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Luegen haben huebsche Beine

Luegen haben huebsche Beine

Titel: Luegen haben huebsche Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nell Dixon
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    E s geschah von einem Augenblick zum anderen: Gerade stand ich noch auf der Hauptstraße, war in Gedanken versunken, wartete auf meinen Bus. Es war ein schöner Tag, keine Wolke am Himmel, kein Regen in Sicht, wodurch das, was als Nächstes geschah, nur noch rätselhafter erscheint, als es ohnehin schon ist. Peng! Aus dem Nichts wurde ich niedergeschlagen.
    Es mag abgedroschen klingen, doch es gibt darüber hinaus nicht viel, woran ich mich erinnern kann, wenn man von den Schmerzen absieht. Und von dem Mann, der bei mir die Mund-zu-Mund-Beatmung vornahm. An den erinnere ich mich aber lieber nicht – der Typ war leicht unheimlich. Danach verschwimmt alles, bis ich im Krankenhaus aufwache mit einem fremden Namen über meinem Bett, meiner Familie, die an meiner Seite sitzt, und einer Narbe an meinem Hals.
    »Kannst du mir bitte mal erklären, was du hier aufführst?« Charlotte hatte sich mit dem Rücken gegen die Tür der Damentoilette gelehnt, um zu verhindern, dass wir gestört wurden.
    Ich öffnete meine Handtasche und zog meinen Lipgloss heraus. Meine ältere Schwester konnte äußerst furchteinflößend sein, wenn sie wütend war, und im Moment war sie stinksauer.
    »Ich habe das nicht mit Absicht getan. Ich scheine mich nur einfach nicht beherrschen zu können.«
    Ich schaute in den ovalen Goldspiegel über dem Waschbecken und entdeckte zwei glänzende Farbflecken auf meinen Wangen. Und im Hintergrund erblickte ich Charlie, die mich grimmig ansah.
    »Ich habe Wochen damit zugebracht, diesen Job vorzubereiten, und in der Schlussphase musste ich fast alles ganz allein machen, weil du dich auf dem Sofa herumgewälzt hast und Kip dir die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen ist.«
    Ich zog weiter meine Lippen nach und wartete darauf, dass Charlies Wut verrauchte. Nur meine Schwester brachte es fertig, mir Schuldgefühle einzuflößen, weil ich vor Debenhams bewusstlos geworden war, nachdem mich aus heiterem Himmel ein Blitz getroffen hatte. Dass ich weiß, dass es ein Blitz war, der mich niederstreckte, verdanke ich allein dem Umstand, dass es Zeugen gab und ich eine Narbe davontrug. Andernfalls hätte ich ihnen wahrscheinlich nicht geglaubt.
    »Wenn du dich nicht an die Story halten kannst, dann sag einfach gar nichts. Wir stehen hier kurz davor, ein hübsches Sümmchen rauszuschlagen, aber wenn dein neu gefundenes Gewissen weiter zwitschert wie ein Vögelchen, werden wir keinen Penny machen und stattdessen im Kittchen landen.«
    »Ich kann nichts dafür. Es ist, als hätte ich keinerlei Kontrolle über das, was mir über die Lippen kommt.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Es ist die Wahrheit.« Ich wünschte, es Charlie besser erklären zu können. Es fiel mir schwer, ihr nicht böse zu sein. Sie wusste schließlich, dass ich normalerweise, wenn wir arbeiteten, keine nachlässigen Fehler machte oder Informationen ausplauderte, die uns verraten konnten.
    Jemand versuchte, die Tür zur Damentoilette zu öffnen. Sie schlug gegen die Absätze von Charlies Schuhen, sodass sie vortrat und sich neben mich vor den Spiegel stellte. Eine dralle Dame mit einem zu engen Chiffonkleid kam herein und bedachte uns beide mit einem strengen Blick, bevor sie in einer der Kabinen verschwand.
    »Vergiss es nicht – halt die Klappe«, zischte Charlie, als ich ihr zurück nach draußen in die Hotelhalle folgte.
    Unser Opfer wartete in der Bar auf uns. Die war nach den Vorstellungen gestaltet worden, die irgendein Innenarchitekt von einem altmodischen Herrenclub hatte: Polstermöbel, Imitationskamine aus Marmor und trübste Beleuchtung. Ich lief ein paar Schritte hinter meiner Schwester und wütete schweigend vor mich hin.
    »Ich entschuldige mich. Meiner Assistentin geht es in letzter Zeit nicht gut.« Charlie sank anmutig in einen der Ledersessel und ließ sich von dem Mann, den sie auszunehmen gedachte, ein großes Glas Gin Tonic reichen.
    Unsere Zielscheibe warf mir einen flüchtigen Blick zu. Ich schätzte, dass es ihn nicht einmal geschert hätte, wenn ich an einer seltenen Tropenkrankheit verstorben wäre – es war Charlie, für die er sich interessierte. Wer uns nicht kannte, wäre niemals auf die Idee gekommen, dass wir Schwestern sind. Charlie ist groß, dunkelhaarig und bildschön. Deshalb versteht sie sich so gut auf das, was sie macht: Sie verlockt eitle Männer, ihr hoffnungslos zu verfallen, damit sie ihre Bankkonten plündern kann. Meine Fähigkeiten beruhen indes darauf, dass ich so gewöhnlich bin.

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