Castle Hill - Stuermische Ueberraschung
bei Dr. Pritchard war ich in die leere Wohnung zurückgekehrt und hatte sofort losgelegt: Ich hatte aufgeräumt, geputzt und ausgemistet. Außerdem hatte ich standhaft alles ignoriert, was mich daran erinnerte, dass Braden und ich nicht mehr im selben Bett schliefen, selbst als ich ins Gästezimmer gegangen war, um es auszumessen, und überall seine Sachen herumlagen. Dieser Raum würde das Kinderzimmer werden. Ich hatte an Gelb oder Grün als Grundton gedacht, weil beide Farben geschlechtsneutral waren.
Dann hatte ich meinen Laptop eingeschaltet und eine E-Mail von meiner neuen Agentin gelesen. Sie hatte mein Manuskript an den Verlag geschickt und würde es begrüßen, wenn ich so schnell wie möglich anfinge, Konzepte für ein neues Buch zu entwickeln. Also hatte ich mich an den Rechner gesetzt und eine Zeitlang Notizen zu mehreren Ideen getippt, die ich später noch ausbauen wollte.
Dann hatte ich Panik bekommen, weil ich keinen blassen Schimmer hatte, was es überhaupt bedeutete, Mutter zu sein, und meinen Online-Bestell-Marathon gestartet.
Jetzt war ich mit den Nerven am Ende. Ich stellte mich vor den Spiegel im Schlafzimmer und hob mein T-Shirt hoch.
Noch nichts zu sehen.
Ich strich mit der Hand über meinen Bauch und dachte darüber nach, wie komisch es war, dass da drin ein kleiner Mensch heranwuchs, den ich schon jetzt über alles liebte.
Wenn Braden mir doch nur die Chance geben würde, ihm das zu sagen.
Ich betrachtete die Lücke zwischen Fenster und Bett und überlegte, ob wir dort vielleicht anfangs das Babybett hinstellen konnten. Ich wollte, dass das Baby immer in unserer Nähe war. Ich wusste jetzt schon, dass ich kein Auge zumachen würde, wenn ich nicht sicher sein konnte, dass es unserem Kind gutging und es in unmittelbarer Reichweite war.
Nachdem ich mehrere Minuten lang vergeblich nach dem Maßband gesucht hatte, ging ich zurück ins Gästezimmer, um nachzuschauen, ob ich es vielleicht dort hatte liegenlassen. Ich fand es auf dem Nachtkästchen und wollte es nehmen, aber die Anschrift auf einem Briefumschlag, der halb unter einem Buch versteckt lag, ließ mich innehalten.
Mit klopfendem Herzen zog ich den Brief unter dem Buch hervor. Beim Lesen überlief es mich kalt.
Meine Finger wurden taub. Der Brief glitt mir aus der Hand und flatterte zu Boden.
Es war ein Schreiben an Bradens Mieter, in dem sie aufgefordert wurden, innerhalb eines Monats ihre Wohnung zu räumen. Mit »Wohnung« war Bradens altes Junggesellen-Penthouse in den Meadows gemeint. Nachdem wir zusammengezogen waren, hatte er es vermietet.
Unter dem Vorbehalt, dass die Mieter kurzfristig ausziehen mussten, wenn er Eigenbedarf anmeldete.
Es klingelte an der Tür.
Eine hochwillkommene Ablenkung von der Angst, die kalt durch meine Adern lief.
»Liv?«, sagte ich verdattert, nachdem ich geöffnet hatte.
Olivia und ich waren gut befreundet, trotzdem hätte ich nie damit gerechnet, dass sie sich als Erste bei mir blicken lassen würde. Jo und ich standen uns näher. Liv und ich kannten uns eigentlich nur wegen Jo, aber da wir beide Amerikanerinnen waren und Bücher liebten, hatten wir uns rasch angefreundet.
Liv musterte mich besorgt, und mir wurde sofort unbehaglich zumute. Ich wusste genau, was sie sah: dunkle Ringe unter den Augen, weil ich kaum geschlafen hatte; eine bleiche, teigige Haut und wirr zu Berge stehende Haare.
»Ist Braden da?«, fragte sie beiläufig, als sie sich an mir vorbei in die Wohnung schlängelte.
Zum Schlängeln bestand gar kein Grund. Ich war heilfroh über ihren Besuch, solange wir nicht über Braden und meine Schwangerschaft redeten.
»Nein, der muss arbeiten«, antwortete ich, während ich ihr in die Küche folgte.
Als ich dort ankam, war sie bereits dabei, Tee zu kochen. Sie sah mich mit gerunzelter Stirn an. »Du solltest besser auf dich achtgeben.«
»Ich hatte viel zu tun.« Dankbar stürzte ich mich auf das Thema. »Eine Literaturagentin aus New York vertritt mich jetzt.«
Liv strahlte. »Dein Buch hat ihr gefallen?«
»Mein Buch hat ihr gefallen.«
»Joss, das ist ja phantastisch!«
Ich erwiderte ihr Lächeln. Von allen meinen Bekannten war Liv diejenige, die am ehesten nachvollziehen konnte, wie cool das war. Liv war Bibliothekarin. Bücher waren ihre Leidenschaft. »Ja.«
Dann wanderte ihr Blick zu meinem Bauch, und ihre Miene wurde unsicher. Ich kam ihrer nächsten Frage zuvor. »Sie findet, ich soll sofort mit meinem zweiten Roman anfangen.«
Zu meiner Erleichterung
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