Carre, John le
in eine belebte Halle gleitet. Seine kleine,
rechte Hand hing flach und bloß an der Seite herunter, die Linke hielt die
Zigarette schüchtern vor der Brust. Ein kleiner Mann, barhäuptig, mit einer
Werkzeugtasche. Er trat einen Schritt vor, und im Lichtschein sah Smiley sein
Gesicht, gealtert, müde und gezeichnet, das kurze Haar vom Schnee weiß
gestäubt. Er trug ein schmuddeliges Hemd und eine schwarze Krawatte: ein armer
Mann, der zum Begräbnis eines Freundes geht. Die Kälte hatte seine Wangen tief
nach unten gezogen und so seinem Alter noch ein paar Jahre hinzugefügt. Sie
sahen sich an; sie waren vielleicht einen Meter voneinander entfernt, wie
damals im Gefängnis von Delhi. Smiley hörte wieder Schritte, und diesmal kam
das Geräusch von Toby, der behend die Holzleiter herunterkletterte; er hörte
leise Stimmen und leises Gelächter; er glaubte sogar ein Geräusch zu vernehmen,
das sich wie leichtes Schulterklopfen anhörte, aber er war sich nicht sicher;
es wimmelte von Schatten, und sobald er im Lichtkreis stand, hatte er Mühe,
darüber hinauszusehen. Paul Skordeno glitt nach vorne und nahm auf einer Seite
Karlas Aufstellung, Nick de Silsky auf der anderen. Er hörte Guillam zu irgend
jemandem sagen, man möge doch den verdammten Wagen herbringen, bevor sie über
die Brücke kämen und ihn wieder zurückholten. Er hörte das Klirren von etwas
Metallischem, das aufs Pflaster fiel, und er wußte, daß es Anns Feuerzeug war,
doch außer ihm schien es niemand bemerkt zu haben. Sie wechselten noch einen
Blick, und vielleicht sah jeder diese eine Sekunde lang in dem anderen etwas
von sich selbst. Er hörte das Knirschen von Reifen und das Geräusch von
aufgehenden Türen, während der Motor weiterlief. De Silsky und Skordeno
bewegten sich auf das Auto zu, und Karla ging mit ihnen, obwohl sie ihn nicht
führten; er schien bereits die unterwürfige Haltung eines Gefangenen
angenommen zu haben, so, wie er es in einer harten Schule gelernt hatte. Smiley
trat zurück, und die drei gingen leise an ihm vorbei, ohne ihn weiter zu
beachten, ganz auf ihr Ritual konzentriert. Der Lichtkreis war leer. Er hörte
das sanfte Schließen von Türen und das Geräusch des abfahrenden Autos. Er hörte
die beiden anderen Wagen nachher oder gleichzeitig wegfahren. Er sah ihnen
nicht nach. Er fühlte, wie Toby Esterhases Arme sich um seine Schultern legten,
und sah, daß Tobys Augen mit Tränen gefüllt waren.
»George«, fing Toby an. »Ihr ganzes
Leben. Phantastisch!«
Dann ließ irgendetwas an Smileys
Steifheit ihn zurückweichen, und Smiley selbst trat schnell aus dem Lichtkreis
und ging dabei nahe an Anns Feuerzeug vorbei. Es lag leicht schräg genau am
Rande des Lichtkreises und glitzerte wie Katzengold auf dem Pflaster. Einen
Augenblick erwog er, das Feuerzeug aufzuheben, aber es schien keinen Sinn zu
ergeben, und niemand sonst hatte es anscheinend bemerkt. Jemand schüttelte ihm
die Hand, jemand anderer klopfte ihm auf die Schulter. Toby hielt sie behutsam
zurück.
»Passen Sie auf sich auf, George«,
sagte Toby. »Machen Sie's gut, hören Sie?«
Smiley hörte, wie Tobys Leute sich
einer nach dem ändern entfernten, bis nur noch Peter Guillam übrig blieb. Sie
gingen ein kurzes Stück am Ufer entlang zurück, fast bis zum Kreuz, und Smiley
schaute wieder auf die Brücke, wie um festzustellen, ob sich etwas geändert
habe. Doch alles war wie vorher, und obgleich der Wind ein bißchen stärker
wehte, wirbelte der Schnee immer noch in alle Richtungen.
Peter Guillam berührte Smileys Arm.
»Kommen Sie, alter Freund«, sagte
er. »Es ist Zeit, schlafen zu gehen.«
Aus alter Gewohnheit hatte Smiley
seine Brille abgenommen und putzte sie geistesabwesend mit dem breiten Ende
seiner Krawatte, die er dazu mühevoll aus den Tiefen seines Tweedmantels hatte
fischen müssen.
»George, Sie haben gewonnen«, sagte
Guillam, als sie langsam zum Wagen gingen.
»Wirklich?« sagte Smiley. »Ja. Ja,
es sieht wohl so aus.«
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