Castello Christo
hat’s hinter sich, dachte Luca. Dann rannte er die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Er hatte schon lange nichts mehr gegessen und war hungrig.
Rom. Via Michele Pironti
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». .. und als der Abt des Klosters mir vor ein paar Tagen mitteilte, dass Kardinal Voigt kommen würde, wusste ich, dass die Zeit gekommen war, das Abkommen zwischen der Kurie und der italienischen Justiz zu erfüllen.«
Über eine Stunde hatte Matthias erzählt, und Alicia und Varotto hatten ihn kein einziges Mal unterbrochen. Nun schwiegen alle drei. Sowohl die Journalistin als auch der Commissario hatten vier Jahre zuvor einiges über die Simonische Bruderschaft gehört, die Tragödie jedoch, die der Deutsche ihnen in allen Details beschrieben hatte, zeigte nun eine ganz andere Wirkung als der trockene Polizeibericht damals. Ihr Verstand brauchte einige Zeit, um zu akzeptieren, dass es sich bei dieser grausamen Geschichte nicht um einen Vatikanthriller handelte, sondern dass sie von Matthias tatsächlich so erlebt worden war. Etliche Minuten vergingen, ohne dass irgendjemand etwas sagte. Schließlich erhob sich Matthias.
»Ich gehe eine Runde spazieren, ich brauche frische Luft.«
Ohne einen Einwand abzuwarten, verließ er das Zimmer und zog Sekunden später die Wohnungstür hinter sich zu. Alicia und Varotto sahen sich an, und jeder entdeckte im Gesicht des anderen Mitleid für den Deutschen, der eine so schreckliche Tyrannei erlebt hatte.
Rom. Via Vitelleschi
43
Als das Telefon in dem kleinen Appartement in der Via Vitelleschi klingelte, ahnte Salvatore Bertoni schon, wer der Anrufer war. Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Signore Matthias! Ich freue mich, dass Sie mich anrufen. Kann ich Ihnen bei irgendetwas behilflich sein?«
»Ja, Monsignore. Entschuldigen Sie, dass ich Sie zu Hause belästige, aber das können Sie tatsächlich. Es ist allerdings ein wenig kompliziert.«
Matthias erklärte dem Geistlichen in knappen Sätzen, dass Varotto trotz Beurlaubung weiterermitteln wollte und er sich deshalb entschlossen hatte, ihn dabei zu unterstützen, so gut er konnte. Kardinal Voigt erwähnte er dabei nicht in der Hoffnung, dass Bertoni nicht nach ihm fragen würde.
»Und da Sie Niccolò Gatto gut gekannt haben, wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns bei der Suche nach ihm helfen würden.«
Eine Zeitlang herrschte Stille.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann«, sagte Bertoni zögerlich, »aber versuchen werde ich es gerne. Haben Sie Seine Eminenz darüber informiert?«
Matthias schalt sich einen Narren, dass er gehofft hatte, Kardinal Voigt außen vor lassen zu können. Natürlich musste Bertoni die Frage stellen; schließlich war der Kardinalpräfekt sein Vorgesetzter.
»Nein, Monsignore, bisher noch nicht. Es gibt da noch einige wichtige Dinge, die ich mit ihm besprechen muss.«
Wieder entstand eine Pause, dieses Mal noch länger als zuvor. Matthias glaubte schon, dass Bertoni ablehnen würde, als der sagte: »In Ordnung, ich helfe Ihnen.«
»Danke«, sagte Matthias erleichtert und räusperte sich dann. »Es gibt da leider noch etwas, um das ich Sie bitten möchte. Der Commissario und Signorina Egostina haben keine Ahnung, dass der Heilige Vater mit Gatto aufgewachsen ist, und es wäre mir wichtig, dass das vorerst auch so bleibt. Ich hoffe . . .«
»Es ist richtig, dass Sie mit den vertraulichen Informationen des Heiligen Vaters behutsam umgehen. Hätte ich einen anderen Eindruck gewonnen, wäre unser Gespräch in meinem Büro schnell beendet gewesen.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Matthias noch einmal. »Und ich freue mich, dass mein Gefühl mich nicht getäuscht hat.«
Bertoni lächelte hörbar. »Wie soll es nun weitergehen?«
»Haben Sie ein Auto?«
»Ja. Es ist zwar alt und ich benutze es nur selten, doch es ist durchaus fahrtüchtig.«
»Wäre es Ihnen möglich, zu uns zu kommen, Monsignore? Wir sind in der Wohnung von Commissario Varotto in der Via Michele Pironti 164.«
»Via Michele Pironti ... Ich denke, das finde ich. In etwa einer halben Stunde bin ich bei Ihnen.«
»Wunderbar. Und nochmals – danke für Ihre Bereitschaft, uns zu unterstützen.«
»Ich hoffe, ich kann Ihnen wirklich helfen. Bis gleich«, antwortete Salvatore Bertoni.
Kaum hatte er aufgelegt, klingelte sein Mobiltelefon auf der Kommode direkt neben der Eingangstür. Als Bertoni die Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm, schwand das Lächeln aus seinem Gesicht.
Rom. Questura,
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