Cathérine de Montsalvy
unaufhörlichen Kampfes gegen den bösen Geist Frankreichs und gegen die englischen und burgundischen Feinde lasteten schwer auf den Schultern Yolandes. Die Gefangenschaft ihres Sohns, des Herzogs René de Bar, der in der Schlacht von Bugnéville in die Hände Philippes von Burgund gefallen war, war für die Mutter ein schrecklicher Schlag gewesen. Mit vierundfünfzig Jahren war die Königin der vier Königreiche eine alte Frau. Nur ihre herrlichen schwarzen Augen, gebieterisch und lebhaft, hüteten die Flamme der Jugend. Der abgezehrte Körper verlor sich in den Wogen des schwarzen Kleides und in den Kissen, in die er sich drückte.
Doch als Cathérine vor ihr niederkniete, lächelte Yolande ihr zu und gewann mit einem Schlag ihren Charme wieder. Sie reichte der jungen Frau die weiße Hand, die noch immer vollkommen war.
»Mein Kind«, sagte sie sanft, »da seid Ihr endlich! Ich wünsche Euch schon so lange wiederzusehen!«
Tiefe Ergriffenheit bemächtigte sich Cathérines. Sie hatte sich so sehr danach gesehnt, an diesem Ort zu sein, zu Füßen der einzigen Frau in der Umgebung des Königs, zu der sie Vertrauen hatte, hatte sich gesehnt, der Königin von Sizilien ihre flehenden Hände entgegenzustrecken und Hilfe und Beistand von ihr zu erwarten, daß die endliche Erfüllung sie unfähig machte zu antworten. Das Gesicht in den zitternden Händen vergrabend, brach sie in Schluchzen aus.
Einen Augenblick betrachtete Yolande die vor ihr kauernde schmale Gestalt in ihrer abgetragenen Kleidung. Auch sie hatte die Müdigkeit in dem entzückenden Gesicht, die Verzweiflung in den großen veilchenblauen Augen, den ganzen Schmerz, den jeder Zug Cathérines, jede ihrer Bewegungen verrieten, wohl bemerkt. Dann stand sie mit einem Ausruf des Mitleids auf, nahm die junge Frau in die Arme, und wie es auch die bescheidene Sara getan hätte, barg sie das süße, in Tränen gebadete Gesicht mütterlich an ihrer Schulter.
»Weint, meine Kleine«, murmelte sie, »weint nur! Die Tränen lindern den Schmerz.«
Ohne Cathérine loszulassen, wandte sie leicht den Kopf und hob die Stimme:
»Laßt uns einen Augenblick allein, Madame de Chaumont! Kommt etwas später wieder. Laßt inzwischen ein Zimmer für Madame de Montsalvy vorbereiten.«
Die Ehrendame sank schweigend in einen tiefen Hofknicks und verschwand geräuschlos. Inzwischen führte die Königin Cathérine sanft zu einer mit Samt bezogenen Bank und hieß sie sich setzen. Dort wartete sie geduldig, bis die junge Frau aufhörte zu schluchzen. Als sie sah, daß sie ruhiger geworden war, zog sie aus ihrem Almosenbeutel ein Fläschchen Duftwasser, goß ein paar Tropfen davon auf ein Taschentuch und betupfte Cathérines Gesicht damit. Der süße, prickelnde Duft belebte sie sofort wieder, und voller Scham löste sie sich von Yolande und wollte sich ihr von neuem zu Füßen werfen, doch die feste Hand der Königin hielt sie zurück.
»Unterhalten wir uns unter Frauen, wenn es Euch recht ist, Cathérine! Wenn ich Bruder Etienne zu Euch geschickt habe, so nicht, um Euch wie irgendeine Ehrendame zu behandeln und mit Euch zu weinen! Es naht die Stunde, in der wir uns von dem Mann befreien werden, dem Ihr Euer Unglück verdankt, von diesem traurigen Herrn, der mit dem einzigen gemeinen Ziel, sich zu bereichern, das Königreich dem Meistbietenden verkauft und das elende Werk der Königin Isabeau zu vollenden sucht. Ihr habt zu viel gelitten, um nicht hierzusein.«
»Wir sind wie Verbrecher gehetzt, verfolgt, geächtet, ruiniert und all unserer Güter beraubt worden. Wir wären zu dieser Stunde tot, wenn Graf Pardiac uns nicht zu Hilfe gekommen wäre. Mein Sohn hat keinen Namen mehr, kein Land … und mein Mann ist leprakrank!« sagte Cathérine düster. »Was könnte uns Schlimmeres widerfahren?«
»Es kann immer noch Schlimmeres geben«, berichtigte die Königin sanft. »Als Wichtigstes bleibt uns jetzt jedoch, dem Namen Montsalvy seine alte Geltung wiederzugeben und Eurem Sohn die Zukunft vorzubereiten, die ihm zusteht. Seht … ich liebte Euren Gatten sehr. Unter einer rauhen Schale war er ein vollkommener Edelmann und der Tapfersten einer in diesem Land. Die Opfer La Trémoilles sind zu wertvoll, um sie nicht zu rächen, wie es sich gehört. Wollt Ihr uns dabei helfen?«
»Ich bin nur dazu hergekommen!« entgegnete Cathérine leidenschaftlich. »Aber ich erwarte von Eurer Majestät, daß sie mich gnädigst führe und leite.«
Yolande wollte antworten, als ein schmetterndes
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