Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
abwarten konnte, damit anzufangen.
Aber Mama war gespannt darauf, was ich zu den anderen Geschenken sagte. Es waren ein Dutzend Kaschmirpullover in allen erdenklichen Rosa-, Blau- und Grüntönen, und zu jedem gehörte ein passender Rock, der so schmal wie ein Bleistift war. Mama sagte, solche Röcke trügen jetzt alle, obwohl sie so eng waren, daß man nicht schnell darin laufen konnte. In anderen Päckchen waren Seidenblusen, goldene Ohrringe und ein passendes Armband von Tiffany, das mit Diamantsplittern übersät war, Parfüm von Chanel und Duftseifen und ein Kamm und eine Bürste mit Perlmuttgriff.
Und ein Lippenstift! Endlich konnte ich Lippenstift tragen, wenn auch natürlich nur unauffällig und nur zu besonderen Gelegenheiten. Aber ich hatte einen eigenen, ganz für mich allein. Mama hatte mir immer versprochen, mir zu zeigen, wie man sich richtig schminkte, wenn es an der Zeit war.
Ein Päckchen war dabei, von dem sie sagte, ich dürfte es jetzt nicht öffnen. Damit müßte ich warten, wenn wir allein wären.
»Das ist Mädchensache«, sagte sie und warf einen Blick auf meinen Vater. Sie fand es schrecklich von ihm, daß er am Morgen meines Geburtstages ins Büro ging, aber er sagte, er könnte den Rest des Tages mit mir verbringen und Mama und mich dann zum Abendessen ausführen, daher verzieh ich ihm. In dieser Zeit mußte er immer mit irgendwelchen Krisen fertig werden. Er schob es auf die Düsenflugzeuge, die jetzt den Linienluftverkehr aufgenommen hatten und den Luxusdampfern immer mehr Konkurrenz machten. Mama hatte schon immer kritisiert, daß er zuviel Zeit in seine Arbeit steckte, und all das ließ es nur noch schlimmer werden.
Wir hatten zwar schon viele Schiffsreisen unternommen, aber sie behauptete, wir seien wie Schuster ohne Schuhe, weil wir nicht die Reisen machten, die sie gern unternommen hätte.
»Mein Mann ist in der Reisebranche tätig, und wir machen selten Urlaubsreisen. Wir müssen neue Reiserouten oder neue Schiffe testen, statt Reisen zu genießen, wie es sein sollte«, klagte sie manchmal erbittert.
Ich wußte, daß das letzte große Päckchen etwas mit alldem zu tun hatte, denn Mama hatte gesagt, sie hätte den Inhalt in der Hoffnung gekauft, ich bekäme Gelegenheit, ihn zu benutzen, und dann hatte sie Daddy finster angesehen und gesagt: »Ich hatte immer noch keine Gelegenheit, meine zu benutzen.«
Ich riß eilig das Paket auf und öffnete die Schachtel. Es war eine Skiausrüstung: ein dicker Kaschmirpullover und maßgeschneiderte Skihosen mit einer passenden italienischen Seidenbluse. Im Lauf des Sommers hatte Mama viele Male den Wunsch geäußert, Winterurlaub in St. Moritz zu machen und im Palace Hotel zu wohnen, »in dem die beste Gesellschaft absteigt«. Die Skikleidung war wunderschön.
Ich sah noch einmal all meine wunderbaren Geschenke an, quietschte vor Freude und drückte Mama an mich. Sie gelobte, sie würde immer dafür sorgen, daß ich schönere Geburtstagsgeschenke bekäme, als sie damals in Texas bekommen hatte. Obwohl ihre Familie nicht arm gewesen war, sagte sie, ihre Mutter, meine Großmama Jana, sei so asketisch wie ein puritanischer Geistlicher. Wieder und immer wieder hatte sie mir die traurige Geschichte erzählt, wie man es ihr noch nicht einmal erlaubt hatte, als kleines Mädchen eine Puppe zu besitzen. Mamas Schwestern, die beide älter waren, waren wie ihre Mutter: Sie sahen beide so schlicht aus und legten keinen Wert darauf, feminin zu wirken und schöne und wertvolle Dinge zu besitzen.
Tante Peggy und Tante Beatrice wären wirklich so häßlich wie die böse Hexe in Der Zauberer von Oz. Wir sahen sie nicht allzu oft, aber wenn, dann war es mir verhaßt, wie sie mich durch ihre breitrandigen Brillengestelle ansahen. Beide trugen die gleiche häßliche Brille mit dem schwarzen Gestell. Die Gläser vergrößerten ihre stumpfen braunen Augen und ließen sie wie Frösche aussehen. Wenn Mama von ihnen sprach, dann immer so vereinheitlichend, daß ich sie mir als Zwillinge vorstellte. Ihre Figuren waren genau gleich. »Bügelbretter« nannte Mama sie. Sie sagte, Großmama Jana hätte Männer für sie gefunden, die so rückgratlos und hausbacken waren wie sie selbst: Einer war der Besitzer eines Kolonialwarenladens in Ludville, Texas, und der andere ein Bestattungsunternehmer im nahegelegenen Fairfax.
Nach Mamas Angaben waren die beiden texanischen Städte und auch die, aus der sie kam, »so staubig und schmutzig, daß man nach einem Bummel durch
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