Camel Club 01 - Die Wächter
ihnen ausrichtest, sie sollen sich darauf einstellen, dass wir heute Abend unterwegs sind. Dafür brauchen wir dein Auto. Du kannst mich an der gewohnten Stelle abholen. Reuben holen wir bei Milton ab. Miltons Zuhause liegt am Weg.«
»Und wohin soll es gehen?«
»Nach Bethesda. Patrick Johnsons Wohnort.«
»Aber da wird die Polizei sich rumtreiben, Oliver. Es wird wegen Mordes ermittelt.«
»Nein«, berichtigte Stone. »Derzeit wird lediglich ein Todesfall untersucht, den die Polizei eher als Suizid einstuft. Aber wenn die Polypen tatsächlich vor Ort sind, können wir vielleicht ein paar wertvolle Informationen aufschnappen. Ach ja – bring Goff mit.«
Verdutzt schaute Caleb seinem Freund nach, als dieser sich entfernte. Goff war Calebs Hund. Doch Caleb hatte sich längst daran gewöhnt, dass Stone seltsame Wünsche äußerte. Er warf den Abfall in einen Mülleimer und kehrte zurück in seine Welt seltener Bücher.
KAPITEL 20
Von Roosevelt Island fuhren Tyler Reinke und Warren Peters geradewegs zurück zum NIC. Dort lieferten sie den »Abschiedsbrief« im Labor ab, um ihn mit Proben der Handschrift Patrick Johnsons vergleichen und auf Fingerabdrücke untersuchen zu lassen. Sie erklärten, auf dem Papier könnten aufschlussreiche unsichtbare Fingerabdrücke sein, aus denen sich vielleicht ableiten ließe, dass es sich doch nicht um Selbstmord handelte. Doch was die zwei NIC-Männer sagten, war keineswegs das, worauf sie abzielten. Denn falls in der vergangenen Nacht einer der Augenzeugen das Blatt berührt hatte und seine Fingerabdrücke in irgendeiner Datenbank gespeichert waren, erhielten Peters und Reinke die glänzende Gelegenheit, den unliebsamen Zeugen auf die Spur zu kommen.
Anschließend fuhren sie nach Georgetown, parkten das Auto und spazierten zum Flussufer.
»Sie haben nicht bei der Polizei vorgesprochen«, sagte Peters. »Andernfalls wüssten wir ’s.«
»Das lässt uns ein bisschen Luft«, antwortete Reinke.
»Was glaubst du, wie viel sie beobachtet haben?«
»Am besten gehen wir vom schlimmsten möglichen Fall aus und unterstellen, dass sie imstande sind, uns in einer Reihe mit anderen Männern wiederzuerkennen.«
Kurz überlegte Peters. »Schön, aber gehen wir gleichzeitig von der Theorie aus, dass sie der Polizei ihre Beobachtungen nicht gemeldet haben, weil auf der Insel etwas Verbotenes getrieben wurde oder weil sie es aus irgendeinem anderen dubiosen Grund für unklug halten.«
»Du warst am Bug des Schlauchboots. Wie deutlich hast du sie gesehen?«
»Es war so neblig, dass ich sie kaum unterscheiden konnte.«
»Was für ein Boot hatten sie?«
»Ein altes Holzboot, lang genug für mindestens vier Mann.«
»Und hast du auch vier Mann gesehen?«
»Nur zwei, vielleicht drei. Ganz sicher bin ich mir nicht. Kann sein, dass einer ’nen Streifschuss abgekriegt hat. Mir war, als hätte ich einen Aufschrei gehört. Einer war ein alter Sack. Ich erinnere mich noch, dass mir ein weißlicher Bart aufgefallen ist. Und die Klamotten waren schäbig.«
»Ein Penner?«
»Gut möglich.«
»Jetzt müssen wir uns den Kopf um Polizei, FBI und Secret Service zerbrechen.«
»Wir wussten doch, dass es so kommt«, entgegnete Peters. »Jeder gewaltsame Todesfall wird untersucht.«
»Aber der ursprüngliche Plan hat keine Augenzeugen in Betracht gezogen. Was hältst du von diesem Ford?«
»Er ist kein Anfänger, also weiß er wohl, wo es langgeht. Wir informieren uns später genauer über ihn und seine Kollegin. Das FBI macht mir mehr Sorgen.«
»Wir wissen, dass sie an dieser Stelle an Land gegangen sein müssen«, sagte Reinke, als sie am Flussufer standen. »Heute früh hab ich das Ufer schon zeitig abgesucht und nichts gefunden, aber das Ruderboot muss hier irgendwo in der Nähe sein. Ich gehe nach Norden, du nach Süden. Ruf mich an, wenn du irgendwas entdeckst.«
Die beiden Männer trennten sich und gingen in entgegengesetzte Richtungen.
Es dauerte seine Zeit, bis es Alex und Jackie gelungen war, der völlig verzweifelten Verlobten Patrick Johnsons, Anne Jeffries, ein paar Routinefragen zu stellen. Das FBI hatte sie bereits vernommen, doch Alex bezweifelte, dass Agent Lloyd sich dabei des gebotenen Takts befleißigt hatte. Er beschloss, mit der Ärmsten rücksichtsvoller umzuspringen.
Anne Jeffries lebte in einer kleinen Wohnung in Springfield, Virginia, wo tausendachthundert Dollar Monatsmiete kaum für ein Wohnzimmer von dreißig Quadratmetern, ein winziges Schlafzimmer und ein Bad
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