Cassia & Ky – Die Flucht
die Canyons nicht schnell genug waren, entschlossen sich zu kämpfen, aber sie war noch ein Kind und viel zu krank.« Ein Muskel in seiner Wange zuckt, und als er blinzelt, rinnen ihm Tränen über das Gesicht. Er ignoriert sie. »Ich traf eine Abmachung mit den Zurückgebliebenen. Ich half ihnen, ihre Waffen auf das Hochplateau zu transportieren, und sie ließen mich zu Sarah zurückkehren, anstatt an ihrer Seite zu kämpfen.« Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht, warum es schiefgegangen ist. Die Flugschiffe hätten landen sollen.«
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Er hat seine Tochter und alle verloren, die er kannte. »Du kannst immer noch versuchen, die anderen auf der Ebene einzuholen«, schlage ich vor. »Noch ist es nicht zu spät.«
»Ich bin zurückgekehrt, weil ich mein Versprechen halten will«, sagt er. »In der Kaverne habe ich die Beherrschung verloren.« Er geht hinüber zu einer der langen, flachen Schachteln auf dem Tisch und hebt den Deckel ab. »Solange ich noch hier bin, kann ich dir zeigen, wie ihr zu den Rebellen findet.«
Mir kribbeln die Finger vor freudiger Erwartung, und ich lasse den Gedichtband auf dem Tisch liegen.
Endlich!
Endlich weiß jemand etwas Genaues über die Erhebung. »Danke«, sage ich und füge hinzu: »Kommst du mit uns?« Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er allein zurückbleibt.
Hunter blickt von der Schachtel auf und sagt: »Darin war eine Karte. Jemand hat sie herausgenommen.«
»Indie!«, stoße ich hervor. Es kann nicht anders sein. »Sie ist vor kurzem hinausgegangen, ich weiß nicht, wohin.«
»In einem der Häuser unten brennt Licht«, sagt Hunter.
»Ich komme mit dir«, sage ich und werfe Eli einen raschen Blick zu, der in einer Ecke der Höhle schläft.
»Er ist hier in Sicherheit«, beruhigt mich Hunter. »Noch ist die Gesellschaft nicht da.«
Ich folge ihm aus der Höhle hinaus und den vom Regen rutschigen Pfad hinunter. Wir müssen Indie finden und das, was sie vor uns verborgen hat!
Doch als wir die Tür zu dem kleinen, erleuchteten Haus öffnen, erblicken wir Ky, auf dessen Gesicht der Feuerschein flackert, während er die Karte mit dem Weg zu meinem Ziel verbrennt.
Kapitel 39 KY
Zuerst sehe ich Cassia, dann Hunter hinter ihr, und ich weiß, dass ich verloren habe. Selbst wenn die Karte verbrennt, kann Hunter ihr erklären, wo sie die Erhebung findet.
Sie reißt mir die Karte aus der Hand, wirft sie zu Boden und trampelt darauf herum, um die Flammen zu löschen. Die Ränder des Stoffs zerfallen zu schwarzen Ascheflocken, aber der größte Teil der Karte ist noch intakt.
Sie wird zur Erhebung gehen.
»Du wolltest mir das verheimlichen!«, wirft mir Cassia an den Kopf. »Wenn Hunter nicht zurückgekehrt wäre, hätte ich nie erfahren, wie ich die Erhebung finde.«
Ich antworte nicht. Es gibt nichts zu sagen.
»Was verheimlichst du mir sonst noch?«, fragt mich Cassia mit brüchiger Stimme, hebt die Karte auf und hält sie in den Händen. Behutsam, wie damals die Blätter mit den Gedichten auf dem Hügel. »Du hast mich angelogen. Du kennst Xanders Geheimnis, oder? Sag es mir!«
»Das kann ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil das allein seine Sache ist«, antworte ich. Tatsächlich hält mich nicht nur mein Egoismus davon ab, Cassia Xanders Geheimnis zu verraten. Ich weiß, dass er es ihr selber sagen wollte, und ich schulde es ihm, nichts vorwegzunehmen. Er kannte mein Geheimnis – meinen Status als Aberration – und hat es nie jemandem verraten. Nicht einmal Cassia.
Das ist kein Spiel. Er ist nicht mein Gegner und Cassia kein Preis.
»Aber das hier«, sagt Cassia und betrachtet die Karte, »bedeutet, dass wir eine Wahl haben, und du wolltest uns die Chance nehmen, frei zu entscheiden.«
Im Haus riecht es beißend und bitter nach verbranntem Stoff. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, als ich sehe, wie Cassia mich mustert – mit dem Blick einer Sortiererin. Sie siebt die Fakten. Berechnet. Legt Maßstäbe an. Ich weiß, was sie sieht – den Jungen auf dem Bildschirm, neben dem die Liste der Gesellschaft abgespult wird. Nicht den, der mit ihr auf dem Hügel gestanden oder der sie in der dunklen Schlucht, über der der Mond stand, in den Armen gehalten hat.
»Wo ist Indie?«, fragt sie.
»Sie ist rausgelaufen«, antworte ich.
»Ich gehe sie suchen«, sagt Hunter, schlüpft durch die Tür und lässt Cassia und mich allein zurück.
»Ky«, sagt sie aufgewühlt, »hier geht es um die Erhebung! Willst du
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