Cathérine de Montsalvy
der in die Betrachtung Michels versunken war, antwortete:
»Heute ist Freitag, Dame Cathérine. Fortunat ist gestern nach Calves aufgebrochen, wie er es jede Woche tut. Nicht ein einziges Mal hat er's versäumt … und er geht stets zu Fuß, aus Demut.«
»Habt ihr denn genug Lebensmittel hinzuschicken?«
»Nein. Manchmal nimmt Fortunat nur ein kleines, rundes Weißbrot oder einen Käse mit und zuweilen sogar überhaupt nichts. Dann setzt er sich auf eine Anhöhe, von der aus man die Krankenstation sehen kann. Dort bleibt er stundenlang und blickt hinüber … Er ist ein seltsamer Bursche, aber ich versichere Euch, Dame Cathérine, ich habe noch niemals solche Treue angetroffen.«
Verlegen wandte Cathérine den Kopf ab, um die plötzliche Röte, die ihr in die Wangen stieg, zu verbergen. Sicher, der kleine gaskognische Knappe gab da eine großartige Lektion. Nichts vermochte ihn von seinem Herrn loszureißen, den er nicht vergessen konnte. Und wenn sie ihr eigenes Verhalten mit dem Fortunáis verglich, mußte sie sich eingestehen, daß der Vorzug bei dem Gaskogner lag.
»Ich auch nicht«, murmelte sie. »Wer hätte gedacht, daß dieser Gaskogner sich so anhänglich erweisen würde? übrigens, wann kommt er zurück … von da unten?«
»Morgen im Laufe des Tages.«
Aber am nächsten Tag kehrte Fortunat nicht zurück. Erst gegen Abend merkte es Cathérine, als man sich im Gemeinschaftsraum zum Abendessen versammelte. Den ganzen Tag war sie bei Isabelle geblieben, der es etwas besser zu gehen schien. Außerdem hatte sie mit dem Prior der Abtei eine lange Unterredung gehabt. Es war jetzt Zeit für sie, das Schloß wiederaufzubauen, da ihr die nötigen Mittel dafür zur Verfügung standen. Der königliche Finanzminister hatte ihr eine schöne Summe in Goldtalern ausgezahlt, und sie besaß noch immer ihre Juwelen, abzüglich der wenigen Steine, die von ihr oder von Isabelle für ihren Unterhalt in den vergangenen Zeiten verkauft worden waren.
Bernard de Calmont d'Olt, der junge Abt von Montsalvy, war ein energischer und intelligenter Mann. Sie überreichte ihm in Anerkennung des Schutzes, den er ihrer Familie gewährt hatte, einen wundervollen Ordensstern aus Rubinen, den er an seinen Chormantel heften konnte, und begann, die ersten Pläne für den Wiederaufbau zu skizzieren. Einer der Mönche der Abtei, Bruder Sebastian, wurde beauftragt, die Pläne auszuarbeiten, ein anderer, den Steinbruch zu suchen, aus dem man die Bausteine beziehen würde. Wie in allen großen Abteien traf man in Montsalvy fast alle Handwerks- und Gewerbegruppen an.
»Auf jeden Fall«, hatte der Abt zu ihr gesagt, »könnt Ihr hier bleiben, solange Ihr wünscht. Das Gästehaus liegt abseits genug vom Klostergebäude, so daß die Anwesenheit einer jungen Frau, selbst für längere Zeit, keinen Stoff zu Skandalen bietet.«
Über diesen Punkt beruhigt, hatte sich Cathérine sodann um Tristan l'Hermite und seine Männer gekümmert, die am folgenden Morgen nach Parthenay aufbrechen sollten. Die Soldaten hatten eine großzügige Vergütung erhalten. Was Tristan betraf, so hatte sie ihm eine schwere, mit Türkisen besetzte Goldkette geschenkt, die einst Garin de Brazey gehört hatte.
»Sie soll Euch an uns erinnern!« sagte sie zu ihm, als sie sie ihm um den Hals legte. »Tragt sie oft in Erinnerung an Cathérine.«
Er hatte sein seltsames Lächeln im Mundwinkel gelächelt und mit zweifellos bewegterer Stimme, als er gewollt hatte, gemurmelt:
»Glaubt Ihr, es bedürfte eines königlichen Juwels, um mich an Euch zu erinnern, Dame Cathérine? Und lebte ich zweihundert Jahre, würde ich Euch nicht vergessen! Aber ich werde mit Freuden diese Kette aus großen Tagen tragen. Mit Stolz auch, da sie von Euch kommt.«
Das gemeinsam eingenommene Abendessen sollte das letzte vor ihrer Trennung sein. Cathérine empfand echten Schmerz, sich von diesem guten, wortkargen Kameraden trennen zu müssen, der sich so aufopfernd und von so großem Mut beseelt gezeigt hatte. Auch wollte sie, trotz des Zustandes ihrer Schwiegermutter, daß diese Mahlzeit einen festlichen Charakter annehmen sollte. Mit Hilfe Donatiennes und dem guten Willen des Wirtschaftshofes des Klosters gelang es ihr, wenn auch kein prächtiges, so doch ein achtbares Souper zusammenzustellen. In eine der wenigen eleganten Roben gekleidet, die sie noch besaß, setzte sie sich neben ihren Gast unter einen herrschaftlichen Baldachin, und Gauthier servierte das Festmahl mit mehr gutem Willen als
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