt. Als Soldat einer Spezialeinheit hatte die CIA ihn nur zu gern übernommen. Stone hatte praktisch nur die Waffen ausgetauscht, und seine Gegner waren Zivilisten gewesen, die nicht einmal geahnt hatten, was ihnen drohte. Schon als junger Mann war er wegen seiner spektakulären Einsätze zur Legende geworden. Doch später hatte Stone es als grauenhaft empfunden, sich an diese Einsätze zu erinnern. Er konnte nicht glauben, dass zwei so verschiedene Persönlichkeiten in ein und demselben Körper wohnten.
Während Stone weiter in das Gebäude vordrang, überkamen ihn immer mehr Erinnerungen. Hier, an dieser Stätte, frischte jeder Anblick, jeder Geruch, jedes noch so leise Geräusch sein Gedächtnis auf und gemahnte ihn an einstige
Weitere Kostenlose Bücher