Caras Gabe
sich herab.
Dann lag ich plötzlich unter ihm und er küsste meinen Hals. „Ah, Cara“, raunte er und brachte mich zum Zittern. „Du bist gefährlich.“
Ich lachte und vergrub meine Hände in seinem seidigen Haar. „Dann solltest du mich fürchten.“
Er hielt inne und hob den Kopf. „Das sollte ich“, murmelte er und strich eine Haarsträhne aus meiner Stirn, „das sollte ich.“
Der Ernst, der in seiner Stimme lag, machte mich traurig. Ich musste schlucken. „Ich will auch ein Biest sein“, murmelte ich.
Die Luft um uns herum flimmerte, mir wurde schwarz vor Augen. Und dann waren wir zurück in meinem Zimmer. Arun schaute mich an und lächelte sein rätselhaftes Lächeln. „Du bist ein Biest, Cara. Ein glühendes Biest, das seine Klauen in mein Fleisch geschlagen hat.“
Und dann war er verschwunden.
Ich stand da, zitternd, mit dem Nachhall seiner Lippen an meinem Hals. Ich hob meine Hand und fuhr mit den Fingerspitzen über die Stelle, die er geküsst hatte. Wie flüssiges Feuer hatte es sich angefühlt. Sein Brandzeichen auf meiner Haut.
„Nein“, flüstert ich. „Komm zurück. Lass mich nicht allein.“
Den letzten Satz hatte ich geschrien. Arun erschien so plötzlich vor mir, dass ich mit einem Schrei zurücksprang.
„Niemals“, sagte er mit einem Lächeln, „könnte ich mich deinen Wünschen verwehren.“
Ich dachte an das Feuer, dachte an den Goldtaler und den schwarzen Brunnen. Die Kälte meines eigenen Zornes ließ mich zittern. „Auch, wenn mein Wunsch Rache heißt?“
Arun schüttelte ungläubig den Kopf und trat näher. Die Berührung seiner Hand an meiner Wange war so zart wie Schmetterlingsflügel und sie vertrieb das Eis aus meinem Herzen wie die Frühlingssonne den Schnee.
„Hast du denn niemals Angst?“, fragte er leise.
Schlagartig musste ich an die Priester denken. Mein Magen verkrampfte sich, meine Hände ballten sich zu Fäusten. „Immer“, gab ich zu und sah zu Boden.
Er hob mein Kinn an. Ein gefährliches Glitzern lag in seinen Augen. „Sag mir, was du fürchtest.“
Ich sah im fest ins Gesicht. „Die Willkür der Priester und ihre abartigen Regeln. Die Macht, die sie über die Gemeinde haben. Die Lichtträger.“ Ich schluckte schwer. „Und mehr als alles andere fürchte ich meine eigene Angst.“
Arun legte den Kopf schräg und musterte mich. „Cara, du bist ungewöhnlich.“
Ich hob eine Augenbraue. „Versuchst du mir zu schmeicheln?“
„Willst du, dass ich dir schmeichle?“
Der Ausdruck in seinen Augen hätte mich warnen sollen, dennoch nickte ich.
Er fasste meine Hand, seine Mundwinkel zuckten. „Du hast einen entzückenden Schrei.“
Ich runzelte die Stirn. „Ich habe einen wa-AAAHHHHHHHH!“
Plötzlich waren wir über dem Dorf und schossen schnell wie ein Pfeil in den Himmel, den Wolken entgegen. Arun hielt mich an sich gepresst, die Arme um meinen Rücken geschlungen. Ich japste nach Luft und klammerte mich an ihn. Sein Umhang flatterte wild, ebenso mein weißes Nachthemd. Der Wind peitschte mir seine und meine Haare ins Gesicht, doch ich wagte nicht, meine Arme um seine Nacken zu lösen, um sie wegzuwischen. Ich traute mich gar nichts mehr, sondern krallte mich nur noch an seinen Körper wie eine Ertrinkende an ein rettendes Stück Holz.
Sein Lachen erklang an meinem Ohr. Der Flug wurde langsamer und dann schwebten wir über der Welt. Der Nachthimmel lag wie Meer unendlicher Möglichkeiten vor mir. Weit und unergründlich. Ich könnte mich in dieser Unendlichkeit verlieren, ewig wandern und niemals zurückschauen. Meine Brust schnürte sich zusammen bei all dieser leuchtenden Pracht. Ein Lachen oder ein Schluchzen drang über meine Lippen. Noch niemals war ich den Sternen und dem Mond so nahe gewesen.
Zitternd löste ich eine Hand von Aruns Schulter und reckte sie den glänzenden Himmelskörpern entgegen. „Höher!“, rief ich übermütig. „Ich will die Sterne einfangen.“
Seine Stimme klang überrascht. „Höher?“
Meine Zehen schwebten im Nichts, eisige Nachtluft küsste mein Gesicht; ich flog. „Höher“, rief ich.
Er gewährte mir den Wunsch und trug mich in den Himmel hinein, zwischen die Wolken und näher zu den Sternen, als ich mir jemals erträumt hätte. Tropfen glitzerten auf meinem Haar, ich schmeckte den Regen auf meiner Zunge und dann brachen wir durch die letzten Nebelfetzen. Unter uns ein seidiger Fluss aus Nachtwolken und über mir der unendliche, sterngeschmückte Himmel. Ich fühlte mich, als tanze
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