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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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friedlichen Reise nach den tragischen Ereignissen von Amboise und vor den Gewalttätigkeiten, die sie hier erwarteten. Es war wie eine Aufheiterung zwischen zwei Gewittern, der Zwischenakt eines Dramas.
    Sie gelangten an eine Kreuzung, wo Frauen schwatzend um einen Brunnen standen. Nicht weit von ihnen spielten Kinder Wurfscheibe, und auf einem Stein unter dem Vordach eines Hauses predigte ein Mönch in schwarzer, abgewetzter Kutte, gestikulierte heftig mit den Armen und verkündete lauthals, daß der Stein, auf dem er stehe, einst der guten Jungfrau von Orléans zum Absteigen vom Pferd gedient habe, als sie wie von Gott gesandt gekommen sei, um den edlen Dauphin zu finden, und daß sie eines Tages wiederkommen würde, um den Antichristen zu verjagen … Eine Gruppe von Frauen und Männern umstand ihn und sagte zu allem ja und amen. Die Häuser hier schienen schöner, mit höheren Giebeln, neuerem Fachwerk und edler geformten Türmchen versehen zu sein als in der übrigen Stadt. Cathérine begriff, daß dies der Grand Carroi war, das Herz Chinons, und Tristan machte sich auf die Suche nach dem Gasthof. Er war ein wenig weiter entfernt, und man konnte von der Straßenkreuzung aus sein prächtiges Schild sehen, bei dessen Bemalung mit Farben nicht gespart worden war und auf dem der große Saint-Mexme unter seinem Heiligenschein äußerst würdig aussah, aber entsetzlich schielte.
    Sie ritten dem Eingang zu. Cathérine und Sara blieben im Sattel, während Tristan hineinging, um nach dem Wirt zu fragen. Es war wahrhaftig ein schöner Gasthof, blitzend vor Sauberkeit. Die kleinen, mit Blei eingefaßten Scheiben glänzten wie winzige Sonnen, spiegelten die Flammen in den Kaminen drinnen wider, und die schönen geschnitzten Balken über der Tür schienen blitzblank abgestaubt zu sein. Bald kehrte Tristan zurück, von einem stattlichen Individuum mit einem riesigen, fast das ganze Gesicht bedeckenden Bart begleitet. Aus dem Gestrüpp von Bart, Augenbrauen und Schnurrbart in einem schönen Mausgrau, das den Mann recht gut kleidete, sprang eine imposante Nase hervor, die die graziöse Form einer Stülpnase annahm, und darüber funkelte ein schwarzer, nicht eben beruhigender Blick. Aus dem peinlich sauberen weißen Linnen, das ihn umhüllte, aus der hohen Mütze und dem mächtigen Messer, das er vor dem Bauch trug, schloß Cathérine jedoch, daß es Meister Agnelet, der Besitzer des Gasthofs ›Zum Kreuz des Großen Saint-Mexme‹, sein müsse, und unterdrückte ein Lächeln. Dieser Agnelet erinnerte ganz gewaltig an einen alten Luchs! …
    Die imposante Persönlichkeit verbeugte sich vor ihr mit allen Anzeichen tiefen Respekts, und dem weißen Aufleuchten inmitten seines Bartes entnahm Cathérine, daß sie lächelte.
    »Es ist mir eine große Ehre, edle Dame, Euch unter meinem Dach zu bewillkommnen. Die Freunde des Herrn de Brézé sind hier zu Hause … Aber ich fürchte, ich kann Euch nur ein kleines Zimmer geben, wenn auch gut eingerichtet. Gestern kam die Nachricht von der bevorstehenden Ankunft des Königs, unseres Herrn, und bestimmte Zimmer sind im voraus dafür reserviert worden.«
    »Macht Euch keine Sorgen, Meister Agnelet«, entgegnete Cathérine, die dargebotene Hand ergreifend, die ihr vom Pferd helfen wollte, »solange Ihr uns nur beherbergt, meine Begleiterin und mich, und wir bei Euch ungestört sind, wird alles gut sein. Was nun Messire Tristan betrifft, meine ich, daß ihr …«
    »Sorgt Euch nicht um mich, Dame Cathérine«, unterbrach der Flame. »Ich reite gleich nach dem Abendessen weiter.«
    Cathérine hob die Brauen.
    »Ihr reitet weiter? Wohin?«
    »Nach Parthenay zum Konnetabel, zu meinem Herrn! Es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Aber ich werde nur hinreiten und wiederkommen. Meister Agnelet, Ihr wißt, was Ihr zu tun habt?«
    Der Wirt kniff ein Auge zu und lächelte verschmitzt wie ein Komplice:
    »Ich weiß, Messire … Die Herren werden benachrichtigt werden, und die edle Dame ist bei mir völlig in Sicherheit. Macht Euch die Mühe einzutreten, Ihr werdet augenblicklich in Eurem Zimmer bedient werden.«
    Von Meister Agnelet geleitet, traten die drei Reisenden in die Herberge, während zwei Bedienstete die Pferde in den Stall führten und ein dritter sich um das Gepäck kümmerte.
    Eine beleibte Frau, deren rote Wangen gelackt zu sein schienen und auf deren fleischigen Lippen der Schatten eines Schnurrbärtchens prangte, die aber ein Goldkreuz um den Hals und ein Kleid aus schönem, feinem

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