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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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fürchtete ich mich ein wenig. Ich konnte mir vorstellen, daß das zu erwarten war, und wahrscheinlich ging es jeder Frau so, die ihr erstes Kind bekam, insbesondere, wenn sie noch so jung war wie ich.
    »O Luke, bring mich zur Hütte zurück und halt mich fest. Halte mich, wie du mich noch nie gehalten hast«, sagte ich. Er küßte mich, und wir machten uns auf den Rückweg.
    »Warte«, sagte ich und hielt ihn zurück.
    Ich drehte mich noch einmal um, um ein letztes Mal die Sterne anzusehen.
    »Was ist, Angel?« fragte Luke.
    »Wenn ich heute nacht die Augen zumache, will ich all diese Sterne hinter geschlossenen Lidern sehen. Ich möchte mir vorkommen, als schliefe ich im Himmel ein.«
    Er lachte, und dann machte der Weg im Wald eine Biegung, und die Sterne waren verschwunden.

 
    E PILOG
     
     
     
    Ich drehe die Seite um, aber dort ist nichts mehr geschrieben, auf der nächsten Seite nicht und auch nicht auf der übernächsten. Schließlich finde ich zwischen der letzten Seite des Tagebuchs und dem Einband ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Ich falte es behutsam auseinander, weil es so alt ist, daß es sich anfühlt, als könne es in meinen Fingern zu Staub zerfallen. Es ist ein Brief von einer Detektei.
     
    Lieber Mr. Tatterton,
    wie Sie wissen, habe ich Ihre Stieftochter in den Bergen von West-Virginia ausfindig gemacht. In meinem letzten Bericht habe ich Ihnen die Bedingungen geschildert, unter denen sie lebt, und ich habe Ihnen berichtet, daß sie schwanger ist.
    Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Sie. Gestern hat mein Assistent, dem ich den Fall übergeben habe, sich gemeldet, um zu berichten, daß er vom Tod Ihrer Tochter erfahren hat. Anscheinend ist sie bei der Geburt gestorben. Er sagte mir, sie hätte nicht unter ärztlicher Betreuung gestanden und das Kind in ihrer Hütte in den Bergen zur Welt gebracht. Das tut mir leid für Sie.
    Er hat außerdem berichtet, daß das Kind am Leben ist und daß es sich um ein Mädchen handelt.
    Ich erwarte weitere Anweisungen.
    Hochachtungsvoll
    L. Stanford Banning,
    Privatdetektiv
     
    Einen Moment lang bekomme ich keine Luft. Diese Luft hier in dieser alten, staubigen Suite ist so abgestanden und muffig.
    »Annie!«
    Luke ruft mich.
    »Ich bin hier, Luke.«
    Im nächsten Moment steht er in der Tür. »Sämtliche Besucher sind eingetroffen, Annie. Und sie fragen nach dir. Es ist an der Zeit«, sagte Luke. Ich nickte. »Was hast du getan?«
    »Ich habe nur dagesessen und gelesen.«
    »Was hast du gelesen?« Er kommt näher.
    »Eine Geschichte, eine seltsame, traurige, aber sehr schöne Geschichte, die Geschichte meiner Großmutter.« Ich halte die Tränen zurück, doch Luke sieht sie in meinen Augen.
    »Laß uns jetzt gehen, Annie. Dieser Ort bedeutet Traurigkeit und Kummer. Du gehörst nicht hierher.«
    »Ja.« Ich lächele. Wie gut Luke aussieht, genauso gut, wie sein Großvater ausgesehen haben muß. Er streckt die Hand aus, und ich nehme sie und stehe auf. Wir verlassen die Suite, und ich bleibe noch einmal stehen.
    »Was ist?«
    »Nichts«, sage ich. »Ich will das nur wieder zurücklegen. Irgendwie habe ich das Gefühl, es gehört hierher unter all die anderen Erinnerungen.« Ich stecke das Tagebuch wieder in den Leinenbeutel und lege ihn in die Schublade zurück. Dann sehe ich mich noch einmal um und eile zu Luke.
    Wir steigen die breite Treppe hinunter. Ich bleibe stehen. Mir ist, als hätte ich das Lachen eines kleinen Jungen gehört. Ich glaube sogar, ich kann ihn rufen hören: »Leigh! Leigh!«
    Ich lächele.
    »Was ist?« fragt Luke noch einmal.
    »Ich habe mir nur gerade meinen Vater als einen kleinen Jungen vorgestellt, wie er meine Großmutter ruft, damit sie mit ihm spielt.«
    Luke schüttelt den Kopf.
    Wir steigen wieder die Stufen hinunter und laufen durch die große Eingangshalle. Ist das Musik, was ich hinter mir höre? Angels Geburtstagsparty? Ein Klavierkonzert für reiche Gäste? Mein Vater, der Chopin übt? Oder ist es nur der Wind, der sich durch die Ritzen einen Weg in das große Haus bahnt? Vielleicht ist es all das zugleich.
    Ich verlasse mit Luke das Haus und schließe die riesige Tür hinter mir, und die Frage und die Antwort darauf lasse ich mit all den anderen in diesem gewaltigen Haus zurück, auf Farthinggale Manor.
     

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