Cashkurs
Kindern jede Woche eine Spardose schenken und Ihnen nur die sichersten, günstigsten und besten Produkte verkaufen. Je länger Sie den Mann oder die Frau hinter dem Schalter kennen und je länger derjenige befürchten muss, Ihnen künftig über den Weg laufen zu müssen, umso ausgeprägter ist dieser Wunsch. Aber leider darf er nicht, wie er will. Für seine Bank soll er der knallharte Verkäufer sein, der all seinen Wissensvorsprung und seine Verkaufsschulungsseminare einsetzt, um an Ihnen so viel Geld wie irgend möglich zu verdienen. Sie kommen an seinen Schalter und verlangen von ihm, Ihr bester Freund, neutraler Notar und verschworener Geheimtippgeber zu sein.
Aus Angst, Sie als Kunden zu verlieren, wird er Sie auch in diesem Glauben lassen. Doch was glauben Sie, was abends passiert, wenn dieser Bankverkäufer ins Bett geht? Was glauben Sie, wie viele von denen sich abends in den Schlaf weinen? In diesem ganzen verlogenen System sind ebendiese Bankverkäufer die ärmsten Schweine zwischen allen Stühlen. Sie werden von Ihren Arbeitgebern in die Rolle des brutalstmöglichen Geldeintreibers gedrückt und von Ihnen gleichzeitig in die Rolle des neutralen Freunds und Anlageberaters. Manchen mag es gelingen, mit diesem Spagat zurechtzukommen, indem sie denken: »Wenn die Kunden so blöd sind, was kann ich dafür?« Auch eine Form des Selbstschutzes. Aber gehen Sie davon aus, dass die meisten große Probleme mit dieser Doppelrolle haben. Das hat mehr von Drückerkolonne als von neutraler Anlageberatung.
Die einfachste und fairste Möglichkeit, diesen Konflikt zu beenden, liegt bei Ihnen, lieber Leser. Hören Sie auf, den Bankverkäufer in die Rolle des Finanzeunuchen zu drücken. Geben Sie ihm die Rolle, die er von (Bank)Haus aus hat. Die Rolle des Bankverkäufers. Begegnen Sie ihm genau so, wie Sie einem Autoverkäufer begegnen würden. Freundlich, informiert und in dem Bewusstsein, dass der nette Kerl, der Ihnen einen Kaffee anbietet, Ihnen im nächsten Moment das verkaufen will, was vom Hof muss.
Bereiten Sie sich auf dieses Gespräch genauso vor, wie wenn Sie ein Auto kaufen wollen. Sie verbringen zuvor Wochen im Internet, kaufen sich drei bis sieben Autozeitschriften und nerven Ihre Freunde wochenlang mit Diskussionen über Drehmoment, Verbrauch und innenbeleuchtete Vergaser. Und wenn Sie genau wissen, welches Auto mit welchen Felgen Sie möchten, dann gehen Sie zu drei verschiedenen Autohäusern, um den besten Preis zu verhandeln. Wenn es dann noch die Fußmatten gratis gibt, unterschreiben Sie den Kaufvertrag. Und dennoch werden Sie danach denken: »Sicher hat der mich irgendwo übern Tisch gezogen.«
Hier ging es jetzt um den Kauf eines Autos für einige Jahre. Aber was machen die Menschen, wenn es um die Einmalanlage einer einmaligen, großen Erbschaft oder die lebenslange Altersvorsorge geht? Sie gehen in die allernächste Bankfiliale, suchen sich einen freien Bankverkäufer und sagen: »Mach mal, wird schon stimmen.« Dann gehen sie nach Hause und denken: »Das war mal ein netter Berater, das wird schon alles seine Ordnung haben, jetzt werde ich reich.«
Wachen Sie auf, kümmern Sie sich um Ihr Geld, bevor es andere tun. Sie tun damit Ihrem Bankverkäufer und vor allem sich selbst einen riesigen Gefallen.
Natürlich soll auch das mit Augenmaß erfolgen. Mein lieber Freund Frank, Einkäufer bei einer mittelständischen Brauerei, sagt stets: »Solange der noch keine Tränen in den Augen gehabt hat, war es nicht billig genug … und ich hab da noch nichts blitzen sehen!« Ich bin der Meinung: Leben und leben lassen. Ein faires Geschäft mit gutem Gewinn für beide Seiten ist die richtige Kombination.
Solange Ihre Bank allerdings noch 1 Prozent Gebühr für jeden Aktienkauf und 5 Prozent Ausgabeaufschlag für einen Fonds nimmt, ist dieses Verhältnis sicher noch nicht hergestellt. Versuchen Sie diese Dinge ruhig mit Ihrem Bankverkäufer zu verhandeln. Sie werden erstaunt sein, wie flexibel die manchmal sein können.
Das Allerwichtigste ist jedoch: Werden Sie zu einem ernstzunehmenden Verhandlungspartner. Machen Sie sich schlau. Surfen Sie vor einer wichtigen Geldentscheidung wochenlang im Internet, kaufen Sie sich drei bis sieben Anlegerzeitungen, nerven Sie Ihre Freunde mit Diskussionen über Renditen, Sicherheiten und Provisionssätze. Und wenn Sie auf all das keine Lust haben, dann gehen Sie zu einem unabhängigen Finanzberater. Einer, der Ihnen nichts verkauft, sondern Sie nur berät. Der kostet
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