Carries ruhmreichen Tage
einem anderen Pärchen dabei zusahen, wie sie auf einem Sofa miteinander schliefen. Miteinander schliefen oder so ähnlich. Denn Carrie glaubt sich zu erinnern, daß die Partnerin dieses Typen es ihm französisch machte.
Es sind verworrenen Erinnerungen. Fast als wenn es sich gar nicht ereignet hätten. Carrie wurde von Schuldgefühlen ergriffen. Sie fühlte sich als Opfer und Nutznießer eines gnadenlosen aber dennoch gütigen Moments. Ein wahrhaftiges Durcheinander für ihr Bewusstsein. Dieser Freund brachte sie behutsam ins Bett, mit grenzenlosem Einfühlungsvermögen.... wie ein Kind, das man zur Blutabnahme gezwungen hat und anschließend mit Streicheleinheiten und einem leckeren Sandwich entschädigt. Carrie ließ sich umsorgen, sie ließ sich wie ein kleines Mädchen hegen....und es endete dort, in diesem Schlafzimmer. das sich mit jedem Schritt, den Carrie nach draußen setzt, immer weiter ausdehnt. Denn die Treppen zum hinabgehen, aus solidem Marmor, ist enorm. Die griechische Statuen sind von der Größe einer Person, die jedoch neben den Ausmaßen dieser majestätischen Kronleuchter geradezu dahinschwinden.
...Nein, es ist nicht das Gästehaus. Carrie gelangt instinktiv in die Küche. Sie riecht das getoastete Brot. Dort steht eine philippinische Bedienstete, die Gemüse auf einem Brett schneidet.
» Nein, bemühen sie sich nicht « , sagt Carrie, bevor das Mädchen auch nur eine Bewegung ausführen kann. » Ich mach' mir mein Frühstück selbst « , gibt sie ihr zu verstehen.
Sie sucht. Es ist nicht schwer etwas zu finden, denn es ist alles vorhanden. Es gibt Essen aus allen Teilen der Welt und die Küche ist ebenfalls eine Welt für sich, ein Miniatursupermarkt. So viel exotisches Essen, was sich nur dadurch erklären läßt, daß sich hier des öfteren alle möglichen Leute aus ungeahnten Orten einquartieren.
Einige schwedische Marmeladen und ein paar Toasts, von den frisch gemachten, sind schon die ihren. Etwas Milch, dieses Tablett und noch einige Gebäckstücke. Mit all dem geht sie auf eine Art Terrasse, die sich unter den Säulengängen aus grauem Stein beträchtlich verlängert. Ja, das Herrenhaus ist grau, aus Felsgestein mit Abdrücken von Schlingpflanzen, gesprenkelt mit roten Blumen, wie Schmetterlinge. Es ist ein alter Ort, der scheinbar aus dem letzten Jahrtausend stammt... aber die Gartenarbeit wurde sorgfältig erledigt, alles ist sauber und gekehrt.
Nein, es ist nicht das Gästehaus. Es ist das Haupthaus. Carrie weiß es, weil sie die beiden anderen Häuser, die für die jeweiligen Gäste erforderlich sind, sieht. Ebenso das Gewächshaus, eine Art Ranch, den Wald und den See.
Sie wählt einen der fünf Tische, die es dort gibt. Platz im Überfluss. Die Sonne wärmt nicht, denn es ist noch diesig. Manchmal reflektiert sich das Licht auf den Steinen der Balustrade und die in den Ritzen gefangenen Tautropfen sirren. In der Ferne sind Menschen, die das Land bestellen. Die Weinberge, kombiniert sie nun.
Es ist ein großartiger Ort...obwohl sie etwas verstimmt ist. Sie hat gehört, wie die Hausangestellte hinter ihrem Rücken, inmitten von Getuschel, über sie lachte . Sie denkt daran und bemerkt nicht gleich, daß sie das Bett gar nicht hätte machen müssen, für ihr Leben ein ungewohnter Zustand. Die Menschen, die normalerweise in diesen Betttüchern nächtigen, beschäftigen sich sicherlich nicht damit. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß man sie für gewöhnlich hält, für einen Neuling in Sachen Königshäuser.
» Guten Morgen « , sagt Rocko.
» Guten Morgen « , antwortet sie automatisch. Eine Carrie, die nicht zusammenfährt, denn sie hatte ihn erwartet und niemanden sonst. Jedoch zieht es ihr den Magen zusammen, denn es war nur eine akustische Täuschung. Die Realität ist eine völlig andere, als die, die sie erwartet hatte. Es ist nicht Rocko. Er hat seine Stimme. Natürlich, sie sind Brüder... doch es ist nicht Rocko, es ist Alain.
In ihrer Brust hämmert es erneut.
– Diese Menschen machen mich fertig... --
» Darf ich? « , fragt er höflich, und das in seinem eigenen Haus.
Carrie braucht einen Moment, um zu begreifen was zum Teufel da gerade passiert. Sie wirkt arrogant, aber sie ist im Abseits. Alain läßt nicht von der Lehne des Stuhls ab, traut sich aber nicht diesen zurückzuziehen, um neben ihr Platz zu nehmen; es wäre Unsinnig, wenn jeder, durch ein halbes dutzend Meter getrennt, an einem anderen Tisch frühstücken würde.
» Ja, natürlich « ,
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