Cathérine de Montsalvy
zärtlichen Gatten durchaus nicht mißfallen!«
»Still!« befahl Pierre de Brézé. Sie näherten sich jetzt dem Torgewölbe und der Wachstube. Das Fallgatter und die Zugbrücke mußten noch überwunden werden, aber Cathérine hatte keine Angst mehr. Der Mann, der vor ihr herging, mußte ihr Schutzengel sein. Unter seiner Obhut, dessen war sie sicher, konnte ihr nichts Böses geschehen …
Pferde standen, neben dem Brunnen angebunden, bereit, und Cathérine fragte sich besorgt, ob es ihr je gelingen würde, sich in ihrer schweren Ausrüstung in den Sattel eines dieser Tiere zu schwingen. Aber Brézé hatte auch das vorausgesehen. Während er sich allein den Bogenschützen der Wache näherte, um mit ihnen zu sprechen, nahm Jean Armenga Cathérines Pike, lehnte sie gegen die Mauer, dann faßte er die junge Frau um die Taille, hob sie leicht wie eine Feder und setzte sie in den Sattel. Danach, diesmal jedoch von Tristan unterstützt, wiederholte er die Prozedur mit Sara. Eine unbändige Lust zu lachen überkam Cathérine, als sie sich die Überlegungen der Posten ausmalte, falls sie hätten sehen können, wie ein Herr zwei einfachen Soldaten so zuvorkommend in den Sattel half. Aber es war sehr dunkel in der Ecke des Brunnens … Plötzlich hörte sie die Stimme Pierres.
»Öffnet lediglich das Ausfalltor, wir sind nur zu fünft, im Dienste der Königin!«
»Zu Befehl, Monseigneur!« antwortete jemand.
Langsam hob sich unter den aufmerksamen Augen Cathérines das kleine Fallgatter, die leichte Brücke senkte sich. Offensichtlich hatte Pierre den rasselnden Lärm der Hauptbrücke vermeiden wollen … Jetzt bestieg auch der junge Mann sein Pferd.
»Vorwärts!« befahl er, als erster unter dem Gewölbe durchreitend.
Die drei falschen Soldaten folgten ihm. Als Cathérine und Sara die vom Wachkorps freigegebene Zone durchquerten, drückten sie die Helme, so tief sie konnten, ins Gesicht und bemühten sich, die lässige Haltung von Männern nachzuahmen … Unwillkürlich machten sie sich auf einen Ruf, einen Protest, vielleicht sogar auf einen Scherz gefaßt. Aber nichts dergleichen … Und plötzlich gab es vor ihnen keine Schranken, kein Hindernis mehr, nichts als den großen, mit Sternen übersäten Himmel, unter dem die Schieferdächer der Stadt und die große Wasserader des Stroms zart glitzerten … Trunken vor Begeisterung, atmete Cathérine die Nachtluft ein, füllte sich die Lungen und schmeckte sie wie einen köstlichen Likör. Er war so gut, dieser leise Wind, der den Duft der Rosen und des Geißblattes mit sich trug, nach den ekelhaften Dünsten des Kerkers und dem widerlichen Parfüm der Gräfin …
Wieder hörte sie die Stimme Brézés, der den Posten des Fallgatters zurief:
»Schließt noch nicht! Ich komme in ein paar Minuten zurück! Diese Leute sind Verstärkung für das Südtor … Auf, im Galopp, Leute!«
Die Zufahrtsrampe wurde in sausendem Tempo bewältigt. Die fünf Reiter galoppierten an den felsigen Außenwerken des Schlosses entlang, um zu dem befestigten Tor zu gelangen, das die Stadt gegen den nahen Wald schützte. Im schlafenden Amboise rührte sich nichts … nur hin und wieder war der durchdringende Schrei einer Katze auf Freiersfüßen auf einem Dach oder das Gebell eines aufgestörten Hundes zu hören.
Der Passierschein Brézés öffnete ihm das Stadttor, wie er ihm die Schloßpforte geöffnet hatte, und auch diesmal unterrichtete er die Wachen, daß er zurückkäme. Jetzt war es ein Forsthaus, zu dem er seine Soldaten führte. Der Leutnant, der am Tor das Kommando hatte, erhob keine Einwände. Endlich öffnete sich die große Straße vor den Flüchtigen …
Man ließ die Pferde im Schritt gehen. Der Weg stieg zu dem dichten schwarzen Waldgelände an. Solange man sich noch nicht im Schutz der Bäume befand, ritten sie schweigend dahin. Aber kaum hatte das dichte Unterholz sich hinter ihnen geschlossen, als Pierre de Brézé auch schon die Hand hob und sich vom Pferd schwang.
»Hier werden wir uns trennen«, sagte er. »Ihr werdet allein weiterreiten, denn Armenga und ich kehren ins Schloß zurück. Wir müssen an der Seite der Königin sein, wenn sie Amboise verläßt. Und was Euch betrifft …«
»Ich weiß«, unterbrach Tristan. »Wir reiten bis zum Kastell Mesvres, zwei Wegstunden von hier, wo wir erwartet werden.«
Im Wald herrschte Dunkelheit, doch ein fahler Schein der noch schmalen Mondsichel drang in die Schneise, auf der die Reisenden hielten. Er genügte
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