Camping-Daggys letzter Kunde ROTE LATERNE ROMAN Band Nr. 4 (German Edition)
von mir hören!«
»Bon«, murmelte er und wirkte in diesem Augenblick zum erstenmal unsicher. »Ich - ich darf doch mit Ihrer Diskretion auch dann rechnen, wenn Sie sich entscheiden sollten, mein Angebot nicht anzunehmen?«
»Selbstverständlich, Monsieur«, bestätigte Daggy. »Dafür bin ich ja bekannt!« Sie stand nun endgültig auf und ging zur Tür. »Wenn Ihr Chauffeur mich jetzt zurückbringen würde.«
»Wie Sie wünschen.«
*
»Na, wie war es?«,
Die Neugier stand in Yvonnes Gesicht geschrieben. Madame hatte sich bereits für den abendlichen Barbetrieb zurechtgemacht, als Daggy zurückkehrte. Das Mädchen legte die blonde Perücke noch nicht ab. Erschöpft setzte es sich auf einen Barhocker im noch leeren Lokal.
Juliette kam herein und ging wortlos an Daggy vorbei. Es sah aus, als wäre sie beleidigt.
»Gib mir zuerst bitte einen Drink«, bat Daggy. Ihre Stimme klang leer und ausdruckslos, denn sie musste das Gehörte und Geschehene erst verarbeiten. Die ganze Geschichte klang so, dass kein Mensch sie glauben konnte. Ja, es war eine fantastische und unglaubliche Geschichte. Ein Unternehmen, vor dem Daggy sich fürchtete und das sie gleichzeitig anzog wie kein zweites.
Daggy wusste, dass sie Yvonne vertrauen konnte, doch zweifelte sie im Augenblick, ob sie der mütterlichen Freundin alles anvertrauen durfte, nachdem Claude sie ausdrücklich um Stillschweigen gebeten hatte.
Die Wirtin mixte einen ihrer berühmten Cocktails, die selbst Männer fast vom Hocker rissen. Doch heute vertrug Daggy diese teuflische Mixtur. Ja, sie war Yvonne sogar dankbar dafür.
»Erzähl doch, Cherie«, bettelte die Frau. Ihre Kulleraugen blickten Daggy so ergreifend neugierig an, dass das Mädchen nicht umhin konnte, die unglaubliche Geschichte und das merkwürdige Angebot zu erzählen.
Yvonne lauschte mit offenem Mund und weitaufgerissenen Augen.
»Deshalb munkelt man in der letzten Zeit so sonderbare Dinge!«
»Sonderbare Dinge?«, fragte Daggy mit krausgezogener Stirn. Misstrauen stieg in ihr hoch. »Über Claude?«
»Ja, über ihn und über seine Frau«, erklärte die andere. »Es gibt Stimmen, die behaupten, Claude de Ravelle hätte seine Frau umgebracht ...«
»Das ist doch barer Unsinn!«, warf Daggy sofort und ohne Überlegen ein.
»Warum sollte es nicht so sein?«, fragte Yvonne ernst. »Hast du Madame de Ravelle gesehen? Ist die Geschichte bestätigt, die er dir erzählt hat? Ich meine, das hat natürlich mit dem Rollenspiel nichts zu tun. Doch bedenke, ma Cherie, du weißt nun sehr viel. Es ist nicht ungefährlich!«
»Ausgerechnet du musst so mit mir reden«,empörte sich Daggy. »Zu Beginn hast du mich fast auf Knien angefleht, denn ich hätte diesen Herrn vielleicht gar nicht empfangen. Jetzt, wo ich in der Sache drin sitze, kommst du und willst mir Angst einjagen! Non, Cherie, ich verstehe dich nicht!«
Madame zog ein saueres und beleidigtes Gesicht.
»Oui, oui!« rief sie erregt. »Ich habe wieder einmal alles falsch gemacht! Bitte, verzeih mir. Ich konnte ja vorher nicht wissen, was Monsieur von dir wollte. Ich dachte, er wollte das Übliche von dir. Dass es darauf hinausgeht, konnte ich ja nicht riechen!«
»Ich habe Zeit, mich zu entscheiden«, erklärte Daggy nun. »Monsieur hat mir seine Telefonnummer gegeben. Ich werden ihn morgen anrufen ...«
»Was wirst du ihm sagen?«
»Ich weiß es noch nicht«, erwiderte Daggy. »Vielleicht lehne ich das Angebot ab. - Oder aber ich nehme es an. Ich muss erst eine Nacht darüber schlafen. Das verstehst du doch, Cherie?«
Yvonne nickte.
»Das würde ich an deiner Stelle auch tun.« Nun war sie wieder die mütterlich tröstende Freundin. »Aber nun mach dich fertig. Setz diese scheußliche Perücke ab!«
»Das kann ich nicht!«
»Waas?«,
»Monsieur wünscht, dass ich in diesem Aufzug bleibe. Für die Dauer meines Auftrages kann ich auch nicht arbeiten. Ich werde tagsüber bei Monsieur sein und nachts schlafen!«
Yvonnes Augen wurden kugelrund vor Staunen.
»Aber mein Geschäft, Cherie?«, fragte sie dann hüflos. »Du weißt doch, dass du meine Stütze bist. Nur deinetwegen kommen viele Männer in mein Lokal. Mehr als gewöhnlich jedenfalls. Wenn du nicht mehr da bist ... Mon Dieu, ich darf gar nicht daran denken. Ich werde verrückt! Wie soll ich denn mit Juliette den Laden bestreiten? Jeanne kommt erst übermorgen zurück - wenn sie überhaupt zurückkehrt und nicht anderswo eine Arbeit annimmt. Daggy, du kannst mich doch nicht so
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