Castle 1 - Castle, R: Castle 1
Schnapsladen plündern. Haben Sie einen Strumpf, den ich mir leihen kann, um ihn mir über den Kopf zu ziehen?“
Der genaue Inhalt ihres Spirituosenschranks in der Küche bestand aus einer Viertelflasche Sherry zum Kochen, einer Flasche Pfirsichbellini, auf der kein Mindesthaltbarkeitsdatum stand, deren Inhalt sich aber bereits vor Jahren zersetzt hatte und nun aussah wie spaltbares nukleares Material … Aha! Und eine halbe Flasche Tequila.
Rook hielt die Taschenlampe, und Nikki erhob sich nach einem Blick in das Gemüsefach ihres Kühlschranks, um eine traurige, kleine Limette zu präsentieren, als hätte sie einen Baseball von Barry Bonds komplett mit Autogramm gefangen. „Zu dumm, dass ich keinen Triple Sec oder Cointreau habe, sonst könnten wir Margaritas mixen.“
„Bitte“, sagte er. „Das ist mein Spezialgebiet.“ Sie kehrten zum Sofa zurück, und er breitete alles auf dem Couchtisch aus: ein Schälmesser, einen Salzstreuer, die Limette und den Tequila. „Heute, liebe Kinder, stellen wir etwas her, das man Handmargaritas nennt. Aufgepasst.“ Er schnitt ein Achtel aus der Limette, goss sich ein Schnapsglas Tequila ein, leckte sich über den Handrücken und streute Salz darauf. Dann leckte er das Salz ab, kippte den Tequila herunter und biss in die Limette. „Oh ja. Das ist es“, sagte er. „Das habe ich von Desmond Tutu gelernt“, fügte er hinzu, und sie lachte. „Jetzt Sie.“
In einer flüssigen Bewegungsabfolge nahm Nikki das Messer, schnitt ein Stück aus der Limette, leckte über ihre Hand, streute Salz darauf und brachte die Sache mit Bravour zu Ende. Sie sah seinen Gesichtsausdruck und sagte: „Was glauben Sie, wo zum Teufel ich all die Jahre gewesen bin?“
Rook grinste und bereitete einen weiteren Tequila vor. Während sie ihn beobachtete, spürte sie, wie sich ihre schmerzenden Schultern nach und nach entspannten. Langsam legte sie den Zustand ständiger Wachsamkeit ab, der ungewollt zu einem Teil ihres täglichen Lebens geworden war. Doch als er fertig war, trank Rook seinen Tequila nicht. Stattdessen hielt er ihr seine Hand hin. Sie starrte auf das Salz auf seiner Haut und das Limettenstück, das er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Nikki sah ihm nicht in die Augen, weil sie fürchtete, sie könnte ihre Meinung sonst ändern, anstatt es einfach zu wagen. Sie neigte den Kopf und ließ ihre Zunge über seine Haut gleiten, zuerst ganz schnell, doch dann beschloss sie, den Moment etwas in die Länge zu ziehen und ließ sich Zeit damit, das Salz vollständig von seiner Haut zu lecken. Er reichte ihr das Schnapsglas, und sie kippte den Inhalt herunter. Dann umfasste sie sein Handgelenk mit ihren Fingern und führte das Limettenstück an ihre Lippen. Der saure Limettensaft reinigte ihren Gaumen, und als sie ihn herunterschluckte, breitete sich die Wärme des Tequilas in ihrem ganzen Körper aus und erfüllte sie mit einer wundervollen Heiterkeit. Sie schloss die Augen, fuhr sich noch einmal mit der Zunge über die Lippen und schmeckte Limettenaroma und Salz. Nikki war keineswegs betrunken, es war etwas anderes. Sie ließ sich fallen. Es war eines dieser einfachen Dinge, die die Leute als selbstverständlich ansahen. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte sie sich vollkommen entspannt.
In diesem Augenblick fiel ihr auf, dass sie immer noch Rooks Handgelenk umfasst hielt. Es schien ihm nichts auszumachen.
Keiner der beiden sagte ein Wort. Nikki leckte über ihre eigene Hand und streute Salz darauf. Nahm ein Stück Limette. Schenkte Tequila ein. Und dann bot sie ihm ihre Hand an. Im Gegensatz zu ihr wandte er seinen Blick nicht ab. Er zog ihre Hand zu sich heran, legte seine Lippen darauf und leckte erst das Salz und dann den salzigen Geschmack ihrer Haut ab, während sie einander anstarrten. Dann trank er den Tequila und biss in die Limette, die sie ihm reichte. Sie hielten den Augenkontakt die ganze Zeit über aufrecht und keiner von ihnen bewegte sich. Es war die verlängerte Version ihres Parfümanzeigenmoments auf Matthew Starrs Balkon. Doch dieses Mal wandte sich Nikki nicht ab.
Zaghaft und langsam kamen sie beide ein Stück aufeinander zu. Sie schwiegen immer noch und starrten sich auch weiterhin in die Augen. Welche Sorge, welche Unsicherheit, welchen Widerspruch sie zuvor auch verspürt haben mochte, nun drängte sie das alles beiseite – es waren überflüssige Gedanken. Sie streckte eine Hand aus und berührte sanft die Stelle seines Kiefers, an der sie ihn mit
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