Cathérine de Montsalvy
nicht schwach zu werden, so sehr hatte sie den Eindruck, in die Hölle zu treten … Aufrecht, mit gekreuzten Armen neben brennenden Kohlenöfen, in denen Kneifzangen, Haken und Stahlklingen zum Glühen gebracht wurden, standen wartend zwei Folterknechte; ihre Oberkörper waren nackt, und beide trugen eine Kapuze ähnlich der Aycelins. Cathérine betrachtete mit Grauen ihre muskulösen Arme, die von breiten Lederarmbändern umspannt wurden. In die Mitte des Raums war eine Folterbank geschoben worden, deren herunterhängende Ketten das Opfer erwarteten, und im roten Schein der Kohlenöfen zeigten andere Folterwerkzeuge ihre entsetzlichen Formen …
Doch Cathérine überwand sehr schnell den Schauder des Schreckens, der ihr über die Haut gelaufen war, und wandte die Augen von der Foltermaschine ab. Auf dem Sessel, den in der Nacht zuvor ihr Gatte eingenommen hatte, thronte, prächtig in grünen Goldbrokat gekleidet, die Dame de La Trémoille und sah ihr mit einem grausamen Lächeln auf den roten Lippen entgegen. Violaine de Champchevrier saß graziös zu ihren Füßen auf einem schwarzen Samtkissen und roch lässig an einer mit Parfüm gefüllten goldenen Kugel, die sie in ihren hübschen Händen hielt. Der Anblick dieser wie zu einem Fest herausgeputzten beiden Frauen, die in die Folterkammer gekommen waren, um mit anzusehen, wie eine andere gemartert wurde, hatte etwas Empörendes an sich, doch Cathérine begnügte sich damit, sie mit Verachtung zu strafen. Die Dame brach in Gelächter aus:
»Wie hochmütig du bist, mein Mädchen! Aber das wird sich gleich geben, wenn dieser wackere Aycelin seine raffinierten Künste an dir praktiziert. Weißt du, was er mit dir machen wird?«
»Unwichtig! … Das einzige, was zählt, ist, daß ich keinen Priester hier sehe!«
»Einen Priester? Für eine Hexe wie dich! Die Helfershelfer des Satans brauchen keinen Priester, um sich mit ihrem Herrn und Meister zu vereinigen! Was würde dir ein priesterlicher Segen auf dem Weg zur Hölle nützen? Mich interessiert nur zu erfahren, wie eine Hexe die Folter erträgt. Hast du einen Zauber, Zigeunerin, der dich vor Schmerz behütet? Wirst du fest bleiben, wenn der Folterknecht dir die Nägel ausreißt, dir Nase und Ohren abschneidet, dir bei lebendigem Leib die Haut abzieht und die Augen aussticht?«
Cathérines Blick blieb fest, während sie der sadistischen Ankündigung der Dinge lauschte, die man ihr zugedacht hatte. Nur noch einen Augenblick, und sie würde nichts weiter als ein Stück lebloses Fleisch sein …
»Ich weiß es nicht! Aber wenn Ihr eine wahre Christin seid, werdet Ihr mir Zeit für ein letztes Gebet geben. Danach …«
Die Gräfin zögerte. Offensichtlich hatte sie große Lust, Cathérines Bitte abzuschlagen. Aber ihr Blick glitt zu den Bewaffneten hinüber, die sich im Hintergrund zusammengedrängt hatten. Sie hatte nicht das Recht, die Bitte einer Verurteilten abzuschlagen, sonst lief sie Gefahr, selbst der Gottlosigkeit geziehen zu werden. Und das war immer gefährlich.
»Es sei!« stimmte sie widerwillig zu. »Aber mach schnell! Nehmt ihr die Fesseln ab.«
Der Folterknecht trat vor und knüpfte die Stricke auf. Cathérine kniete am Fuß einer der Säulen nieder, den Rücken ihrer Feindin zugekehrt. Sie kreuzte die Hände auf der Brust, senkte den Kopf, krümmte den Rücken und zog sachte den Dolch heraus. Ihr Herz klopfte wie rasend. Sie war sich bewußt, daß die anderen Folterknechte sich in den hinteren Teil der Kammer zurückgezogen hatten. Zweifellos wollten sie das Spektakel ihres letzten Gebetes genießen. Sie umspannte fest die Waffe und richtete die Spitze gegen ihr Herz, wollte zustoßen, tief …
Ein Verzweiflungsschrei entfuhr ihr. Aycelin hatte sie brutal herumgedreht und ihr die Waffe entrissen. Sie glaubte sich verloren. Doch in der Folterkammer geschahen jetzt einige merkwürdige Dinge. Ihrem Schrei hatten Schreckensrufe der Gräfin und ihrer Ehrendame geantwortet … Wie im Traum sah Cathérine sie kreischend aneinandergeklammert, während die drei Folterknechte sich mit den Bewaffneten herumschlugen.
Verblüfft stellte die Verurteilte fest, daß sie gute Arbeit leisteten. Aycelin hatte den Cathérine entrissenen Dolch schon in die Kehle eines der Soldaten gestoßen. Seine beiden Gehilfen fochten bereits mit Degen, die sie, man wußte nicht, woher, zum Vorschein gebracht hatten. Der Kampf war kurz, die Folterknechte handhabten ihre Waffen mit diabolischer Fertigkeit. Bald lagen vier
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