Camel Club 04 - Die Jäger
Kind verloren, sagten Sie eben. Was ist mit Ihrer Frau?«
»Sie ist ebenfalls tot. Schon seit langem.«
»Was haben Sie seitdem getan?«
»Dies und das. Ich bin nie lange an einem Ort geblieben.«
»Sind Sie gleich nach Vietnam aus der Army ausgeschieden?«
»Eine Zeitlang war ich noch dabei. Aber es hat sich nichts Aufregendes mehr ereignet.«
»Keine Pension von Onkel Sam?«
»Ich war nicht lange genug Soldat.«
Die Konversation geriet ins Stocken, und kurz darauf verabschiedete sich Stone und widerstand Abbys Angebot, ihn in den Ort zu fahren. Trotz des Luxus und aller Design-Schnörkel beherrschte Kummer dieses Haus, und dafür gab es einen einfachen Grund: Hier war der Tod die Quelle des Wohlstands.
»Vermutlich ziehen Sie bald weiter«, sagte Abby, als sie an der Haustür standen.
»Ich bin wesentlich älter als Danny, aber selbst ich weiß bis heute nicht genau, was ich mit meinem restlichen Leben anstellen soll. Also kümmere ich mich lieber mal darum.«
»Vielen Dank, dass Sie meinem Sohn geholfen haben.«
»Ich glaube, er ist ein anständiger Kerl, Abby. Er muss nur noch seine Richtung finden.«
»Ich hoffe nur, dass die Richtung ihn aus diesem Ort hinausführt, und zwar für immer.«
Sie schloss die Tür. Stone war ratlos, sagte sich dann aber, dass ihn das alles im Grunde nichts anging, als er zur Straße schlenderte und den Rückweg zur Ortschaft antrat. Der Himmel war mit Sternen übersät, die so ziemlich das einzige Licht spendeten. Während er sich dem Ort näherte, drang irgendetwas an sein Ohr. Anfangs klang es wie das Jammern eines Tieres. Stone schauderte, als ihm einfiel, dass man in diesem Landstrich angeblich einem Schwarzbären oder einem Berglöwen in die Arme laufen konnte. Doch als er den Weg fortsetzte, wurde ihm klar, worum es sich bei dem Stöhnen handelte.
Stone beschleunigte seine Schritte. Vor ihm lagen die Kirche und der Friedhof.
Er überquerte die Straße, betrat den Kirchhof, nahm eine Abkürzung zum Friedhof und blieb abrupt stehen, als er die Ursache der Klagelaute sah – oder vielmehr deren Urheber.
Von Schluchzern geschüttelt, lag Danny auf dem frischen Grab von Debby Randolph.
KAPITEL 23
Der große Mann huschte in ein Gebäude, wandte sich nach links, wartete auf einen Lift, fuhr nach unten, betrat einen Stollen, unterquerte darin die Straßen Washingtons, gelangte in ein anderes Gebäude und bog in einen langen Korridor ein. Als er eine Tür passierte, flog sie auf. Eine Riesenpranke packte ihn, zerrte ihn über die Schwelle, und die Tür schlug hinter ihm zu.
Reuben Rhodes ließ Alex Ford los. Der Agent strich seinen Jackenkragen glatt und drehte sich mit mürrischem Gesicht den anderen Anwesenden zu, die auf ausrangierten regierungseigenen Möbeln und Transportkisten saßen.
»Du hast doch gesagt, die zweite Tür links«, maulte Alex.
»Bruder Caleb hat sich geirrt«, antwortete Reuben. »Er meinte die erste Tür rechts, aber wegen der Befürchtung, dass dein Handy überwacht wird, wollten wir dich nicht anrufen.«
»Dafür braucht man einen Gerichtsbeschluss«, sagte Annabelle.
»Einen Scheiß brauchen sie«, entgegnete Reuben unwirsch.
Alex sah Annabelle an. »Da muss ich ihm Recht geben. Als Agent der Bundesregierung gehören mein Leben und mein Handy nicht mir.«
»Die Verwechslung tut mir leid, Alex«, sagte Caleb beschämt. »Ich war ein bisschen nervös. Aber ich weiß nicht mehr genau, warum eigentlich.« Er warf Reuben einen zornigen Blick zu. »Ach ja, jetzt fällt’s mir wieder ein. Weil Reuben angerufen und mich angebrüllt hat, ich müsse so schnell wie möglich ein Treffen zwischen uns organisieren, oder wir alle wären dem Tod geweiht, und ich wäre schuld daran.«
Reuben zuckte mit den Achseln. »Von Tod habe ich nichts gesagt. Ich habe gesagt, es sei gut denkbar, dass wir alle den Rest unseres Lebens hinter Schwedischen Gardinen absitzen müssen und dass es dann vor allem deine Schuld sei.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte Annabelle.
»Dieser Schnüffler, dieser Joe Knox, hat sich Caleb schon vorgeknöpft.«
»Na und? Wie kommst du darauf, ich hätte irgendetwas ausgeplaudert?«
»Caleb, du verlierst doch schon die Nerven, wenn eine Pfadfinderin dich schräg ansieht.«
Annabelle stand auf. »Okay, Leute. Die Zeit ist knapp. Knox hat inzwischen Alex, Caleb und mich auszuquetschen versucht.«
»Ich weiß, dass er im Hafen nach mir gefragt hat«, erklärte Reuben, »aber zum Glück habe ich gerade ein paar Tage
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