Camel Club 01 - Die Wächter
ich Ihnen jetzt zu den Räumen, in die Sie gleich gehen, noch einiges erklären. Richten Sie sich unbedingt nach allem, was ich sage – bis in die kleinste Kleinigkeit. Verstanden?«
»Klar. Wenn Sie sich auskennen, Oliver.«
Nachdem er Alex’ Einweisung beendet hatte, hetzte Stone, gefolgt von Reuben, durch den Korridor bis zur ersten Tür der linken Seite, und sie schlüpften hinein.
Sie sahen sich in dem Saal um, in dem nur trübes Licht herrschte. »Das ist der Schießstand«, flüsterte Stone. Eigentlich war diese Feststellung überflüssig, weil man vorn die Nischen für die Schützen und im Hintergrund die alten, zerfledderten, von Kugeln durchlöcherten Pappkameraden an den Zugseilen hängen sah. »Geh du nach rechts«, raunte Stone. »Wenn wir alles abgesucht haben, treffen wir uns in der Mitte wieder. Die Tür zum Nachbarraum ist dort hinten.«
Sie trennten sich, und Stone schlich wachsam an der linken Seitenwand des Schießstands entlang. Er hatte kaum zehn Schritte zurückgelegt, als jemand die Tür zum Schießstand öffnete.
Augenblicklich löschte Stone die Stablampe, duckte sich, hob die Pistole und zwang sich zur Ruhe. Fast drei Jahrzehnte war es her, dass er so etwas zum letzten Mal getan hatte. Blitzartig lugte er über die Deckung und sah jemanden vorüberhuschen, konnte wegen der schlechten Lichtverhältnisse aber nicht erkennen, wer es war. Und versehentlich Reuben erschießen wollte Stone nun wirklich nicht. Das schwache Licht reichte gerade aus, um die Benutzung des Nachtsichtgeräts unmöglich zu machen.
Langsam näherten sich leise Schritte. Unterdessen schob Stone sich auf dem Bauch vorwärts, bis er sich im Hintergrund bei den Pappkameraden befand. Während die Sekunden verstrichen, erlebte Stone seltsame Empfindungen. In seinem Geist und ebenso im Körper schienen sich merkliche Veränderungen zu vollziehen. Seine Gliedmaßen fühlten sich wieder so geschmeidig an wie in alten Zeiten, und sein Verstand konzentrierte sich völlig auf das Überleben. Sein gesamtes Dasein schien sich auf einen 20 mal 20 Meter großen, schummrigen Schießstand voller Schatten, finsterer Ecken, schwieriger Schusswinkel und dunkler Verstecke zu reduzieren. Er rückte ein wenig weiter nach links und stieß gegen irgendetwas. Als er den Blick hob, hatte er sofort eine Idee.
Geduckt bewegte der Fremde sich nach rechts. In einer Faust hielt er eine Pistole, in der anderen Hand ein Wurfmesser. Anscheinend glaubte er etwas gehört zu haben, war sich aber nicht sicher. Vorsichtig betrat er die Schussbahnen des Schießstands.
Weitere Sekunden verstrichen.
Plötzlich ertönte ein Schrei und erschreckte den Mann. Er wirbelte herum und sah einen Schemen auf sich zujagen. Der Mann feuerte darauf, und seine Kugeln durchschlugen das Ziel.
Stone zielte auf eine Stelle ein paar Zentimeter oberhalb des Mündungsfeuers. Ein Röcheln ertönte, und der Unbekannte brach zusammen. Der Schemen, auf den er gefeuert hatte, war einer der Pappkameraden gewesen: Stone hatte ein Zugseil betätigt und gleichzeitig geschrien, um den Mann abzulenken, und hatte ihn auf diese Weise zum Schießen verleitet. Dabei hatte der Fremde seine Position preisgegeben – mit tödlichen Folgen für ihn.
Stille breitete sich aus. Dann erklang Reubens Stimme. »Oliver? Alles klar?«
Einige Augenblicke später standen Reuben und Stone neben der Leiche, nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass sonst niemand mehr im Saal umherschlich. Stone richtete den Lichtkegel der Stablampe auf den Erschossenen. Mitten in der Brust des Mannes waren zwei Einschüsse zu sehen, die nur einen Zentimeter auseinanderlagen. Stone musterte das Gesicht, die Kleidung und die Waffen des Toten. »Ein Nordkoreaner«, lautete seine Schlussfolgerung.
»Was genau hast du eigentlich bei der CIA gemacht?«, fragte Reuben, während auch er die beiden Einschusslöcher betrachtete.
»Offiziell wurde ich als ›Destabilisator‹ bezeichnet. Klingt weniger anstößig als das, was ich wirklich gewesen bin.«
In diesem Augenblick fetzte eine Maschinenpistolengarbe durch die Tür in den Schießstand. Reuben und Stone warfen sich zu Boden.
Die Tür flog auf, und ein zweiter Asiate sprang herein und feuerte pausenlos.
Es gelang Stone, ein Bein auszustrecken, sodass der Mann stolperte und stürzte, wobei ihm die Maschinenpistole aus der Hand flog.
Reuben packte den wesentlich kleineren Asiaten. »Hab ihn, Oliver«, rief er, schlang seine großen Arme um den Mann und drückte
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