Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
während er Platz nahm.
Der Obscura nickte und reichte ihm eine uralte Schriftrolle. »Einige Antworten auf unsere Fragen stehen darin, aber es wird nicht eindeutig gesagt, was kommen wird.« Der Obscura setzte sich dem Hauptmann gegenüber, während dieser die Rolle öffnete und zu lesen begann.
… die Zeit war gekommen, Gut und Böse zu erschaffen, um die Welt ins Gleichgewicht zu bringen. Kreaturen krochen aus der Erde mit Krallen und blutroten Augen, die stark und furchtlos waren. Sie waren die Verkörperung des Bösen und stellten seit jeher die Macht der Finsternis dar. Der Gott Vortex hatte sie erschaffen, um über die Dunkelheit zu herrschen. Es ist seine Brut, die nach Einbruch der Nacht Schrecken verbreitet. Doch das Gleichgewicht forderte Krieger des Lichts und des Guten. So schickte Splendor ihre Engel auf Cataneo hinab. Unglaublich schöne Wesen, die für Gerechtigkeit kämpften. Ihre Stimmen waren lieblich, und ihre Güte und ihr Wille, Gutes zu tun, spiegelte die Macht des Lichtes wider. Es waren Geschöpfe, die willig Opfer brachten, damit das Gute erstarken konnte. Die Kinder Splendors schenkten Cataneo Barmherzigkeit. Die Beschützer dieser Welt waren geboren und haben seit jenem Tag nur eine Aufgabe: die Welt im Gleichgewicht zu halten .
Nie sind die Kreaturen von Gut und Böse sich je begegnet, denn es gab seit dem Anbeginn der Zeit Tag und Nacht. Sobald die ersten Sonnenstrahlen den Horizont berühren, ist kein Dämon mehr zu sehen – die Brut des Vortex erträgt das Licht nicht. Sobald die Sonne untergeht und die Nacht die Welt in Dunkelheit taucht, verschwinden die Kinder der Göttin Splendor. Die Geschöpfe des Lichtes ertragen keine Finsternis .
Sie alle haben diese Welt längst verlassen, aber wenn Jahrhunderte ins Land gezogen sind, werden sie zurückkehren .
Es wird die Zeit kommen, in der
Die Schriftrolle war an dieser Stelle zerrissen und es fehlte ein großes Stück. Jemand hatte diesen Text vor Ewigkeiten verfasst, kaum zu sagen, ob die Rolle wohl mit Absicht zerstört worden war. Morris würde es vielleicht nie erfahren, doch eins war ihm nun klar. Dort draußen gab es also noch andere Geschöpfe, die jetzt nach all den vielen Jahrhunderten wieder auftauchten. Failon stand auf, bat den Hauptmann einen Moment zu warten und nahm diesem das brüchige Papier vorsichtig aus den Händen. Er verließ das Zimmer und verschwand in den Gängen des Tempels. Die Geräusche seiner Schritte wurden immer leiser, bis sie in der Entfernung zu verstummen schienen. Morris blieb nachdenklich zurück. Er nutze die Abwesenheit des Obscuras, um das Buch zu suchen, in dem ihm Failon das Bild der Brut gezeigt hatte. Er erinnerte sich, dass es schwarz wie die Nacht und sehr alt gewesen war, doch er fand es nicht dort, wo der Priester es zurückgelegt hatte. Morris huschte an den Regalen vorbei, seine Augen suchten im Eiltempo nach dem schwarzen Einband. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass der Obscura vielleicht mehr wusste, als er ihm bislang zu sagen vermochte. Immer mehr hegte er den Verdacht, dass der Priester das Buch schon lange an einen anderen Ort im Tempel gebracht haben könnte. Vielleicht sogar dorthin, wo er gerade die Schriftrolle hinbrachte. Morris kramte vorsichtig in den Schubladen, doch er fand es auch dort nicht. Sie hatten wohl geahnt, dass er erneut einen Blick hineinwerfen würde, sofern er die Gelegenheit bekam.
Hinter dem Hauptmann räusperte sich plötzlich wie aus dem nichts Failon. »Ihr solltet jetzt besser gehen.«
Der Obscura deutete auf die Tür und als Morris etwas beschämt an ihm vorbeitrat, war der Blick des Priesters zornig. Der Hauptmann wusste, dass er nun nie mehr die Möglichkeit bekommen würde, in den Tempeln der Gelehrten nach Antworten zu suchen.
Als die schwere Eingangstür hinter ihm ins Schloss fiel, hörte Morris auch schon einen der Wachmänner nach ihm rufen. Völlig aufgebracht kam der junge Mann auf ihn zugerannt. »Da seid Ihr ja, ich musste mich durch die halbe Stadt fragen!« Er schnaufte erschöpft und faselte von einem Gefangenen, den sie vor den Stadtmauern aufgegriffen hatten.
Morris ging mit dem Wachmann auf direktem Weg zum Hauptgebäude der Stadtwache. Doch vom Tempel aus war es ein recht weiter Marsch bis dorthin. Die Morgensonne besaß bereits jetzt schon enorme Kraft und heizte die Stadt immer mehr auf. Die Hitze machte Morris nach einiger Zeit sehr zu schaffen. Er fühlte sich noch immer ziemlich mitgenommen. Schritt für
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