Camel Club 04 - Die Jäger
eigentlich?«
»Alles, was mir ein paar Kröten einbringt. Ich hatte mal ’nen Helfer, aber der ist weitergezogen.«
»Wann war das?«
»Am selben Tag, als jemand diesen Bonzen umgenietet hat.« Knox horchte auf, doch Leroy hob die Hand. »Kein Grund zur Aufregung. Mein Helfer war da, als die FBI-Leute kamen. Fragen Sie die. Er ist alt, hat ’n kaputtes Bein und schlechte Augen. Er konnte nicht mal sprechen, bloß knurren.«
»Groß, klein? Dick, dünn?«
»Mager. Wegen dem kaputten Bein lässt sich über die Größe schwer was sagen. Aber er war größer als ich, so viel steht fest. Hatte ’nen Rauschebart und dicke Brillengläser.«
»Warum ist er weggegangen?«
»Was weiß ich? Er hat’s vier Monate lang bei mir ausgehalten. Es war ja nicht so, dass ich ’nen langfristigen Millionenvertrag mit ihm abgeschlossen hätte.« Leroy lachte und spie einen Klumpen Rotz auf den Boden.
Knox blickte sich um. »Hat er in einem dieser Gebäude gewohnt?«
Leroy nickte und zeigte auf eine Tür.
»Darf ich mich drinnen mal umsehen?«
»Von welcher Behörde waren Sie noch mal?«
»Von einer Regierungsbehörde.«
»Weiß ich. Aber von welcher?«
Knox hielt ihm seinen offiziellen Dienstausweis vor das Gesicht. »Von der hier.«
Leroy tat einen Schritt zurück. »Gehen Sie rein.«
Knox amüsierte sich klammheimlich. Wenigstens dieser Zeitgenosse machte mit, wenn man etwas von ihm wollte. Solche Bürger gab es kaum noch.
Die Durchsuchung des elenden Verschlags erbrachte eine bedeutsame Erkenntnis: Knox hatte die erforderliche Ausstattung dabei, um Fingerabdrücke festzustellen, konnte aber keinen einzigen entdecken. Allein schon diese Tatsache sprach dafür, dass er der richtigen Fährte folgte. Die wenigsten Leute – von hinkenden, halb blinden Taubstummen ganz zu schweigen – betrieben einen solchen Aufwand, um ihre Fingerabdrücke zu verwischen.
Als Knox die Bretterbude verließ, bastelte Leroy noch an dem schrottreifen Trecker herum.
»Ich schicke Ihnen einen Zeichner vorbei«, sagte Knox, »der nach Ihrer Beschreibung ein Phantombild des Mannes anfertigen soll.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Ich weiß.«
KAPITEL 22
Das Essen – Braten mit Füllung und Beilagen – schmeckte köstlich. Abby hatte selbst gekocht, und Stone hatte ihr beim Tischdecken geholfen. Sie aßen nur zu zweit. Zuvor hatte Stone im Obergeschoss geduscht – in einem Bad, dessen Interieur aus einem Design-Magazin zu stammen schien. Das Bergwerksunternehmen war offenbar schwer zur Kasse gebeten worden.
»Sie sind also Shakespeare-Fan?«, fragte Stone.
»Wir haben seine Stücke an der Highschool durchgenommen. Vorher konnte ich nie was damit anfangen.«
»Aber heute schon.«
»Könnte man so sagen. Seine Werke umfassen alles, was das Leben zu bieten hat, vor allem das Negative. Nur habe ich in der Wirklichkeit schon zu viel davon erlebt, als dass eine fiktive Darstellung mich noch beeindrucken könnte.«
Etwa nach der Hälfte der Mahlzeit erschien Danny, warf einen Blick auf seine Mutter und auf Stone, die mit teurem Geschirr und Leinenservietten im Esszimmer saßen, und wandte sich wortlos um. Dann knallte eine Tür. Laut.
Stone blickte Abby an. »Sie haben bestimmt reichlich Mühe mit ihm.«
»Kann man so sagen. Haben Sie Kinder?«
»Ich hatte eine Tochter. Sie lebt nicht mehr.«
»Tut mir leid. Danny hat von seinen neun Leben bestimmt schon sieben aufgebraucht, und ich habe das Gefühl, er verschleißt mein Leben gleich mit.«
»Wollten Sie nicht, dass er Divine verlässt? Sie sagten, Sie hätten viel geweint.«
»Welche Mutter würde nicht weinen, wenn ihr einziges Kind Lebewohl sagt?«
»Dann sind Sie froh, dass er zurück ist?«
»So weit würde ich nicht gehen. Außerdem wird er schnell wieder verschwunden sein, oder ich müsste mich sehr täuschen. Und er soll mir nicht noch einmal das Herz brechen.«
»War er denn schon mal weg?«
»Geredet hat er häufig darüber, aber nie Ernst gemacht. Ich glaube, ich hatte mich darauf verlegt, dass es bei dem Geplapper bleibt. Aber dann hat er mich eines Besseren belehrt.« Beim letzten Satz zitterte Abbys Stimme leicht.
»Gab es einen besonderen Grund, weshalb er seinen Worten dieses Mal Taten folgen ließ?«
»Es ist immer schwer zu sagen, warum Danny dies oder jenes tut. Er ist so starrköpfig wie sein Vater.«
»Danny sagte, er sei im Bergwerk ums Leben gekommen.«
Abby ließ sich Zeit, die letzte Gabel Füllung in den Mund zu stecken. »Ja. Sie haben ein
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