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Cashkurs

Cashkurs

Titel: Cashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Mueller
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Überhaupt genehmigen Banken nur dann ein Baudarlehen, wenn für die Immobilie eine Wohngebäudeversicherung vorhanden ist.
    Der gleitende Neuwertfaktor
    Allein dieser Name! Warum müssen Versicherungsdinge immer so öde klingen, ist das Thema doch gar nicht …
    Aber macht der Name auch Sinn? Und die Versicherung dahinter und drum herum?
    Nun, bei einer Haftpflicht- oder Risikolebensversicherung haben Sie eine klare Versicherungssumme: Die Haftpflichtversicherung zahlt den entstandenen Schaden bis zur vereinbarten Deckungsgrenze, und die Risikolebensversicherung zahlt im Todesfall die im Vertrag festgeschriebene Versicherungssumme aus. So weit, so gut.
    Würde es bei der Wohngebäudeversicherung ebenfalls eine einmal festgelegte Versicherungssumme geben, hätten Sie jedoch im Ernstfall ein Problem – vor allem, wenn es sich um ein älteres Gebäude handelt. Nehmen wir mal an, Sie hätten von Ihren Eltern ein Häuschen geerbt, das 1960 erbaut wurde. Damals schaffte man es noch, mit viel eigener Muskelkraft und Sparsamkeit für 60000 bis 80000 Mark ein hübsches Einfamilienhaus zu bauen, und mit der entsprechenden Versicherungssumme wurde anno dazumal auch die Wohngebäude-Police abgeschlossen. Würde heute die Bude abbrennen, könnte man von der Versicherung zunächst einmal eine Auszahlung von 30000 bis 40000 Euro erwarten. Ich stelle mir gerade das Gesicht Ihres Immobilienmaklers vor, wenn Sie ihm erklären, dass Sie nach dem Brand nun ein schnuckeliges Einfamilienhaus suchen und auch gerne bereit wären, Ihre gesamte Versicherungsleistung auszugeben: 40000 Euro.
    Moment mal – und was ist mit den Renovierungen? Der neuen Heizung, den Isolierglasfenstern, der Wärmedämmung und allen weiteren Dingen, die nachträglich eingebaut oder gegen modernere Ausführungen ausgetauscht wurden?
    Genau hier kommt der sogenannte gleitende Neuwertfaktor ins Spiel und mit ihm der ominöse 1914er-Gebäudewert. Weshalb ausgerechnet der Wert kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Basis für die Berechnung des Gebäudewertes bei der Versicherung dient, ist der späteren Marktentwicklung geschuldet. Der Erste Weltkrieg, die Hyperinflation zu Beginn der zwanziger Jahre, die große Depression wenige Jahre später und dann noch der Zweite Weltkrieg haben die Immobilienpreise so verzerrt, dass als historischer Basiswert für eine Versicherung der Durchschnittswert im Jahr 1914 noch als der verlässlichste betrachtet wird … als wenn es bis dato keine Verwerfungen gegeben hätte … Sei’s drum.
    Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht jährlich neu den »gleitenden Neuwertfaktor«, mit dem der Gebäudewert von 1914 zu multiplizieren ist, um die aktuellen Kosten für den Wiederaufbau eines Gebäudes bei vollständiger Zerstörung zu schätzen.
    Nehmen wir also mal an, Sie hätten im Jahr 2002 ein Haus gebaut, das Sie damals ohne Grundstück 150000 Euro gekostet hat. (Die Versicherungssumme versteht sich immer ohne Grundstück, denn das wird nur selten durch Brand vernichtet … es sei denn, Sie wohnen im Umkreis von 20 Kilometern um ein japanisches Atomkraftwerk, aber lassen wir das hier besser.) Im Jahr 2002 galt ein »gleitender Neuwertfaktor« von 13,14. Um den 1914er-Wert zu erhalten, dividieren Sie die ursprünglichen Baukosten durch den damals geltenden Neuwertfaktor und kommen somit auf 11415 Goldmark – natürlich fiktive Goldmark aus dem Jahr 1914. Wenn Sie das Haus im üblichen Rahmen in Schuss gehalten haben, können Sie die aktuelle Versicherungssumme ermitteln, indem Sie den »Goldmark-Wert« Ihres Hauses mit dem heutigen gleitenden Neuwertfaktor multiplizieren. Dieser beträgt für das Jahr 2011 auf Euro-Basis 15,4 – und daraus ergibt sich eine Versicherungssumme von 175800 Euro.
    Siehe da, dieser dröge klingende »gleitende Neuwertfaktor« sorgt also dafür, dass wir auch dann nicht unter die Brücke ziehen müssen, wenn unser Haus in 20 oder 30 Jahren abbrennt. So langweilig ist der also gar nicht.
    Größere Maßnahmen, die den Wohnwert des Hauses deutlich erhöhen oder zusätzlichen Wohnraum schaffen, müssen Sie trotzdem unbedingt der Gebäudeversicherung melden, weil diese Maßnahmen auch den 1914er-Wert erhöhen. Doch die üblichen Erhaltungsaufwendungen und Modernisierungen sind mit dem gleitenden Neuwertfaktor abgedeckt, so dass Sie im Ernstfall davon ausgehen können, dass die Versicherung bei einer kompletten Zerstörung des Gebäudes einen Neubau mit vergleichbarer Wohnfläche

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