Castle 2: Naked Heat - In der Hitze der Nacht (German Edition)
Nikki den Weg versperren würde. Doch die Lokomotive kam schneller als gedacht, und nun war Soleil zwischen dem Zaun und dem langen vorbeifahrenden Zug gefangen, während sich Nikki daran machte, den Zaun zu erklimmen.
„Es ist vorbei, Soleil“, rief sie über das Knarren des Metalls und das Kreischen der Stahlräder, die hinter ihrer Verdächtigen über die Schienen rollten. „Gehen Sie von den Schienen weg. Legen Sie sich flach auf den Boden und halten Sie Ihre Hände hinter Ihren Kopf.“
„Wenn Sie noch näher kommen, springe ich.“
Nikki sprang vom Zaun herunter und landete auf beiden Füßen. Soleil rückte daraufhin näher an den Zug heran und lehnte ihren Körper in Richtung der vorbeiratternden Wagons, so als ob sie sich unter die Räder werfen wollte. „Ich werde es tun.“
Heat hielt inne. Sie war etwa neun Meter entfernt. Obwohl es eine ebene Oberfläche war, bot der Schotter einen ungünstigen Untergrund, und die Sängerin war schnell. Nikki hatte keine Chance, die Entfernung rechtzeitig zu überwinden, um sie davon abzuhalten, sich vor die Räder des Zugs zu werfen. „Soleil, kommen Sie schon, treten Sie von den Schienen weg.“
„Sie haben recht. Es ist vorbei.“ Sie drehte sich herum, um auf die Schienen hinunterzusehen, die an den Seiten voller Rost, Staub und Schmutz waren. Doch auf der Oberseite, wo die Räder entlangschleiften und die Reibung den ganzen Dreck abtrug, glänzten sie wie ein nagelneues Stück Aluminiumfolie. Als Soleil wieder aufsah, war Nikki ein paar Meter näher gekommen, und die Sängerin rief: „Halt!“, also blieb sie stehen.
„Dann bewegen Sie sich einfach nicht, Soleil. Nehmen Sie sich eine Minute Zeit, ich werde warten.“ Nikki sah an ihr sämtliche Anzeichen, die ihr nicht gefielen. Die Haltung der Frau war zusammengesackt. Ihr Körper zog sich in sich zurück und ließ sie in dem glitzernden Kostüm klein und fremdartig wirken. Jedes bisschen Arroganz und Härte war aus dem Gesicht der Sängerin gewichen. Ihr Mund zitterte, und Nikki konnte sehen, wie sich unter ihrem Make-up rote Flecken bildeten. Und sie starrte weiterhin auf die Räder, die weniger als einen Meter von ihr entfernt über die Schienen rollten. „Können Sie mich hören?“, rief Nikki über den Lärm und wusste, dass sie nur versuchte, Soleils Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Ich glaube, ich kann das nicht“, sagte Soleil mit kaum wahrnehmbarer Stimme.
„Dann tun Sie’s nicht.“
„Ich meine, weitermachen.“
„Sie werden das schon schaffen.“ Sie wussten beide, dass sie sie verhaften musste, doch Heat versuchte, sie dazu zu bringen, an der unmittelbaren Zukunft vorbeizusehen. Sie aus dem Hier und Jetzt herauszubekommen.
„Was ist mit diesem Typen passiert? Der von gestern Morgen?“
„Es geht ihm gut. Er wird morgen aus dem Krankenhaus entlassen.“ Heat wusste das nicht mit Sicherheit, fand aber, dass es Zeit für positive Gedanken wurde. Sie dachte an das gestrige Gespräch in Vernehmungsraum 1 und den Schnitt an Soleils Knöchel zurück, an dem sie die ganze Zeit herumgeknabbert hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie gedacht, sie hätte ihn sich bei einer Probe zugezogen, immerhin vollführte sie bei ihren Auftritten einige gewagte Kunststücke. Der Gott der späten Einsicht stattete ihr einen Besuch ab, und nun sah sie die Verletzung als Kampfnarbe eines Straßenräubers.
„Ich musste es bekommen. Er wollte nicht loslassen, also musste ich …“
„Er kommt wieder in Ordnung. Kommen Sie schon, gehen Sie da weg.“
„Ich habe immer noch Albträume davon.“ Soleil ignorierte Nikki, sie war vollkommen in ihrer eigenen Unterhaltung verloren. „Mit dem Gefängnis kann ich vielleicht klarkommen. Aber nicht mit den Albträumen. Wegen dem, was mit Reed passiert ist, meine ich. Ich will diese Nacht zurück. Es war so dumm.“ Und dann brüllte sie: „
Ich
war so dumm … Und jetzt werde ich ihn niemals zurückbekommen.“
Als Soleil schluchzend zusammenbrach, war Heat hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie, dass Soleil weitersprach und ihr die Wahrheit über das erzählte, was mit Reed Wakefield geschehen war. Andererseits fühlte sie sich verpflichtet, ihr ihre Rechte vorzutragen, damit sie alles, was Soleil sagte, vor Gericht gegen sie verwenden konnte. Und schließlich verspürte sie auch ein menschliches Bedürfnis, Soleil nicht so weit zu drängen, dass sie sich das Leben nehmen würde. „Soleil, wir können später darüber reden. Kommen Sie, kommen
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