Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
werdet, um begreifen zu können, dass euer sanfter Frieden vorbei sein wird und euch der schlimmste aller Kriege bevorsteht .
DER DÄMON
Es war ein kalter Abend, der Wind zog um die Häuser Zitelias und es lag Angst in der Luft.
Die Wachen durchstreiften die Stadt. Zu jenem Zeitpunkt wussten nicht einmal sie selbst, wonach sie genau suchten. Hauptmann Morris hatte sie wenige Stunden zuvor zusammengerufen. Er war völlig aufgelöst gewesen, wusste kaum, was er sagen sollte. Den einzigen klaren Befehl, den er gab, war, die Stadt umzukrempeln und Es zu suchen. Die Haupttore wurden geschlossen. Dies kam eigentlich nur zu Kriegszeiten vor – dunkle Stunden, die längst der Vergangenheit angehörten. Die Stadtwachen durchforsteten zitternd die Häuser nach etwas, von dem sie keine Vorstellung hatten. Morris war eigentlich nicht der Mann, der Angst zeigte. Er hatte bereits etlichem Gesindel die Stirn geboten und betrat einst ohne Furcht einen der düstersten Obscura-Tempel. Er war einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige in der Stadt, der die Obscuras nicht fürchtete.
Obscura … nur flüsternd wurde normalerweise der Name dieser geheimnisvollen Wesen genannt. Ihre Nähe war den Bewohnern Cataneos unheimlich, beinahe unerträglich. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, dass sie in uralten Zeiten der Dunkelheit entsprungen waren, erschaffen vom Gott Vortex, dem sie allerdings irgendwann den Rücken kehrten. Sie hatten beschlossen, der Welt Wissen, anstatt Furcht zu bringen. Doch die meisten ihrer Taten waren längst vergessen.
Den Erzählungen nach bewachten sie die ältesten Geheimnisse der Welt. Uralte Schriften über den Anbeginn der Zeit und die erbitterten Kriege, die Cataneo jahrzehntelang beherrschten. Das größte Geheimnis, das sie hüteten, war jedoch das ihrer selbst. Kein Wesen Cataneos hatte einen Obscura jemals ohne Kutte gesehen. Obscuras trugen sie Tag und Nacht, verließen ihre Gemächer in den Tempeln niemals ohne diesen dunkelgrünen Umhang. Unter der Kapuze konnte man nur ihre gelben Augen erkennen, die einen stets aufmerksam musterten. Blasse Hände mit langen, knochigen Fingern ragten aus den Ärmeln des schattenartigen Gewands und erinnerten daran, woher sie ursprünglich stammten. Nur wenige trauten sich genauer hinzusehen.
Hauptmann Morris, der nicht einmal die Obscuras fürchtete, hatte an diesem Abend Angst. Die Suche war bislang erfolglos geblieben und mit jeder Stunde, die verging, wurde er noch nervöser. Als die Nacht einbrach, tauchte sie die Straßen in einen dichten Nebel. Man konnte die Hand vor Augen kaum erkennen. Die Stadtwachen hatten die meisten Teile Zitelias durchforstet, doch sie hatten Es nicht gefunden. Es schien eine hoffnungslose Suche zu sein, die jedoch noch immer andauerte und dessen Ende ungewiss war. Viele von Morris’ Männer waren mittlerweile erschöpft. Alles ging von Stunde zu Stunde langsamer voran und Morris schmeckte das überhaupt nicht. Er spürte, dass Es noch in der Stadt war. Als Kind hatte er von diesem Wesen gehört, doch nur aus alten Geschichten. Eine Sagengestalt. Und doch hatte Morris genau diese Gestalt heute in der Stadt entdeckt. Er wusste, was das bedeutete, erinnerte sich an die Prophezeiung. Morris’ Mutter hatte ihm davon erzählt, aber als eine Art Heldengeschichte, die die Herzen der Kinder höher schlagen ließ. Sie erzählte ihm damals von den Gottheiten Cataneos. Von den Gestalten, die sie verehrten. Geschöpfe der Finsternis und des Lichtes. Kreaturen, die die beiden Gottheiten des Gleichgewichtes geschaffen hatten, um die Welt zu bewahren, wenn die Zeit gekommen war – so lautete die Prophezeiung. Und Morris wusste, dass die Stunde Cataneos geschlagen hatte, als er Es erblickte.
Vertieft in diesen Gedanken überhörte Morris die Rufe einiger Wachleute. Sie hatten Es gefunden! Für den Hauptmann war es jedoch kein Gefühl der Erleichterung, sondern nur ein schwaches Licht in der Dunkelheit, die über sie alle hereinbrechen zu drohte. Der Weg zu dieser Kreatur kam allen, die den Ruf gehört hatten, wie eine Ewigkeit vor. Morris schnipste nervös mit den Fingern, was die Situation nicht gerade angenehmer machte. Dann waren sie endlich da. Die Wachen berichteten, dass sie Es entdeckt und verfolgt und in einer Gasse endlich eingeholt hatten. Die Kreatur wollte wohl gerade die Mauer hinaufklettern, als einer der Männer es dann ohne zu zögern packte. Mit stolzgeschwellter Brust erzählten die Wachen von ihrem Fang.
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