Camel Club 01 - Die Wächter
Urlauber sich ungern erschießen oder totschlagen lassen möchten.«
»Und dann ist da noch Nordkorea«, sagte Hemingway.
Gray nickte. »Ein Verrückter an der Spitze, die drittgrößte Armee der Welt, ausgerüstet mit Raketen, die Seattle erreichen können, und der wichtigste Exportartikel sind gefälschte amerikanische Geldscheine. Ich möchte in vierundzwanzig Stunden detaillierte aktuelle Szenarien auf meinem Schreibtisch haben. Weiter. Drogen-Terrorismus?«
Hemingway tippte auf eine andere Taste, und auf dem Wandmonitor wechselte die Darstellung. »In den markierten Gebieten kooperieren Nahost-Terroristen inzwischen regulär mit ostasiatischen Drogenkartellen. In einigen Fällen haben sie den Drogenhandel vollständig übernommen. Den zentralasiatischen Republiken droht der Zusammenbruch. Drogenanbau ist der rasanteste Wachstumszweig ihrer Wirtschaft. Und weil dort der Atommüll der ehemaligen Sowjetunion gelagert ist, kann es sein, dass die nahöstlichen Terroristen demnächst in den Vereinigten Staaten atomar verseuchtes Heroin und Crack verkaufen.«
»Vielen Dank für die Berichterstattung, Tom.« Gray wandte sich an einen anderen Mann. »Ist die derzeitige Liste gefährdeter Ziele im Wesentlichen stimmig?«
»Ja, Sir. Sie basiert auf glaubhaften Hinweisen.«
»Nach meiner Erfahrung wird dieser Begriff häufig mit unglaublich verwechselt«, sagte Gray. »Wie üblich wird den Außendienstmitarbeitern vor Ort die größtmögliche Handlungsfreiheit gewährt, damit sie sich auf die verschiedenen feindlichen Taktiken einstellen können. Wo es sich einrichten lässt, sollen vorbeugende Maßnahmen erfolgen. Um Einzelheiten kümmern wir uns anschließend.«
Jeder im Raum wusste, was Grays Worte bedeuteten: Liquidierung ohne Rücksicht auf rechtliche oder politische Fragen.
Als Nächstes erkundigte Gray sich nach der inländischen Terrorfront, die unter anderem auch den Kampf gegen militante und religiöse Kulte betraf. Wieder wurde ihm Bericht erstattet.
»Nennen Sie mir die aktuellen Brennpunkte«, verlangte Gray anschließend.
So ging es die nächsten zwei Stunden weiter: Eine potenzielle Krise nach der anderen wurde sorgfältig analysiert. Und in jeder Sekunde konnten all diese Erörterungen mit einem Schlag hinfällig werden, wenn wieder ein Gebäude detonierte, wenn ein politischer Führer gestürzt wurde oder wenn ein Jumbo während des Fluges explodierte.
Gray wollte die Sitzung gerade schließen, als eine der beiden Frauen zurückkehrte, die wegen eines dringenden Anrufs den Konferenzraum verlassen hatte. Sie legte Gray eine neue Akte vor.
Gray brauchte zwei Minuten, um die vier Seiten zu lesen. Als er den Blick hob, war er sichtlich verstimmt. »Das ist bereits letzte Nacht passiert«, sagte er zu der Frau. »Polizei und FBI ermitteln seit acht Uhr fünfundvierzig. Und ich erfahre erst jetzt davon?«
»Ich glaube, die potenzielle Wichtigkeit wurde nicht so schnell erkannt, wie es hätte geschehen sollen, Sir.«
»Patrick Johnson?«, nannte Gray einen Namen.
»Er war Analytiker in…«
»Das weiß ich«, unterbrach Gray ungeduldig. »Es steht in der Akte, die Sie mir gerade gebracht haben. Kann sein Tod trotz der vordergründigen Umstände etwas mit seiner Tätigkeit zu tun haben?«
»Das FBI hat die Ermittlungen übernommen.«
»Das tröstet mich kein bisschen«, entgegnete Gray. »Haben wir wenigstens eigene Leute eingeschaltet? Unerklärlicherweise schweigt die Meldung sich darüber aus.«
»Ja.«
»In einer Stunde möchte ich Patrick Johnsons gesamten Lebenslauf vorliegen haben. Kümmern Sie sich darum.«
Die Frau eilte aus dem Konferenzraum. Als sie fort war, stand Gray auf und begab sich durch den Korridor in ein anderes Konferenzzimmer, in dem bereits Vertreter von CIA, NSA und Homeland Security auf ihn warteten. Im Lauf der nächsten Stunde erhielt Gray die neuesten Informationen und stellte eine Reihe von Fragen, die der einen Hälfte der Anwesenden Unbehagen einflößten und die andere Hälfte merklich einschüchterten.
Anschließend ging er in sein Büro, einen Raum von bescheidener Größe, das zwischen zwei erheblich größeren Räumlichkeiten lag, die als Krisenzentren dienten und in denen fast rund um die Uhr rege Betriebsamkeit herrschte. In Grays Büro fehlte es völlig an persönlichen Andenken oder den sonst üblichen Erinnerungsfotos an einstige Erfolge. Für frühere Triumphe hatte Gray keine Zeit. Während er am Schreibtisch saß, starrte er für einen Moment die
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