Camel Club 04 - Die Jäger
Beifahrertür auf, und sie stieg ins Auto. Er fuhr los und steuerte den Wagen zur östlich gelegenen Ortsmitte.
Annabelles Gesicht war rot angelaufen, die Augen gerötet. Knox konnte nicht ahnen, dass es dafür nur ein wenig Rouge und vorsätzlich in die Augen geriebenen Zwiebelsaft gebraucht hatte.
»Geht es Ihnen nicht gut?«, erkundigte er sich.
Sie wischte sich die Augen. »Nein, nicht besonders.«
»Dann reden wir darüber.«
»Ich will keinen Ärger.«
»Und ich will Ihnen keinen Ärger machen.«
»Können Sie das garantieren?«
»Wenn Sie nichts Schlimmes angestellt haben, ja. Und selbst wenn, könnte es sein, dass Sie mit einem blauen Auge davonkommen – je nachdem, was Sie mir mitteilen.«
Annabelle rang die Hände. »Es ist sehr kompliziert.«
»In meinem Beruf sind die Dinge immer kompliziert.«
»Was ist eigentlich Ihr Beruf?«
Knox lenkte den Geländewagen an den Straßenrand, hielt und stellte den Motor ab. »Lassen Sie uns eines klarstellen. Wir treten nicht in einen Informationsaustausch ein. Sie reden, ich höre zu. Taugen Ihre Angaben etwas, helfe ich Ihnen. Falls Sie mich verarschen wollen … nun, davon rate ich Ihnen dringend ab.«
Annabelle atmete tief durch. »Also gut. Oliver war immer ein Geheimniskrämer. Niemand hat etwas Genaues über seine Vergangenheit gewusst. Aber wir alle haben gemerkt, dass er etwas Besonderes ist. Wahrscheinlich haben Sie die Bücher in seinem Haus gesehen. Er spricht mehrere Fremdsprachen. Er hat sich ganz einfach … anders benommen als normale Menschen.«
»Über seine Vergangenheit bin ich relativ gut informiert. Mich interessiert vor allem sein jetziger Aufenthaltsort.«
»Den kenne ich nicht.«
»Warum haben Sie mich dann angerufen?«
»Oliver hatte Informationen über Carter Gray. Deshalb ist Gray damals zurückgetreten.«
»Was für Informationen?«
Annabelle schüttelte den Kopf. »Er hat es uns nicht erzählt, aber er hat Gray besucht, und am nächsten Tag legte der seine Ämter nieder. Also müssen die Informationen bedeutsam gewesen sein.«
»Aber danach ist Gray in seine alte Funktion zurückgekehrt.«
»Das lag daran, dass er die Beweise aus Olivers Besitz an sich gebracht hat.«
»Im Capitol-Besucherzentrum?«, fragte Knox.
»Ich glaube ja. Ich war nicht dabei. Allerdings hat Oliver sich dahingehend geäußert, ehe er verschwand.«
»Was hat er sonst noch gesagt?«
»Dass es besser sei, wenn niemand die Wahrheit erfährt. Sonst könne dem Heimatland Schaden entstehen, und das wolle er auf keinen Fall.«
Knox lächelte. »Sie könnten eine glänzende Zeugin der Verteidigung abgeben.«
»Sind Sie über seinen Militärdienst im Bilde?«
»Ja. Er war ein überragender Soldat. Was ist mit Senator Simpson? Welche Verbindung gibt es da?«
»Oliver sagte, Simpson wäre bei der CIA gewesen, bevor er in die Politik ging.«
»Das stimmt. Also kannte Oliver ihn damals?«
»Ich vermute es. Falls er auch für die CIA gearbeitet hat. Aber ich habe keine Beweise, dass Oliver jemals dabei war.«
»Lassen Sie die Beweise meine Sache sein. Sagt Ihnen der Begriff ›Drei-Sechser‹ etwas?«
»Oliver hat ihn mal erwähnt. Aber er hat nicht gesagt, was es bedeutet.«
»Kann ich mir denken.«
»Er war ein guter Mensch. Sogar bei der Zerschlagung eines Spionagerings hat er geholfen. Dafür wurde ihm vom FBI-Direktor eine Belobigung ausgestellt.«
»Schön für ihn. Warum hat er Gray und Simpson umgebracht? Was glauben Sie?«
»Vielleicht war er es gar nicht.«
»Kommen Sie, Susan, oder wie Sie wirklich heißen, Sie sind doch keine trübe Tasse. Sie wissen, dass Carr und Stone ein und dieselbe Person sind. Carr hat sich dreißig Jahre lang versteckt gehalten.«
»Warum ist er so lange im Verborgenen geblieben?«
»Sagen Sie es mir.«
»Vielleicht war jemand hinter ihm her.«
»Wer?«
»Leute, die ihn beseitigen wollten.«
»Hat er so etwas gesagt?«
»Einmal sagte er mir, dass manche regierungsamtlichen Agenturen Mitarbeiter, die gehen möchten, nicht gehen lassen. Sie sähen sie lieber tot.«
Knox empfand diese Bemerkung wie eine schallende Ohrfeige, ließ sich aber nichts anmerken. Das glaube ich ihr aufs Wort.
»Unterstellen wir also mal für den Moment, er war ein Drei-Sechser und hätte gern einen Schlussstrich gezogen. Wollte man ihn nicht aussteigen lassen?«
»Ich weiß, dass er verheiratet war und eine Tochter hatte. Aber er hat immer gesagt, die beiden seien längst tot.«
Knox lehnte sich in den Fahrersitz, die
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