Camel Club 04 - Die Jäger
Misshandlung zu erkennen. Stone stürzte auf Tyree zu, aber da die Handschellen seine Fäuste auf dem Rücken hielten, konnte er mühelos gebändigt werden.
»Dafür mache ich Sie fertig«, sagte er halblaut zu Tyree.
»Ich sehe eher das Gegenteil voraus«, antwortete der Direktor gelassen.
Sie gingen weiter; Abby neben Stone, während Knox ihnen neugierige Blicke zuwarf.
»Was ist geschehen, Abby?«, flüsterte Stone ihr zu.
»Sie sind in mein Haus eingedrungen und haben mich mitgeschleppt. Vielleicht haben sie den Deputy umgebracht, den Sheriff Tyree zu meinem Schutz abgestellt hatte, ich weiß es nicht.«
»Wieso dich?«
»Muss wohl mit Danny zusammenhängen.«
»Steckt er mit drin?«
Abby ließ ein leises Schluchzen hören und nickte stumm.
Stone wollte noch etwas sagen, aber da traf ihn ein Schlagstock zwischen die Schulterblätter.
»Schluss mit dem Gequassel!«, fauchte der Wärter.
Stone verlor jedes Zeitgefühl. Ob Minuten oder Stunden verstrichen, wusste er in der Schwärze des Berginnern bald nicht mehr zu sagen. Er konnte sich nicht vorstellen, hier unten einen großen Teil seines Lebens damit zu verbringen, auf Händen und Knien Gestein abzubauen und sich praktisch das eigene Grab zu schaufeln.
Plötzlich wurden Knox, Stone und Abby gepackt, und man befahl ihnen zu schweigen. Die zwei Wärter gingen voraus. Dann hörte Stone scharrende Geräusche – offenbar wurden schwere Gegenstände bewegt – und das Schnaufen und Fluchen der Männer, die da schufteten. Unvermittelt erhellte sich die Finsternis vor ihnen ein wenig.
Tyree drängte seine drei Gefangenen voran. Stone und Knox wechselten einen Blick. Keiner wusste genau, was in den nächsten Sekunden geschehen würde. Stone hielt sich dicht neben Abby, um sie notfalls mit seinem Körper zu schützen. Er spannte die Arme zwischen den Handschellen und zerrte verzweifelt, versuchte sich zu befreien. Wahrscheinlich blieb ihnen nur noch sehr wenig Zeit.
Kurz mussten sie den Kopf einziehen; dann traten sie in eine mondhelle Nacht hinaus. Endlich verließen sie Dead Rock. Allerdings waren da die Handschellen und die bewaffneten Männer. Und die Tatsache, dass ihnen ein baldiges Ende drohte. Stone konnte kaum glauben, dass dem pummeligen Gefängnisdirektor eines entlegenen Bergnests nun gelingen sollte, was zahlreiche Männer mit unvergleichlich viel größeren Fähigkeiten vergebens versucht hatten: ihn, Stone, zu töten. Doch als er Abby anschaute, bedauerte er ihr Los viel mehr als das eigene Schicksal. Die Wahrheit war, dass er längst hätte tot sein müssen. Er hatte Dinge getan, für die er den Tod verdiente. Abby dagegen nicht. Sie durfte kein solches Ende finden. Stone nahm sich vor, alles aufs Spiel zu setzen, um zu verhindern, dass Abby hier auf den steilen Felsen starb.
Stone sah sich um. Anscheinend befanden sie sich mitten im Bergwald, doch als seine Augen sich den Lichtverhältnissen angepasst hatten, erkannte er, dass man eine breite Schneise durch die üppig wuchernden Sträucher gehauen hatte.
Tyree packte Stone am Oberarm und trieb ihn vorwärts. Stone stolperte über einen Stein und stürzte der Länge nach hin. Er erhob sich auf die Knie und blickte den Direktor an. »Die ganze Gegend dürfte abgeriegelt sein.«
»Hier gibt es Schleichwege, von denen kein Außenstehender etwas ahnt. Glauben Sie, ich hätte für eine derartige Situation keinen Notfallplan?«
Knox’ Blick streifte die beiden Wärter. »Es müssen mehr Leute als diese beiden Pfeifen in die Sache verwickelt sein. Wollen Sie den Rest ans Messer liefern?«
»Was kümmert es Sie?«, höhnte Tyree. »Sie sind in Kürze tot.«
»Sie werden auf die Schnauze fallen«, sagte Stone. »Oder hört sich das für Sie dämlich an?«
»Ja. Total dämlich.«
»Ach, wirklich?«
Tyree und die Wärter wirbelten herum und sahen Alex Ford aus dem Schatten der Bäume treten. Seine Pistole zielte auf den Kopf des Gefängnisdirektors. Als die Wärter nach ihren Waffen griffen, jagte eine Kugel über sie hinweg, und sie erstarrten.
Eine Rauchfahne quoll noch aus Harry Finns Pistolenmündung, als auch er aus dem Dunkeln zum Vorschein kam, während Reuben ein Gewehr auf die Verbrecher richtete. Dann traten auch Annabelle und Caleb aus dem Wald und stellten sich an Reubens Seite.
Tyree zog unvermittelt Abby an sich und drückte ihr die Pistole an den Kopf. »Bleiben Sie uns vom Hals«, rief er, »oder die Lady ist hinüber.«
»Weg mit der Waffe, Howard!« Beim Klang der Stimme
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