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Castello Christo

Titel: Castello Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Tag sind mein Mann und ich zur Questura gegangen und haben sie angefleht, weiter nach unserem Sohn zu suchen, bis man uns irgendwann zu verstehen gegeben hat, dass man sich um andere Fälle kümmern müsse. Fälle, bei denen noch Hoffnung bestehe. Mein Mann hat die Kaltschnäuzigkeit der Beamten nicht verkraftet, er ist daran zerbrochen. Jetzt, nach all den Jahren, hat man meinen Jungen umgebracht. Er ist tot, weil Ihre Kollegen mir damals nicht geglaubt haben, Commissario. Und nun stehen Sie vor mir und bitten mich, Ihnen zu helfen? Jetzt, wo es für Stefano wirklich zu spät ist?«
    Ein furchtbares Schluchzen erstickte ihre Stimme. Tränen rannen ihr über die Wangen, und Varotto befürchtete schon, sie würde hysterisch werden, als ihre Augen sich auf einmal weiteten.
    »Wer sind Sie?«, fragte Rosa Costali, sah aber an ihm vorbei. »Von der Polizei sind Sie jedenfalls nicht.«
    Ohne dass Varotto es bemerkt hatte, war Matthias näher getreten. »Nein, ich bin kein Polizist, Signora«, sagte er, schob den Besucherstuhl an ihr Bett und setzte sich. Sanft umschloss er ihre faltige Hand mit seinen beiden Händen und sah ihr voll Mitgefühl in die Augen.
    »Sind Sie ein Engel?«, fragte sie, und ihr Blick glitt über seine langen hellblonden Haare. »Ein Mann Gottes?«
    »Ich lebe in einem Kloster«, wich Matthias der Frage aus.
    »Warum sind Sie hier?«
    Matthias lächelte sie an. »Um Sie in Ihrem Leid zu trösten, Signora. Ihr Sohn war bestimmt ein ganz besonderes Kind, das seiner Mutter viel Freude gemacht hat.«
    Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. »Ja, das war mein Stefano. Ein ganz besonderer Junge.«
    »Signora, ich weiß, wie es ist, wenn man plötzlich einen geliebten Menschen verliert. Ich hatte einen kleinen Bruder, den Gott fast im gleichen Alter zu sich nahm, in dem Ihr Stefano war, als er damals verschwand.«
    Die Frau sah ihn mit großen Augen an. »War er krank?«
    »Nein, Signora«, entgegnete Matthias leise und senkte den Kopf. »Er ist ermordet worden.«
    Sie entzog ihm ihre Hand, um sie gleich darauf auf seine zu legen. »O Gott   ... Und hat man den   ... den Mörder gefunden?«
    Es vergingen einige Sekunden, bis Matthias antwortete. »Man musste ihn nicht suchen, Signora. Der Mörder meines kleinen Bruders war unser Vater.«
    Varotto, der zwischenzeitlich einen Schritt zurückgetreten war, zog deutlich hörbar die Luft ein.
    »Aber das ist nicht . . .«
    Matthias wurde vom Klingeln eines Mobiltelefons unterbrochen. Der Commissario zog sein Handy aus der Jackentasche und wandte sich ab. Nach einigen Sekunden sagte er: »Ich komme«, und steckte dann das Handy wieder ein.
    »Wir müssen los«, erklärte er Matthias, der ihn fragend ansah. »Es ist   ... wegen der Nachricht . . .«
    Matthias verstand und erhob sich. »Signora, wenn Sie erlauben, komme ich wieder. Dann können wir uns über die beiden kleinen Jungen unterhalten, die uns viel bedeutet haben.«
    Rosa Costali nickte erschüttert. Als die beiden Männer das Zimmer verließen, richtete sich ihr Blick wieder gegen die Zimmerdecke.

Il Castello
    19
    Die beiden Männer saßen sich in einem der Zimmer gegenüber, wie es unzählige entlang der langen Flure gab. Die Einrichtung des Raumes war spartanisch, ein grob gezimmertes Bett, daneben ein niedriges Tischchen mit einigen Büchern darauf, ein größerer Tisch mit zwei Stühlen an der gegenüberliegenden Wand sowie ein schmaler Spind. Die Wände aus rötlichem Sandstein waren wie alle Mauern des Gebäudes unverputzt. In der Mitte des Raumes hing eine Glühbirne von der Decke.
    Der Abbas sah seinem Gegenüber fest in die Augen. »Bald ist es so weit.«
    Der junge Mann nickte ernst. »Ja, ich weiß, Monsignore. Aber was wird dann geschehen?«
    »Was dann geschieht, entscheidet man in Rom. Wir sind nur die Soldaten, die die Befehle ausführen. Ihr werdet dabei helfen, ein großes Ziel zu erreichen.«
    Sie sahen sich lange an, dann erhob sich der Ältere. An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Wir haben dich zu dem erzogen, was du bist. Sei dankbar.«
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht des jungen Mannes, das jedoch die Augen nicht erreichte. Der Abbas betrat derweil schon die Kammer nebenan. Er ging auf den Mann dort zu, der ihm erwartungsvoll entgegensah, und sagte wieder: »Es ist bald so weit.«

Rom. Policlinico Universitario Agostino Gemelli
    20
    Sie nahmen die Treppe, weil die Fahrstuhltür sich genau in dem Augenblick geschlossen hatte, als sie darauf

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