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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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Barchent trug, kam eiligst herbei, um Cathérine ihre Reverenz zu erweisen. Agnelet stellte sie mit echtem Stolz vor.
    »Meine Frau Pernelle! Sie ist Pariserin!«
    Mit viel geziertem Getue führte die Pariserin Cathérine durch den Speisesaal und öffnete eine kleine Tür, die auf einen schönen, mit Steinfliesen belegten und mit Blumen geschmückten Hof hinausging. Von ihm aus strebte eine Holztreppe zur gedeckten Galerie hinauf, auf welche die Zimmer gingen. Sie schritt bis ganz ans Ende der Galerie und öffnete eine hübsche, geschnitzte Eichentür.
    »Ich glaube, Madame wird sich hier wohl fühlen! Zumindest wird es ruhig sein.«
    »Habt Dank, Dame Pernelle«, erwiderte die junge Frau. »Ich bin, wie Ihr seht, in Trauer und wünsche vor allem Ruhe und Frieden.«
    »Gewiß, gewiß!« sagte die Wirtin. »Ich weiß, wie das ist … Aber wir haben ganz in der Nähe die Kirche Saint-Maurice, deren Pfarrherr voll Verständnis und Zuvorkommenheit ist. Man muß ihn hören, in der Predigt oder bei der Beichte! Seine Stimme ist eine Linderung für die gemarterte Seele und …«
    Offenbar kannte Meister Agnelet, der unten geblieben war, sein Ehegespons nur allzu gut, denn er rief dröhnend:
    »Holla, Frau! Kommt herunter, und laßt die edle Dame sich ausruhen!« – und schnitt so den Wortschwall der Dame Pernelle ab. Cathérine lächelte ihr zu:
    »Schickt mir meinen Begleiter, Dame Pernelle, und richtet uns schnell das Abendessen her. Wir sind müde und ausgehungert.«
    »Sofort, sofort …«
    Nach einem letzten Knicks verschwand die gute Dame und ließ Cathérine und Sara allein. Die Zigeunerin inspizierte bereits das Zimmer, prüfte die Weichheit der Matratzen, das Türschloß und den Fensterverschluß. Das Fenster ging auf die Straße hinaus und erlaubte einen Blick auf das Kommen und Gehen der Passanten. Das Mobiliar war einfach, aber von guter Qualität, aus Eiche und Gußeisen. Und was die freundliche hellrote Tapete betraf, so machte sie aus diesem kleinen Raum einen Ort, in dem es sich angenehm wohnen ließ.
    »Hier sind wir gut untergebracht«, meinte Sara befriedigt. Doch als sie Cathérine aufrecht am Fenster stehen und abwesend hinausblicken sah, fragte sie: »Woran denkst du?«
    »Ich denke«, erwiderte die junge Frau lächelnd, »daß ich Eile habe, hier fertig zu werden, und daß, so komfortabel diese Herberge auch sei, ich mich nicht verspäten möchte. Ich … ich möchte meinen kleinen Michel wiedersehen! Du kannst nicht wissen, wie er mir fehlt! Es ist schon so lange her, daß ich ihn gesehen habe!«
    »Vier Monate!« sagte Sara näher tretend erstaunt. Es war das erstemal, daß Cathérine solche Sehnsucht nach ihrem Kind bekundete. Sie hatte nie von ihm gesprochen, vielleicht in der Furcht, daß ihr Mut durch das Mitleid mit dem kleinen Jungen und die Erinnerung an ihn nachlassen könne. Doch an diesem Abend glitzerten Tränen in ihren Augen. Und Sara bemerkte, daß sie draußen eine Frau beobachtete, die ein blondes Baby, ungefähr in Michels Alter, in den Armen trug. Diese Frau war jung, frisch, sie lachte und hielt dem Kind ein Cremetörtchen hin, nach dem es begierig die kleinen Hände ausstreckte. Es war ein einfaches, zauberhaftes Bild, und Sara begriff die Sehnsucht, die Cathérines Herz erfüllte. Sie legte der jungen Frau den Arm um die Schultern und zog sie an sich.
    »Nur noch ein wenig Mut, mein Herz! Du hast soviel davon bewiesen! Und du bist kurz vor dem Ziel!«
    »Ich weiß! Aber ich werde nie wie diese Frau sein … Sie hat bestimmt einen Gatten, weil sie so fröhlich ist! Sie muß ihn lieben. Sieh, wie ihre Augen glänzen … Wenn ich einmal aufhören werde, eine Vagabundin zu sein, dann nur, um mich in ein Schloß einzuschließen und dort einzig für Michel zu leben, zuerst wenigstens; danach, wenn er mich verlassen haben wird, für Gott und in der Erwartung des Todes, wie meine Schwiegermutter gelebt hat …«
    Sara spürte, daß sie diesen unheimlichen Nebel zerreißen mußte, der sich nach und nach eisig um Cathérines Herz legte. Man durfte sie sich nicht einer Schimäre hingeben lassen. Sie riß sie vom Fenster weg, zwang sie, sich auf eine mit Kissen belegte Fußbank zu setzen, und brummte bärbeißig:
    »Jetzt aber genug! Denk daran, was du noch zu tun hast, und überlaß die Zukunft sich selbst! Gott allein ist ihr Herr, und du weißt nicht, was er dir beschieden hat. Im übrigen, Schluß jetzt damit! Hier ist Messire Tristan!«
    Tatsächlich trat der Flame, nachdem er

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