Carries ruhmreichen Tage
Chinesin. Und der Junge ist schwarz, mit krausem Haar.
– Okay Carrie. Reg dich wegen so einem Blödsinn nicht so auf. Sei kein Rassist... –
...Das ist doch absurd, wiederholt sie sich nun während des gesamten Nachmittags. ”...Sie wollten doch nur gute Absichten mit der Sexualkunde verbinden. Nur das... Gleichheit, Brüderlichkeit, Freiheit...”. Aber wo bleibt der Realismus? Carrie überdenkt es, mit dem Bewusstsein, daß sie nicht im Stande ist auch nur zu vermuten, wie oft in der Menschheitsgeschichte des Coitus, eine Chinesin und ein Schwarzer zusammentreffen konnten.
Auf der anderen Seite... eine Chinesin... Ermuntert das die Kinder, als zukünftige Erwachsene, den unaufhaltsamen Wunsch nach Sextourismus in Thailand zu verspüren?
In Bezug auf den Schwarzen... ist jeder Gedanke überflüssig.
“Hallo, kommst du oder was?”
Und es geht eine andere Nachricht von Rocko ein.
...
Und sie überlegt sich, wie außerordentlich die Welt ist, in der selbst das Bildungsministerium mit dem Geschlechtsverkehr zwischen Chinesen und Schwarzen einverstanden ist. Warum dann nicht auch zwischen alleinerziehenden Müttern und Playboys?
“Okay, alles klar. Wo treffen wir uns”
“Nein, ich hol dich ab.”
Und Carrie wartet draußen. Ihr immer währendes Schwarzes ist einem roten Kleid gewichen. Es ist ein wenig abgenutzt, doch das überdeckt sie mit ihrem beigefarbenen Jackett. Einiger Knitterfalten auf dem Rücken konnte sie sich nicht entledigen, weil das Bügeleisen den Geist aufgegeben hat. Wenn es intakt gewesen wäre, hätte sie in Windeseile noch ihr Schwarzes gebügelt, um es auf diese Weise zu trocknen; es war frisch gewaschen.
Indes ist es Nacht. Sie werden essen gehen, oder etwas Ähnliches, aber mit Sicherheit wird es dezente, romantische Lichter geben. So will Carrie es.
Jedoch löst sich die romantische Nacht kurzerhand in Rauch auf. Denn das, was anfährt, ist eine Limousine. Ein schwarzer Wagen, der endlos lang erscheint. Amerikanisch, diese triviale Art von Schuhschachtel mit Rädern. Im Innern ist Licht. Es ist ein diskreter Wagen, mit abgedunkelten Scheiben... dennoch ist Licht zu sehen. Als sich die Tür öffnet erscheint eine Partyatmosphäre. Ein Gemisch aus Zigarettenrauch und farbigen Lichtstrahlen. Rocko steigt lächelnd aus und nimmt Carrie in den Arm.
» Heute bist du also betrunken? « , fragt sie, während sie ihm über die Schulter schaut; da sind noch mehr Leute im Wagen.
» Nur glücklich, daß du uns begleitest « , sagt er. » Steig ein meine Hübsche « , und er bringt sie. Er führt sie wie eine Königin, mit dieser Galanterie aus vergangenen Tagen, die mit der Zeit verloren ging. Als Carrie sich während des Einstiegs nach vorne beugt, hält sie sich instinktiv die Hände vor den Busen, damit die Personen im Innern nicht ihr nacktes Dekolleté sehen könne. Das löst Gekichere aus, denn paradoxer Weise befindet sich im Inneren bereits eine Frau mit entblößten Brüsten.
Carrie kann nicht zählen. Dort drinnen verliert sie diese Fähigkeit. Es müssen um die zehn Leute sein, entzückende Pärchen, die lachen und Champagner trinken. Yuppie Jungen und Mädchen, dementsprechend erwachsen. Und sie muß zweimal hinsehen, aber ja, da ist eine Frau, die sich ihr Kleid heruntergezogen hat, weil sie es nicht mehr aushält. Sie will, daß ihr Freund auf der Stelle ihre Brüste vernascht.
Rocko stellt die Leute mit Namen vor. Namen die Carries Gedächtnis sofort wieder entschwinden. Eigentlich ist mehr als die Hälfte der Vorstellungen ergebnislos, denn die laute Musik macht es fast unmöglich etwas zu verstehen. Das Ganze ist eine Art Cocktailshaker o Wäscheschleuder aus Menschen, Einige fallen auf Andere und man sucht vergeblich etwas Individualität, indem man sich mitten in tausenden von bunten Kissen niederlässt. Weshalb Carrie auch auf einen Typen fällt, der sie praktisch auf seinen Schoß setzt. Er ergreift sie sofort, indem er seine Hände um ihre Taille legt.
» Also gut « , sagt sie. Rocko befummeln sie ebenfalls, in zügelloser Freundschaft, die durch den Alkohol noch hemmungsloser wird. Und sie sind auch schon unterwegs, “zur Hölle”, denkt Carrie, denn die Lichter draußen bewegen sich... aber entgegengesetzt der Discolichter einer Kristallkugel unter dem Dach. Und auch der Mixer bewegt sich erneut und verursacht ein zusammentreffen der Körper, als würde man sie in eine Sardinenbüchse füllen. Lebende Sardinen, begierig zu atmen.
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